Dunnington

Intel bringt erste Xeon-Prozessoren mit sechs Kernen

17.09.2008
Von 
Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
Mit dem am Montag vorgestellten "Xeon 7400" legt Intel einmal mehr die x86-Latte höher - nicht nur gegenüber dem Rivalen AMD, sondern auch RISC-Server-Bauern wie IBM und Sun Microsystems und Intels eigenem Itanium.

Der unter dem Codenamen "Dunnington" entwickelte Prozessor ist eine Erweiterung von Intels bestehender Xeon-Familie und lässt sich mit minimalen Modifikationen in bestehende x86-Server-Designs integrieren. Verschiedene Computerhersteller haben für den neuen Sechs-Kern-Chip bereits sehr gute Testergebnisse gemeldet und bezeichnen die Leistung des Xeon 7400 als neuen "Meilenstein" der eigentlich für PCs entwickelten x86-Architektur.

"Die Leistung ist ein echter Knochenbrecher", zitiert das "Wall Street Journal" etwa die markigen Worte von Jim Gargan, Vice President in der System-x-Sparte der IBM. Intel hatte den Xeon 7400, der auch mit vier Kernen erhältlich ist, am Montag in San Francisco vorgestellt. Der Prozessor kostet je nach Ausführung 856 bis 2729 Dollar. Die meisten Hersteller wie Dell, Hewlett-Packard oder Sun setzen Dunnington zunächst in Vier-Sockel-Maschinen ein, deren Rechenkernzahl dadurch gegenüber Quad-Core-Chips von 16 auf 24 steigt. IBM offeriert auch Server mit bis zu acht Xeon 7400 (ab 10.389 Dollar), Unisys will sogar einen Server mit maximal 16 Dunningtons anbieten, der bis zu 135.000 Dollar kosten kann.

Schon getestet

Unsere Kollegen vom "TecChannel" haben den "Xeon X7460" für Mehrwegesysteme mit 2,66 Gigahertz Taktfrequenz und üppigen 25 MB Cache bereits durch ihr Testlabor gejagt.

Wie sich der Six-Core-Bolide gegen den Vorgänger "Xeon X7350" mit 2,93 GHz sowie AMDs "Opteron 8356" mit 2,3 GHz Taktfrequenz geschlagen hat, lesen Sie hier.

Mit derartigen Highend-Systemen werde x86 immer mehr zu einer ernsten Bedrohung für spezialisiertere Technik, finden verschiedene Branchenkenner. Mögliche Ziele sind Server mit Intels eigenen 64-Bit-Prozessoren der Itanium-Familie, aber auch solche mit "Sparc"-CPUs von Sun/Fujitsu oder "Power"-Chips von IBM - allesamt RISC-Systeme (Reduced Instruction-Set Computing).

Dell, dessen Dunnington-Server ab 5300 Dollar zu haben sind, schätzt, dass der neue Intel-Chip die Leistung einiger Maschinen um 30 bis 40 Prozent erhöht, dabei aber 75 Prozent weniger kostet als ein vergleichbares System auf Sparc-Basis. "Man erreicht wirklich die Leistung der RISC-Klasse zu einem Bruchteil des Preises", verspricht Sally Stevens, Director of Platform Marketing.

Der Analyst Roger Kay von Endpoint Technologies Associates erwartet, dass die neuen Xeons insbesondere dem Itanium Markanteile wegnehmen werden. Intel hatte diese reine 64-Bit-Architektur zusammen mit HP entwickelt (als Ersatz für dessen PA-RISC). Experten schätzen die Kosten der zehnjährigen Entwicklung auf etwa zehn Milliarden Dollar.

Unisys will seine Mainframe-Software für den Betrieb auf x86-Prozessoren anpassen, erklärte Colin Lacey, Vice-President of Systems and Storage bei dem früheren PCMer. Andere Manager aus der Industrie sehen allerdings die Gefahr, dass hier fälschlich Äpfel und Birnen verglichen werden: Mainframes und RISC-Server haben Features, die x86-Maschinen nicht bieten können, zum Beispiel die Fähigkeit, hoch zuverlässig Millionen von Transaktionen pro Minute abzuwickeln - noch immer unverzichtbar für Spezialanwendungen wie die Reservierungssysteme von Fluglinien oder die Steuerung von Geldautomaten.

Sun sieht sein Commitment für die eigene RISC-Technik Sparc daher auch nicht dadurch gemindert, dass es nun Dunnington-Server in sein Intel-basierendes Portfolio aufgenommen hat. "Aus jahrelangem Kunden-Feedback haben wir gelernt, dass die meisten Firmen sich stark auf entweder Sparc oder x86 festlegen", erklärte eine Firmensprecherin.

Paul Gottsegen, Vice President of Marketing for Industry-Standard Servers bei Hewlett-Packard, argumentiert, dass Nutzer der speziellen Features der Itanium-Server von HP auch weiterhin zu diesen greifen würden. Auch der IBM-Mann Gargan bezweifelt, dass die neuen Xeon-Server von Big Blue die hauseigenen System-p-Server oder gar Großrechner kannibalisieren werden.

Und John Fruehe, beim kleineren Intel-Erzrivalen Advanced Micro Devices (AMD) für das weltweite Business Development zuständig, behauptet, dass die "Opteron"-Prozessoren seiner Firma bei einigen Anwendungen selbst mit vier Kernen noch leistungsfähiger seien als der Dunnington mit sechs Cores. Dank ihres integrierten Memory Controllers arbeiteten sie prinzipbedingt effektiver beim Abholen von Daten aus dem Speicher.