Unisys braucht Partner für schlüsselfertige Lösungen

Zwei neue Geschäftsbereiche installiert

03.11.1989

MÜNCHEN (CW) - Seit dem 1. September hat die Unisys Deutschland GmbH einen neuen Geschäftsführer: Götz H. Siebrecht, der ein Vierteljahrhundert, zuletzt als Leiter der Region Südwest, auf der IBM-Lohnliste stand. Am Rande der SYSTEMS sprachen die CW-Redakteure Karin Quack und Heinrich Seeger mit dem frischgebackenen Unisys-Chef.

CW: Sie haben 25 Jahre für die IBM gearbeitet. Was hat Sie bewogen, die Fronten zu wechseln?

Siebrecht: Die IBM ist ein Riesenunternehmen mit 388 000 Mitarbeitern. Wenn ich die IBM mit einem Tanker vergleiche, dann entspricht Unisys mit rund 80 000 Unternehmensangehörigen einem Schnellboot.

CW: Das Schnellboot hat allerdings ein Leck; im Hinblick auf die Umsätze des vergangenen Jahres kann man wohl kaum behaupten, Sie würden sich ins gemachte Nest setzen.

Siebrecht: Natürlich ist jeder Anfang eine Herausforderung. Ich sehe aber für Unisys gewaltige Marktchancen, die wir durch entsprechende Investitionen auf der einen und Einsparungen von rund 400 Millionen Dollar, auf der anderen Seite nutzen wollen.

CW: Wo werden Sie einsparen und wo investieren?

Siebrecht: Wir haben eine Menge überflüssiger Produktionskapazitäten; die wollen wir abbauen. Investiert werden muß in Organisation und Skills. Glücklicherweise ist Unisys nicht so groß, daß wir jeden Markt abdecken müssen. Wir können uns auf zukunftsträchtige Marktbereiche konzentrieren: Das heißt vor allem: Unisys geht den Unix-Weg.

CW: Unisys hat neben Unix auch drei Proprietary-Betriebssysteme und die von Convergent ererbte CTOS-Linie im Angebot. Wollen Sie alle diese Betriebssysteme durch Unix ersetzen?

Siebrecht: Das wollen wir keineswegs, auch wenn wir bereits Unix als Subsystem auf unseren Mainframes anbieten. Vielmehr haben wir vor, auch die anderen Betriebssysteme weiterzupflegen.

CW: Im Hinblick darauf, daß der Mainframe-Markt zusehends enger wird: Welchen Stellenwert räumen Sie den Großrechnern innerhalb Ihrer Unternehmensstragie ein?

Siebrecht: Meiner Ansicht nach müssen sich unsere Mitarbeiter in Sachen Mainframe-Verständnis noch erheblich emanzipieren. Da gibt es viel zu viel Respekt vor der vermeintlich übermächtigen Konkurrenz.

CW: Nun wollen Sie den Kunden erklärtermaßen mehr als nur "Kisten" anbieten. Wieviel Anteil haben die Bereiche Software und Service am Unisys-Geschäft?

Siebrecht: Sie haben recht. Der Markt verlangt Lösungen aus einer Hand. Die Informationstechnik ist schließlich kein Selbstzweck. Wir haben auf diese Nachfrage reagiert, indem wir hierfür zunächst einen eigenen Geschäftsbereich, nämlich die "Complex Systems Organisation", installiert haben. Aus diesem Bereich wollen wir ab 1990 etwa 15 Prozent unseres Umsatzes generieren. Mit dem reinen Software- und Service-Geschäft erzielen wir derzeit rund 30 Prozent unseres Deutschland Umsatzes.

CW: Um komplette Lösungen anbieten zu können, braucht Unisys Partner. Können Sie hier schon Namen nennen?

Siebrecht: Wir machen kein Hehl daraus, daß wir derzeit noch nicht genügend Partner haben. Wir bemühen uns jedoch darum. Zu diesem Zweck haben wir einen weiteren neuen Geschäftsbereich mit der Bezeichnung "Indirect Channels" gegründet.

CW: Nach dem Sperry-Burroughs-Merger hatte Unisys über 100 Mitarbeiter; Ende des kommenden Jahres sollen es nur noch 80 000 sein. Weshalb streicht ein Unternehmen innerhalb von dreieinhalb Jahren 20 Prozent der Stellen.

Siebrecht: Wenn zwei Unternehmen fusionieren, entsteht ein Overhead, der noch größer ist als der in den Einzelunternehmen. Hier feiert Parkinson wahre Orgien. Also mußten wir diesen Overhead abbauen. Außerdem haben wir Produktionsstandorte zusammengelegt, die auf dasselbe Marktsegment abzielten.

CW: Rund 8000 der zur Kürzung vorgesehenen Stellen sind derzeit noch besetzt. Auf welche Weise wollen Sie die betroffenen Jobs streichen?

Siebrecht: Wir wollen verstärkt zum Mittel der Frühpensionierung greifen, also Angebote zum freiwilligen Ausstieg machen. Daneben wird es auch zu Reduktionen durch natürliche Fluktuation kommen.

CW: Sind über 1990 hinaus weitere Job-Kürzungen geplant?

Siebrecht: Nein, wir wollen auf diesem Personalstand bleiben. Aber wir werden weiterhin unsere Kosten senken müssen. Schließlich blieb auch Unisys nicht von den Wachstumsrückgängen verschont, die in der IT-Branche bereits seit drei Jahren gang und gäbe sind.

CW: Für den Mainframe-Markt gilt das sicherlich. Für den Unix-Bereich sind solche Wachstumsrückgänge relativ neu. Ist der Unix-Markt ein Markt wie jeder andere?

Siebrecht: Keineswegs. Die dort erzielten Wachstumssteigerungen beweisen das Gegenteil. Aus diesem Grund werden wir auch künftig auf Unix setzen.