kleine intranet-schmiede mit herz für die mitarbeiter

Zwei Wochen Karibik auf Kosten des Hauses

20.10.1999
Auf große Freiräume für seine Mitarbeiter setzt der MünchnerIntranet-Spezialist 2CK. Nur so kann er im Wettbewerb mit den Großen gute Mitarbeiter anheuern.

überkommenen modellen und Philosophien sagen nur wenige Unternehmen ade. Als wäre die Zeit stehengeblieben: Kernarbeitszeiten, rigide Urlaubsregelungen oder patriarchalisches Herumkommandieren und Nachschnüffeln bestimmen noch immer den Alltag der meisten Arbeitnehmer. Auch für viele Informatiker gilt: Erst wird der rote Teppich ausgerollt, dann herrscht graues Einerlei.

Nicht so bei der 2CK Software AG in München. Beim Intranet-Spezialisten ist es völlig normal, daß man nachmittags um halb vier zur Arbeit erscheint oder einfach den Griffel fallen läßt, um sich an den Badesee zu legen. "Was wir unseren Kunden verkaufen, setzen wir zuerst im eigenen Hause um", argumentiert Vorstand Christoph Köberle, 34. Effizientes Informations-Management setzt offene Strukturen voraus: Wer sich engagiert, darf auch fordern.

Zusammen mit seinem Ex-Kommilitonen Christian Koch, 34, gründete der Informatiker 1994 das Unternehmen, das sich mit Internet-Dienstleistungen seine ersten Sporen verdiente. Anfang 1999 der große Tusch: 2CK bringt ihr erstes Produkt, den Active Corporate Information Pool (Acip), auf den Markt und wandelt sich von der GmbH zur AG. 40 Mitarbeiter ziehen inzwischen an einem Strang, und der Umsatz soll von rund 5,6 in 1999 auf etwa zehn Millionen Mark im nächsten Jahr steigen. Klar, daß auch der Börsengang anvisiert wird.

Eltern wollten einenehrlichen Arbeitgeber

Mit einem hohen Vertrauensvorschuß starten die Softwerker ihre Expansion, die sich auch international fortsetzen soll. Wer sich indes als Kunde für das 2CK-Angebot entscheidet, gibt ein klares Votum ab: Die Lösung kann nur funktionieren, wenn die Unternehmen alle Informationsschleusen öffnen und auch externes Wissen publizieren. Koch: "Wer 100 Intranet-Server aufbaut, damit sich jede Abteilung von der anderen abschotten kann, erweist der geforderten offenen Informationskultur einen Bärendienst."

Koch ist überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein; die Entwicklung vom Informations- zum Wissens- und Content-Management sei nicht mehr aufzuhalten. Unternehmen, die den Web-Zugriff nur einem Bruchteil ihrer Mitarbeiter erlauben, werden umdenken müssen.

Offen und vor allem unkompliziert geht es bei 2CK zu. Besonders attraktiv ist die flexible Arbeitszeitgestaltung. "Jeder soll arbeiten, wann er kann", sagt Köberle, der auch Personalverantwortung trägt. Wozu ein Zeitkorsett, das erfahrungsgemäß Gift für jeden kreativen Geist ist? Jeder Mensch habe individuelle Tagesrhythmen, die ein Unternehmen nicht ignorieren könne.

Alexander Schwenk, 26, kommt im Sommer in aller Frühe zur Arbeit; werden die Tage wieder kürzer, fährt er später los. "Nur bei wichtigen Terminen und Besprechungen gibt es keine Ausnahme", sagt der Informatiker, der im Sommer sein Studium an der Technischen Universität München abschloß und schon als Werkstudent bei 2CK gutes Geld verdiente. Daß der Wunsch seiner Eltern, er möge doch zu Siemens oder IBM gehen, nicht in Erfüllung ging, schreibt er vor allem dem lockeren Arbeitsklima und den interessanten Aufgaben zu. "Hier bin ich kein kleines Rädchen, sondern kann vom ersten Tag an etwas bewegen und aufbauen."

Doch für ein kleines Unternehmen wie 2CK ist es nicht leicht, junge und "hungrige" Mitarbeiter zu gewinnen. Für eine Anzeigenkampagne fehlt das Geld, und auch im Hochschul-Marketing muß man gegenüber der Konkurrenz von Microsoft und Co. kleine Brötchen backen. Kein Wunder, daß sich Köberle viel von der Online-Bewerbung verspricht. Ein Beispiel gefällig? Anfang des Jahres bewarben sich gleich drei Informatiker, die gemeinsam von ihrem alten Job Abschied nehmen wollten. Heute sind sie verantwortlich für den Aufbau der Berliner Niederlassung.

Praktikanten sind die besten Botschafter

Am meisten profitieren Koch und Köberle aber von ihren Mitarbeitern, die sich bei der Kollegensuche mächtig ins Zeug legen. Begeisterte Praktikanten und Werkstudenten sind die besten Botschafter, sobald sie sich wieder in den akademischen Betrieb einfädeln. Jeder sei bisher zurückgekehrt, um eine Diplomarbeit zu schreiben oder gleich für den Ernst des Lebens anzuheuern, versichert Köberle. Damit sich die Kollegen auch künftig für ihren Arbeitgeber stark machen, haben sich die Vorstände einen besonderen Clou einfallen lassen: Wie bei einer Le-serwerbung winken attraktive Prämien. Wer seinen Kumpel unterbringt, kann für zwei Wochen auf Kosten des Hauses in die Karibik düsen.

Unkompliziert wie der Einstieg sind auch die weiteren Stationen, im Unternehmen Fuß zu fassen. Ein buntes Gemisch aus Informatikern, Physikern, Biologen und Architekten prägt das Bild. Wer allerdings auf eine langwierige Weiterbildungsphase baut, ist fehl am Platz. "Von der Theorie zu kommen und nahtlos wieder in die Theorie zu wechseln ist der falsche Weg", kritisiert Köberle die Praxis vieler Unternehmen. Bei 2CK soll der Nachwuchs so schnell wie möglich am "produktiven Leben" teilhaben. Vom ersten Tag an arbeitet man im Team und muß schnell erste "Module" übernehmen - eben "learning by doing." Eh´ sich der Youngster versieht, trägt er schon Verantwortung für ein kleines Projekt.

Daß ihm pures Programmieren nicht langt, hat auch Schwenk schnell herausgefunden. Ihn reizt mehr die Planung, das konzeptionelle Vorgehen und der Dialog mit dem Kunden. Dafür hängt er sich richtig rein. Die Gefahr, früh auszubrennen, ist bei 2CK gebannt. Wer sich zu verausgaben droht, kann eine längere Auszeit nehmen. In den Verträgen ist eine Jahresarbeitszeit festgelegt, der Weg dorthin individuell verschieden. Wer besonders geschuftet hat, nimmt sich ein "Sabbatical" und legt sich das ganze Jahr auf die faule Haut.

*Winfried Gertz ist freier Journalist in München.