ERP: HR-Software soll das Personalwesen schlanker machen

25.05.2007
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Viele Unternehmen wollen ihre Personalprozesse effizienter gestalten, besser automatisieren und die Verwaltungskosten senken. Neben Softwarelösungen halten sie nach Outsourcing-Angeboten Ausschau. Die Anbieter verzeichnen rege Nachfrage, wie die Fachmesse Personal 2007 zeigt.

Unternehmen verfügen bereits über Funktionen, um Gehälter abzurechnen und Personaldaten zu verwalten. Vor allem Firmen aus personalintensiven Branchen suchen nach Lösungen, ihre Belegschaft effizienter und kostengünstiger einzusetzen. Dabei helfen zum Beispiel Programme zur Personaleinsatzplanung. Rege Nachfrage gibt es zum Beispiel aus dem Handel, dem Gesundheitswesen und dem Dienstleistungssektor. Festgestellt hat dies auch zum Beispiel der auf dieses Metier spezialisierte Softwareanbieter Atoss Software AG und hat entsprechende, branchenspezifische Software aufgelegt. Warenhäuser beispielsweise möchten Arbeitszeiten bedarfsorientiert planen, um sowohl Überstunden und Leerlauf zu vermeiden. Die "Atoss Retail Solution 4.0" erlaubt es laut Hersteller, die Anzahl an Mitarbeitern an den Kassen und in Verkaufsräumen gezielt einzuplanen. Hierfür wertet die Software Kassendaten sowie historische Informationen über die Kundenfrequenz aus, um den Bedarf zu prognostizieren. Manche Handelshäuser werten hierzu sogar Wetterdaten aus, da bei Regen mehr Leute in die Kaufhäuser strömen.

Methoden zur Personaleinsatzplanung gibt es in diesen Firmen bereits, jedoch handelt es sich laut Atoss dabei um Excel-Tabellen, selbstgebaute Programme oder man verlässt sich auf Erfahrungswerte. Da bei der Einsatzplanung jedoch auch die Mitarbeiterqualifikation sowie Teilzeitarbeit zu berücksichtigen sind, finden spezialisierte Softwareprodukte Anklang.

Neben den Planungsfunktionen wünschen sich Anwender Berichtsmethoden, um Personalkennziffern wie Überstunden, Krankentage und die Personalkostenentwicklung zu ermitteln. Aus diesem Grund erweitern zahlreiche Softwareanbieter von Lösungen für die Personalarbeit ihre bestehenden Produkte um Reportingfunktionen. Sie möchten Anwendern Zusatzmodule verkaufen und verhindern, dass diese wie bisher Drittsysteme erwerben.

Die Umantis AG verspricht Firmen eine Software, die Anwender gern bedienen und sich ihnen intuitiv erschließt.
Die Umantis AG verspricht Firmen eine Software, die Anwender gern bedienen und sich ihnen intuitiv erschließt.

Personalinformationen anschaulich zu präsentieren und für Auswertungen vorzuhalten, verspricht das Werkzeug "Orgpublisher" der Firma Aquire. Die datenbankgestützte Software lädt Personaldaten aus HR-Systemen SAP und Peoplesoft/Oracle und visualisiert zum Beispiel die Hierarchie eines Unternehmens. Das Datenmodell erlaubt es ferner, Auswertungen über Gehälter zu fahren. Zudem unterstützt es Firmen bei der Planung. "Unternehmen können so durchspielen, wie sich Gehaltserhöhungen oder die Auflösung einer Abteilung auswirken", erklärt Karl-Heinz Weber, Chef von HR Professional Consulting, der neben anderen HR-Programmen auch Orgpublisher bei Firmen installiert. Meist nutzen Betriebe, die Weber berät, eine HR-Software von SAP oder P & I, die gegebenenfalls durch Spezialprodukte wie eben Orgpublisher ergänzt wird. Hingegen stößt er auf Personalsysteme des zu Oracle gehörenden Spezialisten Peoplesoft nur bei US-amerikanischen Gesellschaften.

Human Capital Management

Verbesserungsbedarf sehen Personalverantwortliche nicht nur bei der Verwaltung der Belegschaft, sondern auch beim Einstellen neuer Mitarbeiter. Unternehmensberater Weber zufolge suchen zahlreiche Organisationen daher nach geeigneten Tools zum Bewerber-Management. Auf solche Kunden hat es Exact Software abgesehen. Das niederländische Softwarehaus mit Niederlassungen in Köln und München hat eine Komplettsoftware über das Online-Bewerber-Management aufgelegt, die sich sowohl allein als auch als weiteres Modul der Human-Capital-Management-Suite "E-Synergy" verwenden lässt. Gängige Abläufe zum Anlegen einer Stelle sowie deren Veröffentlichung auf der Website des Unternehmens sind in dem neuen Werkzeug vorkonfiguriert. Dazu zählt, aus hinterlegten Daten das Stellenprofil zum Beispiel eines Mitarbeiters der Qualitätssicherung zu spezifizieren. Der Bewerber füllt einen Erfassungsbogen aus und lädt seinen Lebenslauf und andere Dokumente hoch. Anhand des strukturierten Fragebogens erzeugt die Software eine Rangliste der am besten geeigneten Personen. Über vordefinierte Workflows werden Stellensuchende eingeladen, Absagen erstellt und Verträge verschickt, hierzu lassen sich Serienbrieffunktionen sowie die Integration in Office-Programme wie Word und Outlook nutzen. Kommt es zu einer Anstellung, kann der Anwender die im Bewerbungssystem erfassten Daten in eine Personaldatenbank übernehmen, hierzu gibt es Schnittstellen zu gängigen HR-Programmen sowie ein XML-Interface, falls eine Integration über Standardkomponenten nicht möglich ist. Grundsätzlich bieten auch andere Bewerber-Management-Werkzeuge solche Mechanismen. Als Besonderheit des Angebots nennt Exact den Preis von 9500 Euro für fünf Softwarelizenzen inklusive vier Consulting-Tage für Implementierung, Beratung und Schulung. "Wenn Firmen eine solche Software suchen, haben sie akuten Bedarf und wollen nicht erst ein langwieriges Projekt auflegen", so eine Firmensprecherin. Ob die Firmen das auch so sehen, muss sich noch zeigen, denn Exact hat das Produkt gerade auf den Markt gebracht.

Web 2.0 am HR-Frontend

Während sich die Benutzeroberflächen der meisten Business-Applikationen für die Personalverwaltung an Funktionen und Abläufen orientieren, geht Umantis AG aus St. Gallen in der Schweiz einen ganz anderen Weg: Die Ausgründung der Universität St. Gallen sowie der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich konzentriert sich beim Design ihrer Web-basierenden Software für das Personal-Management auf intuitive Benutzerführung, die sich am Endanwender ausrichtet. Typischerweise wird die Lösung in Verbindung mit bestandsführenden HR-Systemen - etwa von SAP - betrieben. Zu den Funktionen zählen Personalentwicklung nebst Seminarverwaltung, Wissens-Management, Zielvereinbarungen und Beurteilungen. Das Besondere dabei: Der Mitarbeiter wisse sofort, was zu tun ist, selbst dann, wenn er nur zwei oder dreimal ins System gehe, um beispielsweise ein Seminar zu beantragen. Statt starrer Masken findet der Nutzer Frontends vor, die an Google, Ebay und Xing (vormals OpenBC) erinnern. Die komplexen Funktionen der Software sollen hinter leicht bedienbaren und vor allem vom User gemochten Web-Seiten versteckt werden. Somit würden sich die oft beklagten Akzeptanzprobleme von Softwarelösungen vermeiden lassen. Nach Überzeugung des Herstellers ist die Datenqualität der Mitarbeiterprofile bei Nutzern der Software vergleichsweise gut, da der einzelne Angestellte intuitiv darauf zugreifen und Änderungen vornehmen kann. Dazu tragen laut Umantis auch Freitextfelder bei, die mehr Flexibilität erlauben als voreingestellte Auswahlfelder. Personalverantwortliche können beispielsweise mit im Web-Interface abgebildeten Stapeln arbeiten, in denen wie auf einem Schreibtisch Aufgaben gruppiert werden können.

Das strategische Personalwesen wie es Umantis anbietet ist meist individuell auf Firmen zugeschnitten. Im Gegensatz dazu unterliegen die Funktionen der Lohn- und Gehaltsabrechnung (Payrole) gesetzlichen Vorschriften, sind damit standardisiert und ein potenzieller Kandidat für das Outsourcing. An Nutzer, die zwar eine SAP-basierende Payrole wünschen, jedoch die Software nicht selbst betreiben wollen, wendet sich der ASP-Anbieter IT2 Solutions AG aus Henstedt-Ulzberg mit "Sumarum". Nach Angaben des Anbieters zählen zu den potenziellen Kunden Firmen, die bestehende Payrole-Software ablösen möchten beziehungsweise die Abrechnung kostengünstiger bewerkstelligen wollen. Nutzer solcher Programme müssen mehrmals im Jahr gesetzliche Änderungen einspielen, was entsprechende Spezialisten erfordert. Diese Arbeiten und andere übernimmt der Service-Anbieter. Bedient wird das System "Mysap ERP 2004" entweder über die klassischen Masken der SAP-Software oder über ein Portal, das IT2 Solutions entwickelt hat. Der Dienstleister richtet sich an Firmen mit bis zu 1000 Mitarbeitern, da diese in der Regel keine so individuellen Anforderungen stellen würden wie Großfirmen. Pro Abrechnungsfall (pro Mitarbeiter und Monat) kostet Sumarum 6,50 Euro.

Auf Outsourcing-Kunden hat es auch Bayer Business Services abgesehen. Das Unternehmen stellt als Shared-Service-Center HR-Prozesse für die Gesellschaften des Chemiekonzerns zur Verfügung, vermarktet diese aber auch als Dienstleistung an Drittfirmen. Überzeugt werden sollen die Anwender zum einen davon, dass die SAP-basierende Systemlandschaft (R/3 4.7) für bestimmte Branchen vorkonfiguriert ist, beispielsweise sind die Gehaltstarife der Chemieindustrie angelegt. Bayer betreibt die HR-Lösung weltweit mit Unicode-Option. Somit können auch die 90 Kunden des Dienstleisters die Personalfunktionen weltweit nutzen. Neben der Payrole zählt dazu beispielsweise Personalentwicklung und E-Learning.

Noch immer weit verbreitet: Personalarbeit mit Excel

Obwohl viele Softwarefirmen mittlerweile Personallösungen mit zahlreichen Modulen offerieren, ist der Integrationsgedanke bei vielen Anwendern noch nicht angekommen. "Obwohl wir SAP-Software nutzen, werden in unserem Unternehmen Stellenprofile in Excel verwaltet", berichtet eine Mitarbeiterin der Personalabteilung einer Pharmafirma mit rund 600 Mitarbeitern, die anonym bleiben will. Schulungen von Mitarbeitern würden zwar dokumentiert werden, jedoch wanderten die Notizen nicht etwa als Vermerk in die Mitarbeiterprofile der HR-Software, sondern in Aktenordner. Auch würden Mitschnriften von Mitarbeitergesprächen in Heftern abgelegt. "Viele Entscheider kennen offenbar die Möglichkeiten der SAP-Lösung nicht", so die Personalexpertin.