Gründergeschichten

Esperanto für Entwickler

23.03.2011
Wenn vier Schulfreunde vor dem Abitur ihr erstes Computerspiel auf den Markt bringen, lässt das aufhorchen. Nun sind die Spieleprogrammierer zum Anbieter einer Multiplattformtechnik für Entwickler geworden.

Dass Karsten Wysk nicht Informatiker geworden ist, daran sind seine Eltern schuld. Denn die ließen ihren Sohn zu Schulzeiten nur mit Zeitbegrenzung an den PC. "Ich war kein typischer Nerd, sondern auch in Sport ganz gut", sagt der 32-Jährige heute in seinem Hamburger Büro. Der studierte Volkswirt ist Geschäftsführer von Mobile Bits, einem Startup, das, zunächst unter dem Namen Ex-Dream Spiele für Computer entwickelt hat und dies heute auch für Mobilplattformen tut.

"Wir haben in der zehnten Klasse unser erstes Spiel entwickelt." Die Mobile Bits-Gründer Benjamin Nitschke, Boje Holtz, Leif Griga und Karsten Wysk (von li.)
"Wir haben in der zehnten Klasse unser erstes Spiel entwickelt." Die Mobile Bits-Gründer Benjamin Nitschke, Boje Holtz, Leif Griga und Karsten Wysk (von li.)
Foto: Mobile Bits

Gemeinsam mit seinen Schulfreunden Boje Holtz und Leif Griga gründete er in Hannover in den 90er Jahren seine erste Firma. "Benjamin Nitschke haben wir per Aushang an den Gymnasien der Stadt gefunden, als wir in der zehnten Klasse unser erstes Spiel entwickelt haben und einen Programmierer suchten", erzählt Wysk. Das Erstlingswerk hieß "Twork" und war ein simples Jump-and-run-Spiel, aber 1996 auf zeitgemäßem Stand. Es verkaufte sich mehrere zehntausend Mal.

Heute beschäftigen die vier Freunde 20 Mitarbeiter. Der Volkswirt Wysk leitet das Geschäftliche, Nitschke das Programming, Holtz ist der Kreativdirektor und Griga für Design zuständig. Insgesamt haben sie mehr als zehn Spiele herausgebracht.

Seit eineinhalb Jahren arbeitet Mobile Bits an der so genannten Delta Engine. Die neue Technik sorgt dafür, dass mobile Games auf allen modernen Smartphones und Tablets laufen. "Was wir uns beim Aufenthalt im Ausland wünschen, das Verstehen und Sprechen der Landessprache, wird mit der Delta Engine für Entwickler Wirklichkeit", so Wysk. "Die neue Multiplattform-Technik ermöglicht es, Spiele für verschiedene App-Store-Plattformen wie Windows Phone 7, iOS und Android vollständig unter Windows zu konzipieren. Die Delta Engine ist das Esperanto für Entwickler", erläutert Wysk selbstbewusst. Das bedeutet: Softwareprofis müssen nicht mehr wie früher die Apps für jedes mobile Betriebssystem neu aufsetzen, sondern nur einmal programmieren. Das spart Zeit, Ressourcen und Geld, da über 70 Prozent der Portierungskosten wegfallen.

Diese Innovation hat auch die Verantwortlichen der Hightech-Gründerinitiative "unternimm was." von Microsoft aufmerksam gemacht. Seit Ende des vergangenen Jahres unterstützt der Softwareriese Mobile Bits durch Know-how und Kontakte, um das Wachstum des Startups zu beschleunigen und es auf seinem Weg zu begleiten.

Agenturen bleiben jetzt außen vor

Die neue Technik verträgt sich bisher mit Apples Betriebssystem iOS sowie Android und Windows Phone 7 - weitere Plattformen wie Blackberry sollen folgen. "Wer mit .NET oder C# arbeitet, kann in Zukunft alle anderen Plattformen bedienen", so Wysk. Für Entwickler stehen unter Windows-Emulatoren die jeweiligen Zielplattformen zur Verfügung, so dass viele Tests auch direkt mit dem Microsoft-Betriebssystem laufen. Wichtig für Spieleentwickler ist das Thema Geschwindigkeit. Die Delta Engine ist deshalb so aufgebaut, dass auf der jeweiligen Zielplattform nur ein nativer Code läuft und die App damit genauso schnell ist, als ob man direkt für die Plattform entwickelt hätte.

"Die Delta Engine bietet Unternehmen, die eigene Apps veröffentlichen, Vorteile", erklärt Wysk. Etwa Handelsunternehmen, die mobile Shops einrichten. Denn was mit Spielen funktioniert, klappt auch mit Shop-Apps. "Deren Programmierer arbeiten hauptsächlich unter Windows und mussten bisher die Programmierung für iPhone-Apps an Agenturen auslagern oder dafür extra eine Abteilung aufbauen." Jetzt können sie in ihrer gewohnten Umgebung Applikationen fürs iPad, iPhone und für Android-basierende Geräte sowie Windows Phone 7 produzieren. Zudem laufen die mit der Delta Engine entwickelten Spiele nicht nur auf Smartphones, sondern auch auf der Xbox 360, der Play Station oder sogar auf Linux- und Apple-Rechnern.