Rezepte gegen den Fachkräftemangel

17.10.2007
Mehr Jugendliche ausbilden, höhere Investitionen in die Weiterbildung und längerfristig die Personalplanung anlegen – all das kann helfen, den Fachkräftemangel in der IT zu lindern. Das war das Credo von Vertretern der IT-Industrie im Rahmen eines Roundtable-Gesprächs in München.

Hans-Dieter Wysuwa, seines Zeichens Managing Director Germany von Fujitsu Siemens Computers (FSC), gab schon mal die Richtung vor: 215 Lehrlinge würde sein Unternehmen ausbilden. Und weil man wieder von einem Kampf um den Nachwuchs sprechen könne (neudeutsch War for talents), wolle man sich beim Computerbauer verstärkt auch dem Thema Mitarbeiterbindung widmen. FSC weist darauf hin, dass man 1000 verschiedene Weiterbildungskurse im Portfolio habe – davon 700 allein als E-Learning-Programme.Vor allem auf das Online-Training sei man stolz: "Wir sind in der Lage, diese Kurse 365 Tage im Jahr anzubieten. Unsere Mitarbeiter absolvieren die Seminare über eine Online-Bibliothek, auf die rund um die Uhr Zugriff besteht", so Wysuwa. Ein zweiter Aspekt sei, Mitarbeitern flexible Arbeitsmöglichkeiten anzubieten, um ihre Work-Life-Balance zu organisieren. Hier gehe es vor allem darum, jungen Müttern die Chance eines Wiedereinstiegs zu geben.

Computacenter, der IT-Dienstleister aus Kerpen, versucht seine Personalprobleme unter anderem mit Trainee-Programmen zu lösen. Der Nachwuchs wird dabei als Systemberater für die Bereiche Security, Networking sowie als Acount Manager ausgebildet. "220 Stellen haben wir zu besetzen, und wir finden keine Mitarbeiter", sagt Geschäftsführer Oliver Tuszik. Er sucht vor allem Mitarbeiter, die "den Kunden in allen Bereichen betreuen können, von der Beratung, Konzeption, Budgetierung, Implementierung bis hin zum Betrieb der Lösung". Er erwartet einen guten Hochschulabschluss, praktische Berufserfahrung und gute Englischkenntnisse. Besonderen Wert lege man aber auf "ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit und Teamgeist". Um das Unternehmen attraktiv für karriereorientierte Bewerber zu machen, verweist Personaler Thomas Leibfried auf den sogenannten strukturierten Performance- und Development-Review-Prozess (P&D). Einmal jährlich findet ein P&D-Gespräch statt zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem. Dabei wird über den Wissensstand und die Entwicklungsmöglichkeiten des Beschäftigten gesprochen sowie Ziele festgelegt. Ziel ist, besonders talentierte Mitarbeiter frühzeitig zu identifizieren und in ein Talentförderprogramm zu stecken.

Der Netzwerkgigant Cisco hat das Lehrangebot seiner Network Academy aufgefrischt und hofft so, mehr junge Leute zu erreichen. Im Mittelpunkt stehen die Zertifizierungsprogramme, die laut Aussage von Personalchef Guido Wallraff "inhaltlich stark erweitert und didaktisch aktualisiert" wurden. Mit einem stärker differenzierten Angebot wolle man neue Zielgruppen erreichen. Fakt ist, dass die Cisco-Zertifizierungen einen hohen Stellenwert am Arbeitsmarkt genießen und dass sie im Gehaltspoker den entscheidenden Pluspunkt ausmachen können.

Keinen Fachkräftemangel kann Robert Helgert, Direktor Mittelstand und Partner bei Microsoft, ausmachen. Sein Unternehmen habe eine Fluktuationsrate unter einem Prozent und in der Personalabteilung laufen stapelweise Bewerbungen ein. Sehr wohl aber sieht er, dass die vielen Microsoft-Partner Mitarbeiter benötigen "sogar mehrere tausend", und deshalb habe sich der Softwareriese entschieden, ihnen zu helfen. So wurde Ende September auf einer Partnerkonferenz der Startschuss für ein Jobportal für IT- und Vertriebspezialisten gegeben. Dieses ist spezialisiert auf Arbeitsstellen im Umfeld von Microsoft-Lösungen.

Unabhängig von diesen Projekten wiesen Teilnehmer noch auf zwei wichtige Aspekte in der Diskussion um den Fachkräftemangel hin. Wysuwa und Tuszik wünschen sich, dass die Firmen der IT-Branche es schaffen, eine längerfristige Personalplanung zu organisieren. Das helfe dem Renomee und den Mitarbeitern und solchen, die noch in dieser Industrie arbeiten wollen am meisten. Und schließlich folgte noch ein leidenschaftlicher Appell vom dreifachen und in Elterninitiativen engagierten Vater Tuszik: Jeder in der IT-Branche müsse für die Attraktivität dieser Industrie und die vielfältigen und abwechslunsgreichen Jobmöglichkeiten werben und weniger auf Schule, Lehrer und die Politik schimpfen. (hk)