Osteuropäer locken mit billigen IT-Diensten

20.07.2004
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Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Die osteuropäischen Länder bieten sich zunehmend als mögliche Standorte für den IT-Betrieb an. Neben den günstigen Kosten ist vor allem die Möglichkeit, schnell auf Kapazitätsschwankungen zu reagieren, das wichtigste Argument für die Verlagerung von Arbeit.
Russland dominiert den Nearshore-Markt. Weitere Länder wie Polen, Tschechien und Ungarn bieten sich insbesondere für hiesige Unternehmen an, weil sie oft deutschsprachige Mitarbeiter beschäftigen (Foto: IBM Deutschland)
Russland dominiert den Nearshore-Markt. Weitere Länder wie Polen, Tschechien und Ungarn bieten sich insbesondere für hiesige Unternehmen an, weil sie oft deutschsprachige Mitarbeiter beschäftigen (Foto: IBM Deutschland)

Wohin gehen, wenn ein neues Call-Center errichtet werden soll? Der IT-Dienstleister EDS Deutschland stand vor eben dieser Frage und rechnete nüchtern die Varianten Deutschland und Ungarn durch. Der Anbieter kam dabei zu einem Ergebnis, das nicht so eindeutig ausfiel, wie angesichts der verbreiteten Diskussion um Arbeitsplatzverlagerungen zu erwarten wäre. Verglichen wurden die Standorte Cottbus und Budapest. "Das Lohnniveau in Ungarn ist gemessen an Deutschland etwa 20 bis 30 Prozent günstiger", bilanziert Hagen Rickmann, als Vice President bei EDS für das Portfolio-Management in Zentraleuropa zuständig. "Allerdings beträgt die Inflationsrate in Ungarn etwa acht bis zehn Prozent, und in Deutschland beläuft sich auf knapp 1,2 Prozent. Bedingt durch die Teuerungs- und Lohnsteigerungsrate wird Ungarn den Kostenvorteil in zwei bis drei Jahren aufgezehrt haben."

Flexibilität entscheidet

Für Cottbus sprachen die günstigeren Büromieten und dass es dort leichter wäre, für den Telefondienst Mitarbeiter zu finden, die akzentfrei Deutsch sprechen. Außerdem gab es Zusagen des Landes Brandenburg und der Stadt, Zuschüsse zu den Investitionen zu gewähren, sowie weitreichende Hilfsangebote etwa für die Mitarbeiter- und Immobiliensuche.

Dennoch hat sich EDS in einem ersten Schritt dazu entschlossen, den User Helpdesk für die PC-Betreuung der Kunden in der ungarischen Hauptstadt zu errichten, weil Nutzer von technischen Diensten wie Helpdesk-Services weniger Wert auf akzentfreie Sprache legen. "Wir sind dort flexibler und können schneller auf Kapazitätsschwankungen reagieren. Erfahrungsgemäß unterliegt das Geschäft mit User-Helpdesk-Services schnellen Änderungen", argumentiert Rickmann. Im Klartext heißt dies, man bekommt Mitarbeiter leichter wieder los als in Deutschland.