Zwei starke Konkurrenten streiten um Marktanteile Oracle schickt Gegenspieler zum Back-Office-Paket ins Rennen

24.11.1995

Von CW-Mitarbeiterin Sabine Ranft

MUENCHEN - Seit ueber einem Jahr wirbt Microsoft mit dem Back- Office-Konzept. Nun springt Oracle mit einer Suite fuer Workgroup- Server auf diesen Zug auf, um Microsoft den Markt nicht allein zu ueberlassen.

Nach Einschaetzung von Luis Praxmarer, Geschaeftsfuehrer der Meta- Group GmbH in Muenchen, hat Oracle aufgrund der Dominanz im Datenbankbereich eine gute Ausgangsposition. Microsoft versuche, seine Staerke im Desktop-Geschaeft als Sprungbrett in den Bereich Workgroup-Server zu benutzen und habe dadurch eine starke Stellung. Fuer Oracle bedeutet das Produkt mit dem Projektnamen "Bandwagon" den ersten Schritt in den Groupware-Markt.

Microsoft wird seine Suite Back Office voraussichtlich noch dieses Jahr in Deutschland auf den Markt bringen. Damit ist man der Konkurrenz eine Nasenlaenge voraus, denn Oracle plant die Ankuendigung des Pakets Bandwagon erst fuer Januar 1996. In Deutschland erscheint das Produkt schaetzungsweise im Mai naechsten Jahres.

Diesen Nachteil versucht Oracle wettzumachen, indem das Unternehmen Bandwagon fuer verschiedene Plattformen anbietet, zuerst fuer Unix-Derivate des Sunsoft-Unix "Solaris". Spaeter soll unter anderem Windows NT hinzukommen. Microsoft dagegen will lediglich sein eigenes Betriebssystem Windows NT Server unterstuetzen.

Oracle bietet Workflow-Tools

Die Suite von Oracle soll auf der Server-Seite aus der Datenbank "Oracle 7", einer Messaging-Komponente, einem Toolkit fuer Oracle- Websurfer, Gateways sowie Komponenten fuer das Dokumenten- Management und die Textrecherche bestehen. Auf der Client-Seite koennen ueber Application Programming Interfaces (APIs) Anwendungen wie Oracle-Development-Tools, aber auch Microsoft-Applikationen eingebunden werden.

Die Back-Office-Suite von Microsoft enthaelt als Komponenten den NT-Server, die Datenbank SQL Server, den Systems Management Server zur Verwaltung der PCs im Netz, den SNA Server als Gateway zur Mainframe-Welt und den Mail Server, der spaeter durch den Exchange Server ersetzt werden soll. Die einzelnen Produkte sind schon auf dem Markt, neu ist nur ihre Buendelung.

Zweifelhaft bleibt jedoch, ob die Benutzer den Groupware-Servern grosse Bedeutung zumessen: "Anwender sind gar nicht an Server- Suiten interessiert", urteilt Hugo Toledo, Senior Consultant bei der Saraswati Systems Corp., Chikago. "Einige unserer Kunden haben so viel Geld in Management-Tools und andere Komponenten investiert, dass sie jetzt vor einem Wechsel zurueckscheuen." Hinter vorgehaltener Hand raeumen selbst Microsoft-Mitarbeiter ein, dass die Buendelung zum Back-Office-Paket vor allem als Marketing-Aktion verstanden wird.

Ein anderes Argument gegen die Server-Suites vertrat ein IS- Manager von einer Wallstreet-Investmentbank: Das Unternehmen bevorzuge individuelle Loesungen, die den unterschiedlichen Zielen in den einzelnen Geschaeftsbereichen Rechnung tragen.

Thomas Baumgaertner, Pressereferent bei der Microsoft GmbH in Unterschleissheim, aeusserte sich zufrieden mit dem bisherigen Erfolg der Einzelprodukte. Allerdings nennt er keine Umsatzzahlen, sondern verweist auf das bis Ende 1994 weltweit zirka 300000 mal verkaufte NT-Server-Betriebssystem. Obwohl der Marktanteil von Oracle bei den Datenbank-Servern bisher weit groesser ist als der von Microsoft, sieht Baumgaertner sein Unternehmen im Aufwind, weil die Standardsoftware R/3 von SAP jetzt unter Windows NT mit der SQL-Datenbank laeuft.