IT-Training in der arabischen Welt

Neulich in … Doha

07.02.2011
Eine IT-Beraterin muss in der Wüste schulen. Dabei treten dort Überraschungen auf, wo sie diese weniger erwartet.

Als Prozess- und IT-Beraterin hatte ich den Auftrag in Katars Hauptstadt Doha Mitarbeiter eines Autohauses im Umgang mit ihrem Dealer Management System (DMS) zu schulen. Schnell stellte ich jedoch fest, dass ich zunächst das Thema CRM vertiefen musste. Um sich bestmöglich auf die neue Situation einzustellen, wollte der Autohändler zunächst prüfen lassen, wie seine Mitarbeiter das Dealer Management System (DMS) für die Kundenbetreuung bislang nutzen. Wie in den meisten europäischen Autohäusern wurde das DMS noch nicht optimal zur Pflege der Kundendaten genutzt. So fand sich eine Vielzahl von Dubletten, fehlten Telefonnummern, waren E-Mail-Adressen falsch eingegeben oder Firmen als Privatpersonen angelegt.

Schon am ersten Schulungstag merkte ich während der Arbeit in den verschiedenen Gruppen deutlich, dass es nicht damit getan ist, den Umgang mit der Software zu trainieren. Ich musste erst einmal ein grundsätzliches Verständnis dafür schaffen, was CRM eigentlich bedeutet. Ich musste vermitteln, dass CRM zwar auf der einen Seite bedeutet, einen individuellen und informellen Umgang mit den Kunden zu pflegen - das war bislang ja auch schon der Fall. Auf der anderen Seite hatte ich zu verdeutlichen, dass standardisierte Prozesse einzuhalten sind. Wenn sich ein Kunde beispielsweise beschwert, sollte der Verkäufer individuell darauf reagieren und eine Lösung vorschlagen können. Die Mitarbeiter sollten verstehen, dass die Beschwerde zu dokumentieren ist, damit auch die übrigen Beschäftigten informiert sind.

Erst als diese Grundlagen gelegt waren und die Mitarbeiter verstanden hatten, weshalb eine akribische Datenpflege auch in ihrem Interesse ist, widmeten wir uns den einzelnen Prozessen und deren Abbildung im Dealer Management System.

Die islamischen Gebetszeiten strukturierten zwar den Tagesablauf, ansonsten spielten kulturelle oder religiöse Unterschiede zu Europa bei den Trainingseinheiten jedoch keine Rolle. Auch die Tatsache, dass die vorwiegend männlichen Mitarbeiter von einer Frau unterwiesen wurden, war nicht problematisch.

Die Beziehungen innerhalb der Belegschaft waren dagegen für mich Europäerin gewöhnungsbedürftig, da Mitarbeiter aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit unterschiedlich behandelt wurden. So verließen die indischen Mitarbeiter aus Respekt stets die Treppe, wenn ein arabischer oder europäischer Kollege sich auf den Weg nach unten oder oben machte. Außerdem wurden sie nie begrüßt. Ich wollte die arabischen Mitarbeiter nicht brüskieren, indem ich ihren Umgang infrage stelle, wollte aber auch den indischen Mitarbeitern respektvoll begegnen - das Fingerspitzengefühl wurde auf eine harte Probe gestellt.

Natalie Ramb, Mieschke Hofmann und Partner (MHP)

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