Frank Naujoks, IDC

Lohnt sich Kundenbegeisterung überhaupt?

25.03.2008
Von Frank Naujoks
Kunden zu behalten ist oft lukrativer als Neukunden zu gewinnen. Gerade in gesättigten Märkten ist Neuakquise ein sehr teures Vergnügen. Zur Kundenbindung gehören begeisternde Mitarbeiter, eine flexible Organisation und gute IT-Systeme.

Immer wieder betonen Unternehmen, dass sie ihre Kunden begeistern, derenErwartungen übertreffen wollen. So rangiert laut eigenen Angaben bei der Deutschen Post der Erfolg des Kunden noch vor dem Erfolg des Konzerns, bei Audi bestimmen die Wünsche und Emotionen der Kunden das Handeln, und bei Nestle steht der Verbraucher im Mittelpunkt.

Doch den schönen Worten sollten auch Taten folgen. Es ist ein mit 30 Prozent Aufschlag teuer bezahltes Service-Angebot der Deutschen Post, wenn sich Kunden auch Pakete abholen lassen können und sie nicht selbst zur nächsten Poststation tragen müssen. Doch dann muss dieser Service auch funktionieren und das Paket tatsächlich abgeholt werden. Stellt der Postkunde aber fest, dass er umsonst zwölf Stunden auf den Abholservice gewartet hat, einen saftigen Aufschlag gezahlt hat und dann auch noch das Paket selbst auf die Reise bringen muss, dann sieht er, vorsichtig ausgedrückt seine Erwartungen nicht erfüllt. Über Begeisterung muss sich die Deutsche Post in diesem Fall erst einmal keine Gedanken machen.Gute Erfahrungen werden im Schnitt drei Mal, schlechte Kundenerlebnisse mehr als 30 Mal weitererzählt.

Wenn die Leistungsversprechen eingehalten werden, die das Unternehmen macht, ist der Kunde zufrieden. Begeisterung fängt erst dann an, wenn diese Versprechen erfüllt sind und dann noch ein Bonbon dazu gegeben wird. Gewerbliche Kunden bewerten beispielsweise die Leistungen eines Lieferanten nach ihrem Nutzen für die Unternehmensziele. Je größer dieser Beitrag ist, desto weniger fangen Kunden an, über den Preis zu verhandeln.

Dazu müssen Verkäufer aber wissen, was dem Kunden wichtig ist und wofür er bereit ist, überdurchschnittlich viel Geld auszugeben. Entsprechend sehen dann auch die Gewinnbeiträge der Zusatzleistungen aus. Automobilherstellern ist es gelungen, für fest eingebaute Navigationssysteme Preise zu erzielen, die durchaus zehnmal höher sind als die von mobilen Systemen mit vergleichbarer Leistung. Der Vorteil eines integrierten Systems scheint den Käufern diese enorme Differenz wert zu sein. Begeistert dürften allerdings die wenigsten Kunden über den Aufschlag sein.

Zufrieden ist nicht treu

Selbst wenn Kunden zufrieden sind, sind sie noch nicht treu. Diese Erkenntnis ist für kundenorientierte Unternehmen, die zufriedene Kunden haben, nicht erfreulich. Manche Kunden sind treu aus Bequemlichkeit. Davon leben beispielsweise Abonnementverkäufer. Es werden Werbeprämien bis zum Preis des Abonnements angeboten, nur um Auflage vorweisen zu können. Die Kalkulation der Verlage geht aber nur auf, wenn der Kunde länger als die Mindestvertragslaufzeit dabeibleibt. Sonst müssen immer neue Prämien den abgesprungenen Kunden zurückgewinnen. Ähnlich überbieten sich derzeit die Banken mit Abschlussprämien, höheren Zinssätzen für Neuanleger und Empfehlungsprämien. Treue Kunden bekommen die höheren Zinssätze jedoch nur auf intensive Nachfrage angeboten. Unternehmen belohnen durch solches Verhalten nicht Kundentreue, sondern erziehen ihre Zielgruppe dazu, möglichst oft Neukunde zu sein. Um Kundenbegeisterung zu erzeugen, ist dies sicher der falsche Weg. Denn der Kunde hat kaum noch Gelegenheit, sich mit den Produkten zu identifizieren. Es lauert ja schon die nächste Wechselprämie.