Exklusive Demografiestudie

Ältere IT-Mitarbeiter haben einen schweren Stand

07.01.2010
Von Jürgen Tenckhoff und Rolf Bastian

Dies aber ist eine gefährliche Illusion: So haben Altersstrukturanalysen der Dr. Tenckhoff UG in zahlreichen Unternehmen nachgewiesen, dass sich angesichts heutiger Belegschaftsstrukturen selbst bei unrealistisch niedrigen unteren Einstellungsgrenzen und Frühverrentungsprogrammen der steigende Altersdurchschnitt nicht mehr aufhalten lässt. Unternehmen bleibt also gar nichts anderes übrig, als Wege zu finden, um ihre Geschäftsmodelle mit älteren Mitarbeitern umzusetzen. Viele Teilnehmer der Umfrage haben einen solchen "demografischen Realismus" schon entwickelt, so etwa ein 55-jähriger Telco-Leiter aus NRW: "Ältere werden zu einer nicht mehr zu vernachlässigenden Ressource, da Jüngere nicht beliebig zur Verfügung stehen."

Neben der Gefahr des Fachkräftemangels birgt die geringe Altersakzeptanz weitere handfeste betriebswirtschaftliche Risiken, was sich auch in vielen Statements der Umfrage dokumentiert. "Viel Know-how und Erfahrung geht verloren, was Kapitalvernichtung ist", konstatiert ein 59-jähriger IT-Leiter aus NRW. Studien haben zudem nachgewiesen, dass altersgemischte Teams gerade in innovativen Branchen leistungsfähiger sind als altershomogene - was eine 43-jährige Telco-Managerin aus Bayern auch selbst festgestellt hat: "Die Erfahrung zeigt, dass eine ausgewogene Mischung aus männlich/weiblich sowie alt/jung ein Team besonders stark macht."

Fotolia, M. Meier
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Foto: Fotolia, M. Meier

Des Weiteren können stereotype negative Altersbilder und die Ausgrenzung Älterer die Motivation und Loyalität der Mitarbeiter beeinträchtigen und Konflikte zwischen den Altersgruppen hervorrufen. Ein 49-jähriger ehemaliger IT-Mitarbeiter aus Bayern formuliert es so: "Aus demotivierten ‚Älteren‘ werden zumindest im verursachenden Unternehmen keine motivierten Mitarbeiter mehr." Dass auch manche jüngere IT-Mitarbeiter und Führungskräfte die geringe Altersakzeptanz kritisch beurteilen, verwundert nicht. Selbst wenn sie heute davon profitieren können, sehen sie hier ihre eigene betriebliche Zukunft vorweggenommen.

Insgesamt wird deutlich, dass Mitarbeiter die größten Probleme beim Übergang von ihrer Jugend in diejenige Kategorie haben, die in der heutigen Berufswelt als "älter" eingeordnet wird. Eine detaillierte Auswertung aller Teilnehmer der gesamten Umfrage zeigt eine "Badewannen"-Kurve. In jungen Jahren wird die Altersakzeptanz relativ hoch eingeschätzt, danach fällt sie ab - mit einem Minimum zwischen 45 und 51 Lebensjahren - und steigt ab etwa 60 Jahren wieder deutlich an. Hier spiegelt sich eindrucksvoll ein Großteil heutiger beruflicher Lebensläufe.

Um die Altersakzeptanz und Altersintegration im Unternehmen zu verbessern, bedarf es vieler Ansatzpunkte: einer Änderung des Wertesystems, damit der Unternehmenskultur und -kommunikation, aber auch konkreter Maßnahmen zur Personalentwicklung, Qualifikation und Karriereangebote. Eine 54-jährige Telco-Leiterin aus Bayern bringt es so auf den Punkt: "Arbeitgeber müssen noch offener werden für die dauerhafte Planung mit Älteren - das gilt für Einstellungen, Fortbildungen, Beförderungen und die gesamte Firmenkultur." Ein 45-jähriger Telco-Manager aus NRW sagt: "Das Rollenmodell in Unternehmen ist nicht ausreichend daran angepasst, beispielsweise über alternative ‚Karrierepfade‘ auch älteren Beschäftigten eine für sie und das Unternehmen sinnvolle und erfüllende Position/Rolle zu bieten."

Der erste Schritt kann das Messen der konkreten Altersakzeptanz im Unternehmen sein. Die Online-Umfrage kann dazu einen Bezugsrahmen bilden. Sie wird fortgesetzt bis Sommer 2012 (die Teilnahme ist unter survey.tenckhoff.eu möglich) und soll demnächst auf EU-Ebene ausgedehnt werden.

Altersakzeptanz

Sie beschreibt den kulturellen Wert, der unser kommunikatives Handeln generationsübergreifend leitet. Damit können erstmals die "weicheren" Konsequenzen des demografischen Wandels wie zunehmende Karrierehindernisse und stereotype Vorstellungen, aber auch die Wertschätzung älterer Beschäftigter gemessen werden. Sie beeinflusst die Kommunikation in und zwischen den Altersgruppen. Angesichts der künftigen Altersstruktur-Entwicklung ist dies eine Schlüsselgröße. Wie die Altersakzeptanz in Deutschland ausgeprägt ist, eruiert seit Sommer dieses Jahres eine auf drei Jahre angelegte Online-Studie der Beratungsunternehmen Dr. Tenckhoff UG in Hennef/Sieg und Result Counts GmbH in Mainz.