"Wir brauchen ein artgerechtes Management für Techies"

02.05.2005
Führungskräfte und Entwickler leben in getrennten Welten, so die Erfahrung des Mathematikers und IBM-Querdenkers Gunter Dueck. Im Gespräch mit CW-Redakteurin Alexandra Mesmer fordert er: Wer seine IT-Experten motivieren will, muss sie und ihr Denken erst verstehen lernen.

Hier lesen Sie ...

  • woran man Mitarbeiter mit hohem Potenzial erkennen kann;

  • inwiefern Techniker anders sind als Manager;

  • warum Karriere und Geld überschätzte Motivationsinstrumente sind.

CW: Ein Bestandteil Ihrer Arbeit als "Distinguished Engineer" bei der IBM ist es, Mitarbeiter mit höchstem Potenzial zu betreuen. Woran erkennen Sie die?

GUNTER DUECK: Die Mitarbeiter mit dem höchsten Potenzial haben große Netzwerke, sind bekannt, helfen viel aus, repräsentieren ihr Fachgebiet, kommen in der Mund-zu-Mund-Kommunikation vor. Sie sind nicht so schwer zu erkennen, obwohl es manche zu entdecken gibt, die eher still sind und vielleicht viele Monate bis wenige Jahre lang an einem herausragenden Projekt arbeiten und eine Zeitlang verschwunden scheinen. IBM will diese Leute dann mit besonderen Auszeichnungen ehren. Ich selbst ärgere mich oft, dass der Verkauf eines Projekts viel lauter gefeiert wird als der technische Abschluss - das war früher anders. Man kann gern die Grundsteinlegung feiern, aber man darf nicht das Richtfest und den Einzug vergessen. Alle Beteiligten wollen ein bisschen Ehre mitfühlen können.

Gunter Dueck: "Manager nerven mit Kosten und Zeit, ohne sich mit der Technik zu befassen."
Gunter Dueck: "Manager nerven mit Kosten und Zeit, ohne sich mit der Technik zu befassen."

CW: Wie fördern Sie diese Talente?

DUECK: Wir bei IBM fördern beste Mitarbeiter durch spezielle Lehrgänge, die auch Führungselemente enthalten. Wir möchten gerne "Technical Leaders" heranbilden. Die E-Learning-Angebote für alle Mitarbeiter sind geradezu überwältigend. Wer auf diese Weise weiterkommen will, kann es ohne weiteres. In Wirklichkeit ist die Arbeitslast jedoch oft so groß, dass wir am Abend nicht mehr aufnahmefähig genug sind. Zeit haben - das ist das große Problem unserer Zeit.