Wie Entwickler durch Podcasts lernen

25.08.2006
Von 
Winfried Gertz ist Journalist in München. Er arbeitet in einem Netzwerk von zahlreichen Anbietern kreativer Dienstleistungen. Das Spektrum reicht von redaktioneller Hörfunk- und Fernsehproduktion über professionelle Fotografie bis zu Werbetexten für Industrieunternehmen und Non-Profit-Organisationen.
Im Schlepptau von Weblogs erblicken immer mehr Podcasts das Licht der Welt. Das Potenzial fürs Lernen scheint beträchtlich zu sein.

Sanjay Aiyagari arbeitet als Softwareentwickler in Bangalore und hat schon viel gehört in seiner Karriere. Aber einen englisch sprechenden Deutschen mit schwäbischem Akzent wie Markus Völter noch nicht. Auf www.orbzone.org, dem Treffpunkt der Corba-Community, erfuhr der Inder von einem Interview, das Völter in seinem Podcast "Software Engineering Radio" mit Doug Schmidt geführt hatte. Dem Informatikprofessor an der Vanderbilt University in Nashville, Tennessee, hängen viele Entwickler rund um den Globus an den Lippen, schließlich gilt er als Vater des objektorientierten Middleware-Toolkits ACE (Adaptive Communication Environment). Kein Wunder, dass nur wenige Tage später der Link auf Völters Podcast (www.se-radio.net) viele Websites der Entwicklergemeinde zierte.

Hier lesen Sie...

  • worin sich Lernen mit Podcasting auszeichnet;

  • warum Softwareentwickler informelles Lernen favorisieren;

  • welche Rolle Podcasting in der Bildung spielen könnte.

Graswurzelkommunikation

Markus Völter, Software Engineering Radio: "Ich bin oft unterwegs und ärgere mich darüber, die Zeit zu verplempern. Mit dem Podcast möchte ich das ändern."
Markus Völter, Software Engineering Radio: "Ich bin oft unterwegs und ärgere mich darüber, die Zeit zu verplempern. Mit dem Podcast möchte ich das ändern."

Das Beispiel zeigt, warum das neue Kommunikationsinstrument so schnell das Herz der Nutzer erobert. Podcasting gilt nach Weblogging als die vorläufige Kulmination der so genannten Graswurzelkommunikation. Menschen ohne professionelle Erfahrung in der Medienbranche werden erstmals zu Sendern. In der Entwicklerszene, die spätestens seit dem Open-Source-Durchbruch hochgradig kooperativ ist und sich auf informeller Ebene beständig unter die Arme greift, erschließt der neue Kanal ungeahnte Ressourcen. Über Podcasts eröffnet sich den Wissensarbeitern ein Raum, in dem sie von den Erfahrungen anderer lernen und durch ständige Rückkopplung in der Community ihr eigenes Tun reflektieren können.

Warum sich Softwareentwickler Völter für Podcasting begeistert, erklärt er so: "Ich bin oft unterwegs und ärgere mich darüber, die Zeit unproduktiv zu verplempern. Das geht vielen Kollegen so. Mit meinem Podcast möchte ich das ändern." Einen IT-Spezialisten, der sich während des Joggens Gottfried-Benn-Gedichte anhört, wird man sicher kaum auftreiben. Umso größer ist der Zuspruch bei Podcasts wie dem Software Engineering Radio, dem vom Chaos Computer Club produzierten "Chaos Radio" oder dem "Tonabnehmer" von Frank Westphal, übrigens die einzigen ernst zu nehmenden Podcasts in Deutschland, die sich an Softwareentwickler richten.

Radio für Softwareentwickler

Hier diskutieren in regelmäßigen Abständen Softwareingenieure und -architekten Themen, die in der internationalen Entwicklergemeinde gefragt sind: Wo liegt die Zukunft von Enterprise Java? Wie kommt die Programmiersprache Ruby zum Einsatz? Aufgelockert wird die Reihe von Interviews mit renommierten Experten und Hands-on-Tutorials. Eine Fundgrube für jeden Entwickler rund um den Globus.