Freiräume verbessern die Motivation

05.07.2007
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Wer in seiner Arbeit Sinn sieht, schafft sie auch besser. Ein gutes Betriebsklima lohnt sich.

Motivation ist wie Schmieröl im Getriebe. So lange alles reibungslos läuft, freut sich jeder über die flotte Fahrt. Quietscht und stottert der Motor, helfen ein paar Tropfen Öl kaum weiter. Einigen IT-Unternehmen mag es in den vergangenen Krisenjahren ähnlich ergangen sein; viele waren intensiv damit beschäftigt, den Anschluss nicht zu verlieren, von der Konkurrenz nicht überrollt zu werden oder überhaupt den Laden irgendwie am Laufen zu halten. Für Grundsätzliches blieb keine Zeit. Einige haben deshalb ganz vergessen, dass ihre als wichtigstes Gut titulierten Mitarbeiter und Manager anders funktionieren als ein Motor. Was tun? Motivation. Genau. So heißt das Zauberwort.

Hier lesen Sie …

was Coaches Führungskräften in puncto Motivation empfehlen;

was Motivation und Gesundheit miteinander zu tun haben;

warum Geld oft nicht hilft, aus Mitarbeitern mehr herauszuholen.

Elisabeth Berchtold, Trainerin: Menschen, die sehr rational arbeiten, sollten sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzen.
Elisabeth Berchtold, Trainerin: Menschen, die sehr rational arbeiten, sollten sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzen.

"Motivation ist ein Dauerthema", berichtet Elisabeth Berchtold, freiberufliche Trainerin und Beraterin in Augsburg. Die Diplompädagogin arbeitet nach einer psychotherapeutischen Zusatzausbildung als Coach überwiegend mit Führungskräften. Viele Management-Bücher versuchen das Thema Motivation auf eine einfache Formel zu reduzieren und den Lesern Patentrezepte an die Hand zu geben. Der Erfolg bleibt oft aus. Im Berufsleben lassen sich diese Anleitungen kaum langfristig umsetzen, meint die Beraterin. Sie stellt daher die Persönlichkeitsentwicklung in den Mittelpunkt: "Ich analysiere zusammen mit den Kursteilnehmern oder im Einzelcoaching genau, wie und was die Person motiviert." Das lässt sich anhand der eigenen Biografie und konkreter Situationen gut erarbeiten. Im Mittelpunkt von Berchtolds Beratung steht die These, dass die Person einen Sinn in den übertragenen Aufgaben erkennen sollte. Nur dann arbeitet jemand aus einem inneren Antrieb heraus, fühlt sich für sein Handeln verantwortlich und erledigt Aufgaben freiwillig und gerne. Dieser stark humanistisch geprägte Ansatz geht auf den Wiener Psychologen Viktor Frankl zurück, dessen Theorie und psychotherapeutische Methode (Logotherapie) inzwischen auch auf das Arbeitsleben angewandt wird.

Motivation: Ehrlicher Umgang mit den Mitarbeitern

Zu den wichtigsten Motivationsfaktoren zählen Eigenverantwortung, Entscheidungsfreude, Selbstachtung und Selbstwahrnehmung, Lernbereitschaft, Lösungsorientierung, Humor, um Dinge mit einer gewissen Distanz zu betrachten, regelmäßiger und geplanter Rückzug, um Platz für ein erfülltes Privatleben zu haben, sowie Energie und Zeit, sich Fragen nach den eigenen Werten und Sinn zu stellen. "Menschen, die sehr rational an Aufgaben herangehen und sehr technisch orientiert sind, sollten für meinen Ansatz Offenheit mitbringen, sich mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen."

Konrad Stadler, Zentrum für Unternehmenskultur: Amerikanische Kulturmuster lassen sich hierzulande nicht übertragen.
Konrad Stadler, Zentrum für Unternehmenskultur: Amerikanische Kulturmuster lassen sich hierzulande nicht übertragen.

"Gerade in der IT sind viele Ideologien zusammengebrochen. Amerikanische Kulturmuster lassen sich hierzulande nicht immer übertragen", kommentiert Konrad Stadler, Gesellschafter und Berater bei Anselm Bilgri, dem ehemaligen Prior des Benediktinerklosters Andechs, im Zentrum für Unternehmenskultur in München.

Für Elisabeth Berchtold sind Freiräume ein wichtiger Motivator, ebenso wie regelmäßige und ehrliche Kommunikation mit und gegenüber den Mitarbeitern, denn der Sinn der Arbeit müsse sich immer wieder neu erschließen. Ob das gelingen kann, liegt auch am Mitarbeiter: Dessen Wertesystem sollte nicht grundsätzlich dem des Unternehmens widersprechen, denn sonst ließen sich größere Probleme kaum vermeiden, warnt die Beraterin.

Gerüchte demotivieren

"Mitarbeiter sind emanzipierter geworden. Sie interessieren sich für die Unternehmensstrategie, sind neugierig und fragen viel. Das kann zwar manchmal aufwändig sein, doch für unser Unternehmen brauchen wir kreative Fachkräfte, die sich für alles interessieren", erzählt Cornelia Malischewski, Manager People Development bei Fujitsu-Siemens Computers in München. Sie sieht es als größten Motivationskiller an, wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern keine Auskunft geben können, wie die Strategie des IT-Unternehmens aussieht. "Jeder sollte Bescheid wissen", so die Maxime. Malischewski und ihre HR-Kollegen verknüpfen Motivation und Engagement von Managern eng mit einer umfassenden Kommunikationsstrategie. Wenn Informationen fehlen, entstehen Unsicherheit und im schlimmsten Fall Gerüchte, und das lähme und demotiviere ganze Organisationen.

Wenig Spielraum

Ingo Bachmann, Zott: Ausbau des Projekt-Management-Know-hows dient der Motivation.
Ingo Bachmann, Zott: Ausbau des Projekt-Management-Know-hows dient der Motivation.

Auch für Ingo Bachmann, IT-Chef beim Joghurthersteller Zott, spielt die Kommunikation eine überdurchschnittliche Rolle: "Wer Geschäftsprozesse erfolgreich mit IT-Mitteln abbilden will, muss sie nicht nur verstehen, sondern sollte dazu bereit sein, mit anderen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten." Denn wenn IT-Systeme entstört und weiterentwickelt werden, treten seiner Meinung nach immer wieder Missverständnisse auf, die den Erfolg verzögern. Wichtiges Motivationsinstrument sei die Weiterbildung, vor allem wenn es um Themen wie Teambildung und Projekt-Management gehe.

Allerdings hat jeder Motivationsansatz seine Grenzen. Pädagogin Berchtold nennt als Hindernis für die Logotherapie äußere Bedingungen, die sich nur schwer verändern lassen, oder wenn Führungskräfte selbst weder echte Handlungsfreiheit noch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter besitzen. Sind die Zwänge innerhalb des Unternehmens zu groß und die Spielräume zu klein, kann sich kein konstruktives Arbeitsklima entfalten.

Annette Glitz, Beraterin und Coach: Von Geld als Motivationsfaktor halte ich nicht viel.
Annette Glitz, Beraterin und Coach: Von Geld als Motivationsfaktor halte ich nicht viel.
Foto: Annette Glitz

Begeisterung und Frustration im Arbeitsleben liegen oft eng beieinander. Entsprechend fragil kann die Situation sein. "Niemand kann einen Mitarbeiter motivieren, der nicht engagiert ist und sich nicht selbst motivieren kann. Das gilt für Manager und Führungskräfte gleichermaßen", betont Thomas Leibfried, verantwortlich für Personalbeschaffung und Personalentwicklung innerhalb des HR-Ressorts des IT-Dienstleisters Computacenter, der bundesweit 22 Standorte unterhält. "Allerdings", ergänzt Leibfried, "kann eine Führungskraft ihre Mitarbeiter sehr wohl demotivieren."

Für ihn sind Manager "Ermöglicher", die für ihre Mitarbeiter Steine aus dem Weg räumen, wenn es beispielsweise organisatorische Hindernisse gibt, sagt Leibfried. Sie entscheiden, welchen Kollegen sie wie viel Verantwortung übertragen können, damit das Projekt erfolgreich ist. Über die Kunden erhält das Unternehmen eine direkte Rückmeldung, ob die bestellte Leistung gut erbracht wurde.

Stress für junge Manager

Mitarbeitern ist mit Abstand am wichtigsten, dass sie mit netten Kollegen zusammenarbeiten, wie eine Befragung von 2000 Beschäftigten ergab.
Mitarbeitern ist mit Abstand am wichtigsten, dass sie mit netten Kollegen zusammenarbeiten, wie eine Befragung von 2000 Beschäftigten ergab.

Wissen, Fertigkeiten und Kenntnisse wirken ebenfalls motivierend. Wenn Mitarbeiter in technischen Fragen mehr als ihr Chef wissen, der das Gesamtbild im Blick haben muss, kann dieser Wissensvorsprung motivierend wirken, allerdings erfordert das Führungskräfte, die mit dieser Diskrepanz umgehen können und ihren Angestellten das nötige Vertrauen entgegenbringen.

"Manager kommen mit Grenzfragen zu uns. Gerade junge Führungskräfte sind oft hoch motiviert, wenn sie ihre erste Management-Position übernehmen. Doch häufig stoßen sie auf eigene Widersprüche, manche sogar auf Lebenswidersprüche", erzählt Anselm-Bilgri-Mitarbeiter Konrad Stadler. Solche Unstimmigkeiten können wie eine angezogene Handbremse wirken und den jungen Manager in ernste Schwierigkeiten bringen. Die Benediktinerregel "Ora et labora" (bete und arbeite) empfehle auf ihre Art, die Arbeit nicht alles sein zu lassen: "Arbeit ist zwar ein sinnstiftendes Element des Lebens; trotzdem sollte niemand seine ganze Energie in den Job investieren", empfiehlt Konrad Stadler vom Anselm Bilgri Zentrum für Unternehmenskultur. "Wer kein Leben außerhalb der Arbeitswelt hat, lebt gefährlich." (Mehr zum Thema Work-Life-Balance und Lebensplan lesen Sie hier.)

Atmosphäre im Team entscheidet

"Erfolg motiviert", davon ist die Beraterin Annette Glitz überzeugt. Als Wirtschaftspsychologin coacht sie überwiegend Führungskräfte und berät manchmal auch ganze Abteilungen eines Unternehmens. Die Arbeit in einem engagierten Team kann ebenfalls zu Höchstleistungen anspornen. Wenn die Beraterin nach den größten Erfolgen fragt, kommen Antworten wie "Ich habe meinen Chef von meinen Ideen überzeugen und umstimmen können" oder "Ich bin einer fairen Konfrontation nicht aus dem Weg gegangen." Diese Antworten liefern der Psychologin Anhaltspunkte, was Menschen im Arbeitsumfeld motiviert. "Ich halte nichts davon, wenn man Manipulation als Motivationsversuche tarnt. Menschen lassen sich nicht immer mit einfachen Dingen ködern und durchschauen schnell die Absicht hinter einem Verhalten."

Von Geld als Motivationsfaktor hält Glitz nicht viel. "Die Atmosphäre im Team und Unternehmen spielt eine viel größere Rolle, vor allem für Menschen, die sowieso gut verdienen." Da bringen ein paar hundert Euro mehr nicht viel. Wer als Führungskraft erfolgreich sein will, dem empfiehlt Glitz, "authentisch zu sein" und nicht einem Modell des idealen Managers nachzueifern.

Einiges können Mitarbeiter und Manager selbst tun, um das Gleichgewicht und ihr Engagement nicht zu verlieren. Konrad Stadler empfiehlt beispielsweise, sich regelmäßige Auszeiten zu gönnen. Wer seine Woche mit Freiräumen plant, wird plötzlich merken, wie motivierend solche Pausen wirken können. "Oft kommen erfolgreiche Unternehmer zu uns, die an ihre Grenzen stoßen. Wenn Managern schwindelig wird aufgrund ständig neuer Vorgaben, ist ein Zeitpunkt gekommen, innezuhalten und sich wieder auf die wesentlichen Aspekte zu konzentrieren", rät der Coach. (hk)

Was Manager motiviert

  • Genügend Freiräume für Entscheidungen;

  • klare, transparente und nachvollziehbare Entscheidungen der Geschäftsleitung;

  • ein Betriebsklima, das Engagement möglich macht;

  • mit einem gutem Team zusammenzuarbeiten;

  • die Chance, ein Leben außerhalb der Firma zu führen.

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