Streit um Gebrauchtsoftware

Usedsoft will vor den Bundesgerichtshof ziehen

04.07.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Das Oberlandesgericht München hat ein Urteil gegen den Lizenzhändler Usedsoft bestätigt, wonach der Handel mit Oracle-Lizenzen untersagt bleibt. Die Usedsoft-Verantwortlichen wollen den Richterspruch anfechten und vor dem Bundesgerichtshof klagen.

Das Oberlandesgericht München hat die Entscheidung der Vorinstanz bestätigt und dem Münchner Lizenzhändler Usedsoft den Weiterverkauf von gebrauchten Oracle-Lizenzen untersagt (Aktenzeichen 6 U 2759/07). Mit dem Urteil geht eine weitere Runde in dem seit über zwei Jahren schwelenden Streit an die Oracle-Verantwortlichen. Der Softwarekonzern hatte gegen den Second-Hand-Anbieter eine einstweilige Verfügung erwirkt, nachdem dieser in einer Werbeaktion online vertriebene Oracle-Lizenzen angeboten hatte. Diese Verfügung wurde im weiteren Verlauf des Verfahrens vom OLG München bestätigt. Auch im folgenden Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht München gaben die Richter nun Oracle Recht.

Der Softwarekonzern sieht durch den Weiterverkauf der online verbreiteten Lizenzen sein Urheberrecht verletzt. Dieser Auffassung folgte das OLG München mit seinem jüngsten Urteil vom 3. Juli. Eine Revision ließen die Richter nicht zu. Die Rechtslage sei klar und eindeutig und bedürfe deshalb keiner Bestätigung durch den Bundesgerichtshof, lautet die Begründung.

Usedsoft will alles daran setzen, vor dem Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil in Sachen Lizenzhandel zu erreichen.
Usedsoft will alles daran setzen, vor dem Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil in Sachen Lizenzhandel zu erreichen.
Foto: Bundesgerichtshof

Die Usedsoft-Verantwortlichen wollen sich davon jedoch nicht beirren lassen und haben angekündigt, eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzulegen. "Wir werden es nicht hinnehmen, dass ein deutsches Gericht fundamentale Rechtsgrundsätze dermaßen missachtet", bekräftigt Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider. "Wir werden vor dem BGH für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen." Eine schnelle Entscheidung sei jedoch nicht zu erwarten. Usedsoft geht davon aus, dass noch zwei bis drei Jahre vergehen dürften, bis das oberste deutsche Gericht zu einem Grundsatzurteil kommt. Usedsoft zeigt sich überzeugt davon, dass die Entscheidung des OLG München vor dem BGH nicht standhalten wird.

Oracle: Das Urteil hat Folgen für den gesamten Gebrauchthandel

Peter Schneider, Geschäftsführer Usedsoft: "Wir werden vor dem BGH für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen."
Peter Schneider, Geschäftsführer Usedsoft: "Wir werden vor dem BGH für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen."
Foto: Peter Schneider

Bis dahin haben jedoch erst einmal die Oracle-Verantwortlichen Oberwasser. "Das Urteil hat weit reichende Bedeutung für den Handel mit gebrauchter Software", heißt es in einer Mitteilung des Softwareherstellers. Unter Berufung auf die mündliche Urteilsbegründung holt Oracle zu einem Rundumschlag gegen den gesamten Second-Hand-Markt aus. "Der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen beziehungsweise der Weiterverkauf von Softwarelizenzen an Dritte ist rechtswidrig", interpretieren die Konzernverantwortlichen das Urteil in einer Mitteilung. Auch der Vertrieb von Lizenzen bei Übergabe eines Originaldatenträgers sei nicht zulässig, da es in jedem Fall zu einer Vervielfältigung der Software auf die Festplatte im Rechner komme. Dafür sei jedoch eine Übertragung des Nutzungsrechts erforderlich, die wiederum der Genehmigung Oracles bedürfe. Eine urheberechtsneutrale Nutzung sei praktisch ausgeschlossen.

Dem Versuch Oracles, die Rechtmäßigkeit des gesamten Gebrauchthandel in Frage zu stellen, treten die Usedsoft-Verantwortlichen entschieden entgegen. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf ein Grundsatzurteil des BGH aus dem Jahr 2000. Demnach dürfe der Erschöpfungsgrundsatz, die rechtliche Grundlage des Software-Gebrauchthandels, nicht durch die Lizenzbestimmungen der Hersteller eingeschränkt werden. Außerdem handle es sich bei dem Verfahren vor dem OLG München um einen speziellen Fall, der nicht verallgemeinert werden könne.

Usedsoft: Geschäft mit Microsoft-Lizenzen ist nicht in Gefahr

Usedsoft führt in diesem Zusammenhang zusätzlich andere Urteile an - auch um Softwareherstellern, die auf Basis der jüngsten Entscheidung gegen den Second-Hand-Handel vorgehen wollen, schon im Vorfeld den Wind aus den Segeln zu nehmen. Als Beispiel nennt der Händler ein Urteil des Landgericht München (Aktenzeichen 30 O 8684/07), wonach der Verkauf von einzelnen Microsoft-Lizenzen aus Volumenverträgen heraus auch ohne Zustimmung des Herstellers möglich sei. Die Richter am Landgericht hätten explizit darauf hingewiesen, dass der Handel mit Lizenzen von Microsoft nicht mit dem im Oracle-Verfahren vorliegenden Fall vergleichbar sei. Der Handel mit Microsoft-Lizenzen ist von dem jüngsten Urteil nicht betroffen, lautet die Schlussfolgerung der Usedsoft-Verantwortlichen.

Daher sieht Usedsoft derzeit auch keine Bedrohung für das eigene Geschäft. "Das Urteil ist im Grunde für uns nicht mehr von Relevanz, weil wir zurzeit nicht mit Oracle-Software handeln", sagt Geschäftsführer Schneider. Außerdem gebe es mit dem Urteil des Landgerichts München eine vernünftige Rechtsgrundlage für das Hauptgeschäft mit Microsoft-Lizenzen.