Gehälter in der IT

Warum Frauen weniger Geld verdienen

01.06.2009
Von Petra Riedel
Frauen verdienen immer noch schlechter als Männer, auch in der IT. Dabei könnten sie deutlich mehr herausholen.

Männer bekommen mehr Gehalt als Frauen. Diese Regel gilt in Deutschland wie ein Naturgesetz - und sie gilt auch für die ITK-Branche. Der Gehaltsunterschied ist hier allerdings mit etwa zehn Prozent geringer als im Bundesdurchschnitt mit 23 Prozent. Dies zeigen Zahlen der IG Metall und Berechnungen der Hamburger Vergütungsberatung Personalmarkt.

Am niedrigsten sind die Differenzen der IG-Metall-Auswertung zufolge in der Softwareentwicklung: Frauen verdienen hier sechs Prozent weniger als Männer. In der Mitte liegen die Jobs rund um Beratung und Projekt-Management sowie die mehr technisch orientierten IT-Berufe wie Systemtechniker und Service-Management. Am höchsten sind die Gehaltsunterschiede im kaufmännischen Bereich mit einem Spitzenwert von 22,4 Prozent im Vertrieb.

Im Vertrieb sind die Unterschiede besonders groß

In die Berechnungen, die die IG Metall auf Grundlage ihrer ITK-Entgeltanalyse für das Jahr 2009 exklusiv für die CW erstellte, gingen 12.000 Gehaltsangaben von Beschäftigten ein, die meist in mittleren und großen Unternehmen arbeiten - viele mit Tarifbindung. Doch auch in Firmen, in denen kein Tarifvertrag gilt, finden sich ähnliche Unterschiede: Personalmarkt ermittelte dort, dass männliche Datenbankadministratoren im Schnitt 23,9 Prozent mehr verdienen als weibliche. SAP-Berater erhalten 13,3 Prozent mehr als SAP-Beraterinnen.

"Ausschlaggebend für die Differenzen ist, dass Frauen stärker in den unteren Gehaltsgruppen der untersuchten Jobfamilien anzutreffen sind", sagt Hans-Joachim Weis, im IG-Metall-Vorstand zuständig für die ITK-Entgeltanalyse. "Der Gehaltsunterschied verringert sich teilweise erheblich, wenn man männliche und weibliche Beschäftigte auf der gleichen Stufe und im gleichen Job betrachtet."

Doch ist es Zufall, dass der Unterschied gerade im Vertrieb so groß ausfällt, wo ganz oben ein Gesamtgehalt von knapp 100.000 Euro zu verdienen ist - mehr als in jedem anderen der Jobs? Macht sich bei den eher kleinen Unterschieden in den Berufsfeldern Beratung und Projekt-Management vielleicht bezahlt, dass Frauen sich besser auf Gesprächspartner einstellen und tendenziell besser kommunizieren können als Männer? Elke Wolf, Professorin an der Fachhochschule München und Expertin in Sachen Entgelt, ist vorsichtig: "Reine Durchschnittswerte sagen recht wenig aus." Vielleicht haben die Differenzen auch andere Ursachen - zum Beispiel könnten die Männer im Vertrieb mehr Führungsverantwortung haben als die Frauen; in der Beratung und im Projekt-Management ist die Qualifikation der Frauen im Schnitt möglicherweise höher als bei den Männern der Vergleichsgruppe. "Eine Lohndifferenz kann viele Ursachen haben. Sie hat nicht automatisch etwas mit dem Geschlecht zu tun", sagt Wolf.

Gehaltsknick wegen Kinderpause

Insgesamt zeigen die Zahlen, dass es in der IT- und TK-Branche vergleichsweise gerecht zugeht. "In einer jungen Branche sind die Unternehmen stärker durch modernere Wertvorstellungen geprägt. Bei Firmen, die in den letzten Jahren gegründet wurden, sind Gehaltsunterschiede viel geringer als in älteren Unternehmen", weiß Wolf. In älteren Firmen seien Personalauswahl und -entwicklung häufiger von "diskriminierenden Prozessen" beeinflusst, so Wolf.

Am geringsten sind die Unterschiede bei Berufsanfängerinnen; mit dem Alter nehmen die Differenzen zu. Die Geburt eines Kindes zieht einen Gehaltsknick nach sich: Je länger die Kinderpause und je geringer die Stundenzahl nach der Rückkehr, desto größer wird der Lohnabstand. Ein doppelter Effekt, wie die Münchner Professorin beobachtet: "Während die berufstätige Kollegin sich weiterbildet, mehr Berufserfahrung und neues Wissen erwirbt und auf der Karriereleiter einen Schritt nach oben macht, veralten die Kenntnisse der pausierenden Mutter."

Microsoft setzt auf gemischtes Team

Microsoft-Personalchefin Brigitte Hirl-Höfer bestätigt dies und fordert: "Um nach der Geburt eines Kindes den Anschluss nicht zu verlieren, sollte eine Frau die Möglichkeit haben, so schnell wie möglich wieder in den Job einzusteigen." Sie fördert Frauen aus ökonomischen Gründen: "Gemischtgeschlechtliche Teams arbeiten effizienter als reine Männer- oder Frauenteams, das haben Untersuchungen gezeigt." Auch sei belegt, dass Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen wirtschaftlicher arbeiten.

Brigitte Hirl-Höfer: Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen arbeiten wirtschaftlicher.
Brigitte Hirl-Höfer: Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen arbeiten wirtschaftlicher.

Microsoft hat sich beim TÜV-Süd bereits einem Antidiskriminierungs-Audit unterzogen. "Es konnten keine Unterschiede in der Entlohnung von Männern und Frauen auf vergleichbaren Positionen festgestellt werden", sagt Hirl-Höfer. Nun beteiligt sich das Unternehmen als einziges aus der Branche in diesem Sommer an einem Testlauf mit dem Programm "Logib-D", den das Bundesfamilienministerium gestartet hat.