IBM-Benutzergruppe Guide Share Europe

Mainframe-Experten Mangelware: Zu viele Vorurteile bei deutschen Professoren

02.06.2008
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.
Auf der Jahrestagung der IBM-Benutzergruppe Guide Share Europe (GSE) in Dresden war eines von drei Leitthemen der Ausbildung des Nachwuchses für Großrechner gewidmet. Trotz guter Berufs- und Gehaltsaussichten sind junge IT-Experten für Mainframes Mangelware.

Auf der Tagung wurde der bisherige GSE-Region Manager Michael Weiß von der HUK Coburg für zwei weitere Jahre im Amt bestätigt. Neben den Themen Itil, Storage und Security sowie Compliance hatten sich die Organisatoren auch die Initiativen zur Förderung und Ausbildung des Mainframe-Nachwuchses auf die Fahnen geschrieben.

Wilhelm Spruth, Professor an der Fakultät für Mathematik und Informatik, Institut für Informatik, Abteilung Computersysteme der Universität Leipzig sagte, in Deutschland böten zirka 100 Hochschulen eine Informatikausbildung an. 50 Prozent davon seien Universitäten, die andere Hälfte rekrutierte sich aus Fachhochschulen. Lediglich 20 dieser Hochschulen würden im Zuge der Informatikausbildung auch Themen aus der Großrechnerwelt behandeln. Spruth macht für dieses Manko "die negative Einstellung zu Mainframes bei Professoren" aus. Diese sei "immer noch verbreitet". Keine Vorurteile hätten hingegen Studenten gegen die oft auch als Dinosaurier verschrienen Systeme. Das liegt nach Spruth schlicht und einfach daran, dass für Studenten etwa das Mainframe-Betriebssystem z/OS ein Fremdwort sei. Studenten haben, so der Professor, in ihrer beruflichen Ausbildung "noch nie etwas von Mainframes gehört".

Wenig Optimismus

Dementsprechend war Spruth, der früher bei der IBM gearbeitet hatte, auch nicht so optimistisch, wie erfolgreich Initiativen zur Heranbildung eines Großrechnernachwuchses "im deutschen Vaterland" sein können und werden. Er widersprach mit seinem Pessimismus den hoffnungsvollen Schilderungen von Andreas Hermelink, der bei der IBM für ein Berufsbegleitendes Nachwuchsförderprogramm mit Namen European Mainframe Academy verantwortlich zeichnet.

50 Prozent sind über 50

Wilhelm Spruth, Professor an der Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität Leipzig, ist etwas skeptisch, geht es um die Ausbildung von künftigen Mainframe-Experten.
Wilhelm Spruth, Professor an der Fakultät für Mathematik und Informatik der Universität Leipzig, ist etwas skeptisch, geht es um die Ausbildung von künftigen Mainframe-Experten.
Foto: Universität Leipzig

Wie drastisch es im Großrechnerumfeld um die mangelnde Zahl der Experten bestellt ist, zeigte Hermelink mit der Aussage auf, dass "50 Prozent der heutigen Mainframe-Experten in Deutschland über 50 Jahre alt sind". Auf die Frage, welches wesentliche Beweggründe sind, um sich im Zuge des Studiums für Großrechnerthemen zu beschäftigen, sagten auf der Tagung anwesende Studenten - übrigens ausschließlich Männer -, sie reizten besonders die Aufstiegschancen, die Gehaltsaussichten und die Herausforderungen, die mit dieser komplexen Materie verbunden seien. Sie sehen Mainframes als zukunftsträchtig an. Beispielsweise Linux oder Windows seien Mainstream-Themen, mit denen man sich nicht von der Masse der Informatik-Studenten abheben könne. Mainframes "sind da schon etwas anderes", formulierte es einer der Jungakademiker.

Insgesamt bilden momentan 20 Ausbildungsinstitute in Deutschland auch in Sachen Großrechner aus. Das sind zum einen die Universitäten in Berlin (Humboldt), Hamburg, Duisburg-Essen, Leipzig, Münster und Tübigen. Hinzukommen die Technischen Universitäten in Chemnitz, Dresden, München und Berlin. Auch bei den Fachhochschulen in Bochum, Coburg, Darmstadt, Köln, Lüneburg, Schmalkalden und Stuttgart werden Kenntnisse über die Legacy-Systeme vermittelt. Schließlich lehrt auch die Berufsakademie Mannheim (Vorlesungen) zum Thema.

Die IT Akademie Bayern als nicht universitäre Ausbildungsstätte offeriert ein "Traineeprogramm Mainframe-Experte". Hier werden in 200 Unterrichtseinheiten beispielsweise Grundlagen zu Betriebssystemen, Rechnerarchitekturen, Dateiorganisation, z/OS-Subsystemkonzepten etc. referiert. 240 Unterrichtseinheiten befassen sich mit so genannten Business Skills. Hierzu gehört Englisch genauso wie Grundlagen in Betriebswirtschaftund im Projektmanagement. Weitere 80 Unterichtseinheiten widmet die IT Akademie Bayern den Social Skills wie etwa der Teambildung.

Berufsbegleitende Ausbildung

Berufsbegleitend über 24 Monate bei acht Wochenstunden ist die "European Mainframe Academy" (EMA). Hier fungiert die EMA GmbH als Organisator, die nicht nur Dozenten stellt, sondern auch Lernmodule entwickelt und die Teilnehmer betreut. Sie kooperiert hierbei mit der IBM, der Universität Leipzig sowie Partnerunternehmen der EMA GmbH. Die Kosten für die Teilnahme an der EMA-Ausbildung sind pro Teilnehmer nicht gerade billig: Sie beginnen bei 29.000 Euro. (jm)