Karriere in den USA

Wer freundlich ist, kommt weiter

27.03.2012
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Wie sich IT-Spezialisten auf das Arbeiten in den USA vorbereiten und ihre internationale Karriere voranbringen können, erklärt Melissa Lamson, CEO und President Lamson Consulting in San Francisco.

CW: Welche Qualifikationen sind für eine internationale Karriere notwendig?

Melissa Lamson, CEO und President Lamson Consulting: "Amerikaner betonen lieber das Positive und schon Erreichte."
Melissa Lamson, CEO und President Lamson Consulting: "Amerikaner betonen lieber das Positive und schon Erreichte."
Foto: Lamson Consulting

Lamson: Bei der Jobsuche und auch später im Berufsleben ist es wichtig, zielstrebig und hartnäckig zu sein, gleichzeitig aber auch flexibel und anpassungsfähig.

CW: Was müssen deutsche Bewerber in den USA beachten?

Lamson: In den USA reicht es oft nicht, eine Bewerbung zu schreiben und auf Antwort zu warten. Häufig wird erwartet, dass der Bewerber anruft und nachfragt. Dieses Telefonat bietet eine Chance, Fragen zu stellen und gegebenenfalls noch einmal die eigenen Qualifikationen hervorzuheben. Außerdem spielen Netzwerke eine weitaus größere Rolle bei der Besetzung von Stellen als in Deutschland. Hierzu können Interessenten Plattformen wie LinkedIn nutzen sowie Konferenzen, Messen oder Seminare.

CW: Wie wichtig sind Zeugnisse?

Lamson: Eigeninitiative, Kreativität, Innovationsfähigkeit und Berufserfahrung werden in den USA oft als wichtiger erachtet als Abschlüsse oder Noten. Außerdem lohnt es sich, nicht nur große und bekannte Firmen wie Google oder Facebook zu kontaktieren sondern auch kleinere Firmen und Startups.

CW: Worin unterscheiden sich Arbeitsweise und Karrierewege in beiden Ländern?

Foto: Beboy/Fotolia.de

Lamson: Beförderungen und Entlassungen hängen stark von der Performance ab. Das bietet weniger Sicherheit als in Deutschland, allerdings auch einen schnelleren Aufstieg. Außerdem sind Arbeit und Privatleben in den USA weniger stark voneinander getrennt. Es wird erwartet, im Job gut erreichbar zu sein und schnell auf E-Mails zu antworten, auch abends oder am Wochenende. Außerdem ist es wichtig, sich rasch auf neue Situationen und Arbeitsweisen einzustellen und schnell Ergebnisse zu präsentieren. In den USA muss es nicht immer gleich eine 100-prozentige Lösung sein. An Details kann auch im Nachhinein gearbeitet werden. Das ist manchmal schwer mit dem deutschen Perfektionismus zu vereinbaren und erfordert einiges Umdenken.

CW: Was ist in der Zusammenarbeit mit Kollegen wichtig?

Lamson: Freundlich sein, andere begeistern und loben sind in den USA ein Schlüssel zum Erfolg. Nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Ländern werden Deutsche häufig als kalt, kritisch und manchmal sogar als unfreundlich wahrgenommen. Das kann der Karriere erheblichen Schaden zufügen. In den USA wird stärker das Positive und das schon Erreichte betont als negative Ereignisse oder Hindernisse.

CW: Gibt es in den USA für Frauen bessere Karrierechancen als in Deutschland?

Lamson: Das kommt darauf an, was Frauen bei ihrer Berufs- und Familienplanung wichtig ist. In den USA sind mehr Führungspositionen mit Frauen besetzt als in Deutschland. Zwar gibt es auch hier die sogenannte gläserne Decke und Vorbehalte gegenüber weiblichen Führungskräften, doch die sind weniger ausgeprägt. Trotz einer weitaus höheren Geburtenrate gehen 75 Prozent aller berufstätigen Frauen in den USA einer Vollzeitbeschäftigung nach. Dennoch ist es für Frauen keineswegs unproblematisch, Kinder und Karriere zu vereinbaren.