Urteile im IT- und Internet-Recht


 
4/10
Online-Durchsuchungen sind verfassungswidrig
Der Fall: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 über die Vereinbarkeit der gesetzlichen Ermächtigung zu so genannten „Online-Durchsuchungen“ für den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen mit dem Grundgesetz zu entscheiden. Bei der Online-Durchsuchung geht es um den heimlichen Zugriff auf IT-Systeme, in der Regel also auf mit dem Internet verbundene Computer. Heimliche Zugriffe sind Maßnahmen, bei denen etwa Spyware (wie etwa der „Bundes-Trojaner“) auf einen Computer eingeschleust wird, um dessen Inhalte zu durchforsten.

Die Entscheidung: Das BVerfG sieht in seiner Entscheidung die fraglichen Normen als verfassungswidrig und damit als nichtig an. Es begründet dies mit einem Verstoß gegen das von dem obersten Gericht neu geschaffenen „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“. Nach Ansicht des Gerichts kann eine Online-Durchsuchung zwar grundsätzlich (etwa zur Prävention von Terrorismus) erforderlich und geeignet sein. Jedoch sei eine heimliche Online-Durchsuchung aufgrund des tief greifenden Eingriffs in die Grundrechte der Betroffenen nur unter ganz engen Voraussetzungen auch angemessen.

Das neue IT-Grundrecht: In seiner Grundsatzentscheidung entwickelt das Bundesverfassungsgericht ein neues „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“. Damit stellt es klar, dass die Nutzung von IT-Systemen für die Lebensführung vieler Bürger von zentraler Bedeutung ist. Auf den Rechnern speichern sie zum Teil streng vertrauliche Inhalte gleich einem Tagebuch sein. Heimliche Zugriffe können mehr über die jeweilige Person offenbaren als das Abhören der Telekommunikation, da die Daten länger verfügbar sind – daher das neue Grundrecht, das genau den Schutz dieser Daten vorsieht. Allerdings wird dieses Grundrecht (wie die meisten anderen Grundrechte auch) nicht schrankenlos geschützt. Aufgehoben wird es, wenn etwa Leib, Leben und Freiheit einer Person gefährdet ist. Etwaige Eingriffe dürfen erst nach einer Anordnung durch einen Richter erfolgen. Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht einmal mehr klargestellt, dass nicht alles, was technisch möglich ist, rechtlich auch erlaubt ist.
(Foto: ka)