Weiterbildungs-Studie des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) macht deutlich:

Zuwachsraten bei DV-Prüfungen steigen weiter

06.09.1985

BONN (lo) - Für die Zukunft im Beruf spielt lebenslanges Lernen eine zunehmend wichtige Rolle - gerade beim Wandel vieler Berufsbilder durch moderne Technik. Ein Bericht des Deutschen Industrie- und Handelstages (DIHT) über Berufs- und Weiterbildung 1984/85 belegt dies anschaulich: Die Zuwachsraten bei IHK-Prüfungen im Sektor DV liegen weit über dem Durchschnitt.

An den Weiterbildungsprüfungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) nahmen im vergangenen Jahr 51 694 Erwachsene teil, drei Prozent mehr, so das DIHT-Fazit, als 1983. Die Bundesanstalt für Arbeit wendete nach eigenen Angaben für berufliche Fortbildung, Umschulung und Einarbeitung in diesem Rahmen insgesamt 3,15 Milliarden Mark auf.

Bei der Aufstiegsbildung - hier soll der Teilnehmer berufliche Qualifikationssprünge auf ein höheres Niveau erzielen - entwickelte sich die Anzahl kaufmännischer und technischer Prüfungen gegenteilig. Während bei den Kaufleuten ein Plus von sechs Prozent gemeldet wurde, wies der technische Bereich ein Minus von über neun Teilpunkten auf. Diesen Rückgang sieht der DIHT jedoch als einmalig an. Der Bestand an Teilnehmern etwa in den IHK-Meisterlehrgängen sowie die Zuwachsraten deuten nach Ansicht der Bonner Bildungs-Analysten darauf hin, daß sich die Prüfungszahlen insgesamt wieder nach oben bewegen werden. Für die vergangenen zehn Jahre weise der Trend einen "beträchtlichen Anstieg" auf.

Neue Technik ist wichtigstes Prüfungsthema

Weit über dem Durchschnitt lagen für das Vorjahr die Zuwachsraten im Bereich der DV-Prüfungen. Hier betrug die Steigerung rund 27 Prozent.

Diese Entwicklung deutet auf einen hohen Bedarf der Unternehmen an DV-Qualifikationen hin, kommentiert der DIHT. Dies will diese Organisation der Wirtschaft auch im Ausbau weiterer Bildungsgänge berücksichtigen. So zeichne sich in Gesprächen mit der Gewerkschaft ab, daß auch die Prüfung zum Organisationsprogrammierer demnächst flächendeckend über die Industrie- und Handelskammern abgeschlossen werden könne.

Im Bereich der Anpassungsbildung - also Fortbildungsbausteinen bei den Kammern oder freien Bildungsträgern mit Zertifikat, aber ohne Prüfung - ergab sich ein eindeutiges Übergewicht des Veranstaltungszuwachses sowie der Teilnehmerzahl von gut 20 Prozent im technischen Sektor gegenüber einen halben Prozentpunkt im kaufmännischen. Zugewinne entfielen vor allem auf Themen aus dem Bereich "neue Technik": NC-Technik, CAD, wie auch Steuerungs- und Mikroprozessortechnik einschließlich spezieller Kurse für Führungskräfte verzeichneten überproportionale Steigerungen - teilweise bis 120 Prozent. Bei kaufmännischen Seminaren waren ebenfalls EDV, Bürokommunikation sowie Btx neben Unternehmensführung und Absatzwirtschaft stark gefragt.

Die Auswertung der Ergebnisse des Bonner Institutes mit Blick auf den Berufserfolg zeigt, daß für jüngere Teilnehmer finanzielle Anreize, für ältere Absolventen die bessere Bewältigung beruflicher Aufgaben eine Rolle spiele. Das Durchschnittsalter der Prüfungsteilnehmer sank in den vergangenen zehn Jahren, der Anteil der Frauen, besonders an der kaufmännischen Weiterbildung, nimmt ständig zu. Bei den Prüfungsvorbereitungen überwog nach Erkenntnissen des DIHT der berufsbegleitende Lehrgang mit 75 Prozent. Die Dominanz der Teilzeitbildung fördere durch ständigen Kontakt zur betrieblichen Wirklichkeit, so die Sicht der DIHT-Fachleute, die Praxisnähe der Weiterbildung und ihre Akzeptanz in der Wirtschaft.

Gegen Weiterbildung durch Unis zum "Nulltarif"

Reserviert steht der DIHT allerdings Entwicklungen gegenüber, nach denen Hochschulen künftig auch als Anbieter von beruflicher Weiterbildung auf dem Markt auftreten sollen. Es wird befürchtet, daß offene Kapazitäten der akademischen Lehranstalten auf den freien Markt wettbewerbsverzerrend wirken könnten. Der beruflichen Weiterbildung - "im Grunde eine marktmäßige Veranstaltung" - drohe möglicherweise durch einen "Uni-Nulltarif" für den Wettbewerb Gefahr, äußert besorgt der Deutsche Industrie- und Handelstag. Diese müßten Universitäten wie auch Politiker rechtzeitig erkennen.