Was Tibco mit der Analysetechnik von Spotfire vorhat

02.07.2007
Tibco begibt sich mit dem Kauf von Spotfire als erster Spezialist für das Prozess-Management in den Markt für Business Intelligence. Doch bisher sind die Produktpläne vor allem von Visionen geprägt.

Anfang Mai hatte Tibco angekündigt, den Spezialisten für Datenanalyse und -visualisierung Spotfire für 195 Millionen Dollar in bar kaufen zu wollen. Nachdem der Deal nun auch formal in trockenen Tüchern ist, erläuterte Rodger Oberg, Vice President Product Strategy Spotfire, gegenüber der COMPUTERWOCHE, wie sich die unterschiedlichen Produkte und Strategien beider Hersteller künftig vertragen sollen. Demnach sei der Spotfire-Kauf Teil einer Vision, die Tibco als "predictive business" beschreibt. In Anlehnung an das eigene Produktportfolio propagiert der Hersteller eine Referenzinfrastruktur, die Konzepte und Techniken wie die einer "Service-orientierten Architektur" und "Event-driven Architecture", Business Process Management (BPM), Business Activity Monitoring und "complex event processing" vereint, um Unternehmensprozesse flexibler (steuerbarer) und schneller zu machen (ausführliche Informationen und Diskussionen zu SOA, Event-Processing und BPM finden Sie auch in unserem SOA-Expertenrat).

Spotfire könne mit seinen Tools in diesen Anwendungsgebieten Daten über die Qualität und Bedeutung von Prozessen und Events erfassen und regelbasierend auswerten. Ein Beispiel wäre die Integration von Spotfire in die Tibco-Software "Tibco BusinessEvents". Bei einem Event werden kontextbezogene Informationen in Spotfire zur Analyse geladen, um beispielsweise eine Ursachen- oder Mustererkennung zu betreiben. Dabei ließen sich auch bestehende Geschäftsregeln bearbeiten und diese wieder an die Event-Technik einbringen.

Roadmap steht

Letzterer Aspekt ist indes derzeit nicht möglich, da Spotfire nicht über entsprechende Funktionen verfügt, räumte Oberg ein. Auch liefere das Tibco-Produkt derzeit zu wenig verwertbare Daten für ausführliche Analysen. Es gebe aber bereits eine interne Roadmap, wie die Produkte beider Hersteller vollständig integriert und für die neue Einsatzszenarien angepasst werden sollen. Die Arbeiten könnten alles in allem etwa 18 Monate dauern. Doch bereits in der kommenden Version von Spotfire werden sich erste Funktionen für Event-Processing-Umgebungen finden. Technisch erwartet Oberg keine Probleme bei der Integration, auch wenn Spotfire bei der Produktentwicklung bisher auf .NET, Tibco hingegen auf Java setzt. Auswertungen von Prozessinformationen in Echtzeit, wie sie Tibco und Spotfire vorschweben, sind heute noch die Ausnahme in Unternehmen. Zudem seien viele IT-Architekturen noch nicht für eine Echtzeit-Übertragung von Daten ausgelegt, da dieser Umbau teuer ist, räumt Oberg ein. Doch zeigten Beispiele wie die Analyse klinischer Versuchsdaten, dass die Anforderungen steigen.

Weniger klar ist, ob sich Tibco über das Prozess-Management hinaus im Markt für Business Intelligence (BI) als Anbieter für Reporting und Analyse etablieren will. Laut Oberg stehe dies außer Frage: "Der Spotfire-Kauf war für Tibco der erste Schritt in den BI-Markt. Um die Vision eines "predictive business" umzusetzen, sind weitere Bausteine nötig". Die neu geschaffene Spotfire-Division werde ihr Geld aber weiterhin vor allem mit BI-Lösungen erwirtschaften und erhalte ihren eigenen Vertrieb und Marketing. Neben der bisherigen Zielgruppe der Fachabteilungen wolle man künftig einen unternehmensweiten Einsatz der Produkte propagieren, etwa als Erweiterung zu CRM- oder SCM-Lösungen.

Spotfire bringt Ajax-Client

Eine erweiterte Version der Software "Spotfire DXP", die jetzt verfügbar ist, soll dem Rechnung tragen. So kommt mit "Spotfire Web Player" ein Ajax-basierender Web-Client hinzu, der vor allem Anwender ansprechen soll, die statt ausführlicher Analysen lediglich Informationen abrufen wollen. Über die neuen "Broadcast Services" ist es möglich, Benachrichtigung automatisiert per E-Mail oder an ein Portal an den Benutzer zu schicken, wenn aktuelle Auswertungen auf dem DXP-Server vorliegen. Anwender erhalten Zugriff auf interaktive Berichte und nicht nur statische Reports. Einen formatierten Versand an mobile Clients, wie ihn zum Beispiel der BI-Hersteller Cognos bietet, ist nicht möglich. Drittes Highlight in Spotfire DXP ist "Spotfire DXP Developer", das ein "Software Development Kit", das C#-Programmierschnittstellen für "Microsoft Visual Studio" enthält. Entwickler können sich so eigene Anwendungen erstellen oder Spotfire in diese integrieren. (as)