Zwischen RZ und Aufnahmestudio

Ein Tag im Leben eines CIO

05.06.2012
Von 
Karen Funk ist Senior Editor beim CIO-Magazin und der COMPUTERWOCHE (von Foundry/IDG). Ihre inhaltlichen Schwerpunkte sind IT-Karriere und -Arbeitsmarkt, Führung, digitale Transformation, Diversity und Sustainability. Als Senior Editorial Project Manager leitet sie zudem seit 2007 den renommierten IT-Wettbewerb CIO des Jahres. Funk setzt sich seit vielen Jahren für mehr Frauen in der IT ein. Zusammen mit einer Kollegin hat sie eine COMPUTERWOCHE-Sonderedition zu Frauen in der IT aus der Taufe gehoben, die 2022 zum 6. Mal und mit dem erweiterten Fokus Diversity erschienen ist.
Broadcast-Technik, Lautheitsverordnung und ein Film der Medien-Azubis über ihre Arbeit - auch damit beschäftigt sich ein CIO, wenn er bei einem Fernsehsender arbeitet. CW-Redakteurin Karen Funk hat Andreas König von ProSiebenSat.1 Media einen Tag lang begleitet.

8:59 Uhr: "Hier gab es im vergangenen Jahr einen schlimmen Brand, jetzt müssen wir renovieren," sagt Yasmine Pieper und deutet nach oben, von wo Baulärm zu hören ist. Wir stehen im Treppenhaus der Medienallee 7 in Unterföhring bei München, Teil der ProSiebenSat.1 Media AG, von den Mitarbeitern auch kurz "M7" genannt. "Hier ist es nun ein wenig eng, denn wir mussten unten alle etwas zusammenrücken, um die Kollegen von oben zu beherbergen", erklärt Pieper und führt mich im Treppenhaus in den ersten Stock, wo sich das Büro ihres Chefs Andreas König, CIO des Medienkonzerns, befindet.

Pieper hält ihre elektronische Mitarbeiterkarte, die gut lesbar mit ihrem Namen an ihrer Bluse hängt, vor ein Lesegerät, erst dann lässt sich die Tür zum zweiten Stock öffnen. Ohne elektronische Karte geht bei dem Fernsehsender gar nichts: Jedes Stockwerk und sensible Bereiche sind hier durch elektronische Schranken gesichert. Wir laufen einen langen, weißen, leeren Gang entlang. Es ist ruhig, von Medienhektik ist hier keine Spur. Dann geht es drei, vier Stufen zum Büro hoch. "Das war früher ein Fabrikgebäude mit hohen Decken, daher wurden Zwischenböden eingezogen", erläutert Pieper die ungewöhnliche Architektur. Hoch gelegene schmale Fenster zeugen ebenfalls von der früheren Nutzung.

Andreas König ist seit 2010 CIO von ProSiebenSat.1 Media.
Andreas König ist seit 2010 CIO von ProSiebenSat.1 Media.

09:05 Uhr: IT-Chef König begrüßt mich in seinem Büro und freut sich, dass ich ihn einen Tag lang bei seiner Arbeit begleite. Beziehungsweise ab jetzt. Der promovierte Informatiker, der nicht nur die IT-Bereiche der europäischen Sendergruppe, sondern auch die Broadcast- und Produktionstechnik verantwortet, ist bereits seit acht Uhr hier, hat schon seine Mails gelesen. Eva Rössler stößt ebenfalls zu uns, sie ist Mitarbeiterin in der Presseabteilung und unter anderem zuständig für den IT-Bereich. Von oben ist ein Hämmern zu hören, wir sind sofort wieder beim Thema Brand.

"Der Brand wurde am 13. August 2011 um 22:37 Uhr entdeckt", erinnert sich König. "Und trotz der späten Stunde waren innerhalb von 30 Minuten 100 Mitarbeiter vor Ort, inklusive des Finanzvorstands." Zu dem Zeitpunkt hatte der Sender zwei Live-Sendungen laufen und der gesamte Sendebetrieb war in Gefahr. "Die Feuerwehr Unterföhring war in Null komma nix hier und hat sehr professionell gehandelt", so König lobend weiter. Die Feuerwehr hätte die gesamte Technik mit Folien abgedeckt, so dass die Löscharbeiten keinen Schaden verursachten.

Auch das Herz des Senders, das so genannte "Playout Center" (eine Art riesiges "iTunes" mit Playlisten der Sendeprogramme) konnte glücklicherweise weiter ausstrahlen - obwohl durch den Brand auch eine Wasserleitung geplatzt war und das Wasser schon durch die Decke lief. König: "Wir hatten eines unserer beiden großen Rechenzentren komplett verloren und haben tagelang gekämpft, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Fliegend verlegte Glasfaserkabel - von den Nachbarfirmen ausgeborgt - waren in dieser Zeit die Regel. Ich habe seit dem Brand immer eine Taschenlampe dabei. Es sind oft die banalen Dinge, sie in einer solchen Situation den Unterschied ausmachen."

9:30 Uhr: Assistentin Pieper kommt zur morgendlichen Terminbesprechung, die wegen mir heute etwas später stattfindet. Sie erklärt König, welche Meetings an diesem Tag anstehen, mit wem er sich zum Mittagessen in der Kantine verabredet hat und wann er Zeit hat, in Ruhe seine Mails zu lesen und zu bearbeiten. (Nach meiner Rechnung sind das höchstens zweimal 15 Minuten - mehr ist nicht drin, die restlichen Mails beantwortet Pieper). "Hier ist die Agenda für das erste Meeting" - mit diesen Worten drückt die Assistentin ihm ein paar Blätter in die Hand. König, Rössler und ich machen uns auf den Weg durch die weißen Gänge, eine Treppe runter, Karte vor das Lesegerät halten, links, wir sind spät dran. "Sie haben gar nicht mitgeschrieben, wie merken Sie sich all diese Termine für den Tag?", frage ich. Der gebürtige Österreicher zückt sein iPhone und grinst: "Ich habe alle Termine hier drin und bekomme 15 Minuten vorher ein Ping." Dann stehen wir vor einer beigefarbenen Stahltür mit rotem Schild "Sicherheitsbereich", wieder Eintritt nur mit Karte.

ProSiebenSat.1 Group

Die ProSiebenSat.1 Group wurde im Jahr 2000 als größtes Fernsehunternehmen in Deutschland gegründet. Heute zählt es mit 29 TV-Sendern und einer Reichweite von über 62 Mio TV-Haushalten zu den führenden Medienkonzernen Europas, ist in zehn europäischen Ländern tätig und unterhält weltweit Kooperationen im Bereich Programmentwicklung und -produktion.

Das Kerngeschäft des Unternehmens ist das Fernsehen. Das Portfolio erstreckt sich von den TV-Sendermarken SAT.1, ProSieben, kabel eins und sixx über die ProSiebenSat.1 Networld bis hin zur Online-Videothek maxdome, digitalen Pay-TV-Angeboten und mobilen Services.

Der Hauptsitz des Medienunternehmens befindet sich in Unterföhring bei München. Die ProSiebenSat.1 Media AG ist börsennotiert und beschäftigt über 4.100 Mitarbeiter.