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Was macht eigentlich ein Application-Manager?

26.01.2011
Von 
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Solange die Anwendungen rund laufen, bleiben Application-Manager im Hintergrund. Ins Blickfeld geraten sie erst, wenn es hakt.

Routinechecks bei einigen Kundensystemen und der Entwurf eines Konzepts für den Ausbau einer ERP-Lösung - der Freitagnachmittag verlief für den Application-Manager unspektakulär. Bis ihn um 16 Uhr über das Ticket-System die Nachricht erreicht, dass die Supply-Chain-Management (SCM-)Lösung eines großen Automobilzulieferers die eingehenden Just-in-Time-Abrufe nicht mehr annahm. Telefonisch bestätigte ein IT-Verantwortlicher des Zulieferers das Problem. Gemeinsam musste nun schnell gehandelt werden, denn ohne eine funktionierende SCM-Anwendung würde der Zulieferer seine Produktion früher oder später stoppen müssen. Kurz vor 18 Uhr war der Fehler gefunden und behoben. Die Fertigung konnte wie gewohnt weiterlaufen.

Belastbar sollte man sein

Dino Hartmann, MHP: "Application Manager müssen nicht so oft reisen wie Berater."
Dino Hartmann, MHP: "Application Manager müssen nicht so oft reisen wie Berater."
Foto: Dino Hartmann, MHP

"Solche Situationen sind zwar die Ausnahme, machen aber den Reiz unserer Arbeit aus", sagt Dino Hartmann, der das Application-Management bei der IT-Beratung Mieschke Hofmann und Partner (MHP) mit einem Kollegen leitet. Auch das Tagesgeschäft hat es in sich. Spezialisten aus unterschiedlichen IT-Bereichen von BI über ERP bis zu SCM betreuen im Team die Systeme ihrer Kunden. Application-Manager müssen die Lösungen pflegen, weiterentwickeln und an sich wandelnde Anforderungen anpassen. Zudem beraten sie die Kunden, wie sie ihren Support verbessern können. Treten Fehler auf, müssen diese in kurzer Zeit behoben werden - je nach Service-Level-Agreement (SLA) rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche. Um das leisten zu können, ist ein abgeschlossenes Studium als Informatiker, Ingenieur oder Wirtschaftsinformatiker die ideale Voraussetzung.

Fachkenntnisse gefragt

Zudem sollten die Kenntnisse in einem oder zwei Spezialgebieten tief gehen und die entsprechenden Anwendungen aus dem Effeff beherrscht werden. "Mindestens genauso wichtig sind die Soft Skills", sagt Hartmann. Da Application- Manager meist aus der Distanz am System eines Kunden arbeiten und häufig mit den Ansprechpartnern via E-Mail und per Telefon in Kontakt sind, benötigen sie ein gutes Bauchgefühl und eine überdurchschnittliche Kommunikationsfähigkeit. Sie müssen schnell ein Gespür für die Lage auf der anderen Seite der Leitung entwickeln und über die Entfernung die Schritte koordinieren. Die Kollegen in der Beratung haben es in dieser Hinsicht etwas leichter, weil sie beim Kunden vor Ort sind und kritische Situationen unmittelbar begleiten.

Geregeltere Arbeitszeiten

Was in der Betreuung manchmal hinderlich ist, hat auch eine positive Seite: Verglichen mit Beratern sind die Anwendungsbetreuer seltener unterwegs. Bei MHP verbringen die Consultants bis zu drei Viertel ihrer Arbeitszeit außer Haus. Die Reisezeit eines Application-Managers liegt zwischen 20 und 30 Prozent - meist geht es einmal im Monat zum Abstimmungstermin mit einem Kunden.

Für Berufseinsteiger oder Jobwechsler ist diese Arbeitssituation vorteilhaft. Da sie die meiste Zeit gemeinsam mit den Kollegen verbringen, fällt es leichter, sich in die bestehenden Strukturen einzufinden. Neulinge können früher selbständig Aufgaben übernehmen, zumal die Kollegen bei Fragen meist zur Verfügung stehen. Im Vergleich zum Beraterjob haben Anwendungsbetreuer geregeltere Arbeitszeiten. Besonders für junge Eltern ist interessant, dass Teilzeitmodelle möglich sind, die eine hohe Flexibilität gewährleisten. Nicht nur aufgrund der Arbeitsbedingungen ist das Application-Management nach Ansicht von MHP-Mann Hartmann ein attraktives Berufsfeld. "Nach der Wirtschaftskrise schöpfen viele Firmen das Potenzial der bestehenden IT-Systeme konsequenter aus und stellen Neueinführungen hintan. Gleichzeitig lagern sie diese Aufgabe zu großen Teilen aus, um Kosten zu reduzieren. Vor allem für Anwendungsexperten bei IT-Dienstleistern ergeben sich daher gute Perspektiven."

Weg aus der Beratung

In Hartmanns Abteilung arbeiten 70 Application-Manager. Sie durchlaufen die gleichen Karriereschritte und Gehaltsstufen wie Berater, übernehmen die gleiche Verantwortung und profitieren im gleichen Maße vom Firmenwagenmodell. Der Maschinenbauingenieur Hartmann ist nach neun Jahren in der Beratung zur Anwendungsbetreuung gewechselt. Damit ist er keine Ausnahme. Etwa die Hälfte der Application-Manager bei MHP waren vorher als Berater tätig.