Sichere Jobs

Arbeitgeber Staat wird in der Krise zur Alternative

21.04.2009
Von Anja Dilk und Heike Littger
Der Staat könnte von der Wirtschaftskrise auch profitieren. Zumindest hoffen Behörden mit zahlreichen offenen IT-Stellen auf mehr Bewerber.

Arbeiten in einer Behörde? Da schütteln viele IT-Profis den Kopf. Christoph Schlimm kennt diese Skepsis. Er arbeitet beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) in der Nachwuchswerbung. In seiner Verwaltung klopfen nur selten Ingenieure an. 300 Fachkräfte aus dem Bereich Informationstechnik/Elektronik fehlen derzeit im Bundesamt, das als zivile Verwaltung der Bundeswehr die Aufgabe hat, die Streitkräfte mit Material auszustatten - Flugzeuge, Schiffe, Laster, Waffen. "Ingenieure und IT-Experten haben hier eine wichtige Schlüsselfunktion: Sie müssen der Industrie, die für uns neue Produkte entwickelt, technisch beschreiben, was wir brauchen", sagt Schlimm. Welche Klimazonen müssen die Displays aushalten? Auf welchen Weg sollen wie viele Daten sicher übermittelt werden? "Das Schöne dabei: Unsere Produkte müssen optimal funktionieren, aber wir müssen sie nicht vermarkten. Daher können wir extrem innovations- und entwicklungsorientiert vorgehen und mit Technologien arbeiten, zu denen es sonst auf dem Markt noch keine Erfahrungen gibt," wirbt Schlimm.

Vorurteile kleben wie Kleister

Das Bundesamt für Wehrtechnik ist keine Ausnahme. Längst beherbergt die öffentliche Verwaltung hochmoderne Institutionen, die auf IT-Experten dringend angewiesen sind: um Datenbanken und Netzwerke innerhalb der Behörden einzurichten und zu pflegen, um die Verwaltungen untereinander zu vernetzen, um die Software für den Einbürgerungstest zu erstellen, um biometrische Pässe oder elektronische Dienstausweise zu konzipieren. Doch das träge Image der Amtsstube klebt wie Kleister am öffentlichen Dienst: langweilige Aufgaben, Nine-to-five-Jobs, fernab des dynamischen Thrills internationaler Konzerne.

Andreas Engel kennt das Vorurteil. 20 Jahre lang hat der Professor Verwaltungsinformatik in Koblenz gelehrt. Heute leitet er das Amt für Informationsverarbeitung der Stadt Köln. Bereut hat er den "Sprung auf die andere Seite" nicht. "Es reizt mich, das praktisch umzusetzen, was ich theoretisch immer gedacht und gelehrt habe." Seine Erfahrung: "Gerade die Kommunalverwaltung ist flexibler als viele denken. Wer gute Ideen hat und die Strukturen kennt, kann auch viel bewegen.”