Gehaltsunterschiede

Vom Nasenfaktor und Frauenmalus

17.10.2006
Von Helga Ballauf
Informatikerinnen verdienen weniger als ihre männlichen Kollegen - und keiner will schuld daran sein.

Es geht ums Geld, um harte Währung: Was verdienen Männer, was Frauen? Bei diesem Vergleich geben "weiche" Faktoren wie Selbsteinschätzung und fachliche Vorlieben, Auftreten und Verhandlungsgeschick häufig den Ausschlag - gerade auch in der IT-Wirtschaft.

Warum IT-Frauen den Kürzeren ziehen

  • Gehalt und Statussymbole wie Firmenwagen sind Frauen nicht so wichtig im Vergleich zu interessanten Aufgaben und einem guten Arbeitsklima.

  • Sie wählen tendenziell weniger prestigeträchtige fachliche Schwerpunkte.

  • Sie arbeiten eher in Dienstleistungs- als Industrieunternehmen.

  • Sie argumentieren in Verhandlungen über Gehalt und Leistungszulagen vorsichtig.

  • Sie wechseln den ersten Arbeitgeber spät.

  • Die Babypause verursacht Karriereknick und Lohnloch.

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Wann immer die Gehälter von qualifizierten IT-Frauen mit denen ihrer männlichen Kollegen verglichen werden, ergibt sich eine Diskrepanz: Ob Grundgehalt oder Leistungszulage, Informatikerinnen und Ingenieurinnen kommen im Schnitt schlechter weg, auch wenn sich weder ihre Qualifikation noch ihre Aufgaben und ihre Verantwortung von denen der Männer unterscheiden.

Teilzeitjobs sind schlechter bezahlt

Die HIS-Absolventen-Befragungen im Auftrag des VDI beruhen auf der freiwilligen Selbsteinschätzung der Befragten. Die jüngste Gehaltserhebung von 2003 ergab: Vergleicht man Beschäftigte auf Vollzeitstellen, liegt das Entgelt der Informatikerinnen und Mathematikerinnen bei 41.800 Euro - vier Prozent niedriger als das der männlichen Kollegen. Gravierender ist der Abstand bei den Durchschnittseinkommen unabhängig vom Arbeitszeitvolumen. Hier zeigt sich, welch hohen Tribut Frauen in Teilzeitjobs entrichten: Berufsanfängerinnen mit einem Universitätsabschluss in Informatik oder Mathematik verdienen im Schnitt 37.600 Euro pro Jahr - ganze 17 Prozent weniger als ihre Ex-Kommilitonen.

Martin Hofferberth, Towers Perrin: "Frauen verdienen bis zu 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen."
Martin Hofferberth, Towers Perrin: "Frauen verdienen bis zu 28 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen."

Vergütungsstudien der Unternehmensberatung Towers Perrin bestätigen den Trend: Im speziellen IT-Gehaltsvergleich 2006 zeigte sich im Schnitt aller Funktionsbereiche, Karrierestufen und Teilbranchen, dass Frauen beim Grundgehalt um gut 22 Prozent weniger verdienen als die männlichen Kollegen. Werden die variablen Entgeltanteile einbezogen, erhöht sich die Differenz zu ihrem Nachteil auf 28 Prozent. Towers Perrin bezog bei dieser Auswertung die Daten direkt von den Unternehmen selbst - umso bemerkenswerter sind die dokumentierten Ausreißer, erläutert Vergütungsexperte Martin Hofferberth: "Firmen, die sich an unseren Gehaltsstudien beteiligen, haben in der Regel ein internes Regelwerk etabliert, um systematische Diskriminierungen in der Vergütungslandschaft auszuschließen. Dennoch untermauern die Zahlen signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede."