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12.10.2010
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Wird es Microsoft gelingen, mit Windows Phone 7 wieder Anschluss im Smartphone-Markt zu finden? Die nächsten Wochen und Monate sind entscheidend.

Binnen 18 Monaten hat es Microsoft geschafft, mit Windows Phone 7 ein neues mobiles Betriebssystem aus dem Boden zu stampfen und auf den Markt zu bringen. Ziel war es, mit einem völlig neuen Design und besonders einfacher Benutzerführung Konkurrenzsystemen wie i(Phone) OS und Google Android Paroli bieten zu können. Der Druck auf Redmond, verlorenes Terrain gutzumachen, ist enorm: Laut Berechnungen von Gartner hat sich der Marktanteil von Microsoft bei mobilen Betriebssystemen in diesem Jahr erneut fast halbiert und ist von 8,7 auf 4,7 Prozent gesunken. Schuld an dieser Abwärtsentwicklung ist allerdings nicht nur der Umstand, dass der Softwareriese – wie die Chefetage mehr als einmal reumütig bekannte – einen kompletten Produktzyklus im Smartphone-Geschäft verschlafen hat. Nachdem Steve Ballmer auf dem Mobile World Congress im Februar ankündigte, mit Windows Phone 7 alle Brücken zum Vorgänger abzubrechen, dürfte selbst den treuesten Anhängern das Interesse an den zu Auslaufmodellen deklarierten Windows-Mobile-Geräten vergangen sein.

Eigenständiger Charakter

Trotz des Anspruchs, mit Windows Phone 7 zur Konkurrenz aufzuschließen und sie womöglich sogar zu überholen, ist das mobile Betriebssystem kein bloßer Mischmasch aus Elementen von i(Phone)OS, Google Android oder Palm WebOS, sondern besitzt durchaus einen eigenen Charakter. Neu sind beispielsweise die so genannten Live Tiles auf dem Homescreen, die Informationen aus verschiedenen Quellen bereitstellen, ohne dass der Nutzer dazu eine Anwendung öffnet.

Ebenfalls charakteristisch für Windows Phone 7 sind die Hubs, die Funktionen verschiedener interagierender Apps themenspezifisch zusammenfügen. So werden im People Hub – anlehnend an Konzepte wie HTC Sense oder Motorola Blur – automatisch alle Informationen zu Kontakten zusammengestellt.

Statt Apps-Mosaik Tiles und Hubs

Der Nutzer bekommt eine einheitliche Sicht auf Kurzmitteilungen, E-Mails und Statusmeldungen – aber auch auf Videos und Bilder einer Person. Mit People, Picture, Games, Music & Video, Marketplace und Office stellt Microsoft selbst sechs solche Hubs bereit, Software- und Hardwarepartner können weitere ergänzen. Außerdem fährt der Konzern gegen die Konkurrenten iPhone und Android Geschütze wie die bereits im Markt etablierten Dienste Xbox Live, Zune und andere Cloud-Services auf und setzt auf drahtlose Synchronisation. "Das Smartphone ist nur die Hälfte des Lieferumfangs", so Frank Fischer, Leiter des Geschäftsbereichs Mobile Communications bei Microsoft Deutschland.

Zumindest in einem Punkt erinnert Windows Phone 7 aber doch stark an das Apple iPhone der ersten Generation: Da das Augenmerk zunächst auf private Nutzer gelegt und die Zeit offenbar knapp wurde, werden zum Launch Ende Oktober die an Windows Mobile geschätzten Business-Features wie vollständige Verschlüsselung, Device-Management oder VPN-Unterstützung fehlen. Außerdem können wegen potenziell negativer Auswirkungen auf Rechen- und Akkuleistung keine Drittanwendungen im Hintergrund laufen – kein Multitasking also vorerst für Windows Phone 7. Push Notification wird indes unterstützt. Die fehlenden Funktionen sollen jedoch genauso wie etwa Copy & Paste oder Flash-Unterstützung im Rahmen späterer Updates nachgeliefert werden. Da Microsoft davon ausgeht, dass die Windows Phones wie einst das Apple iPhone über die privaten Nutzer den Weg in die Unternehmen finden werden, ist auch ein Konzept zur Entwicklung und Verteilung von Inhouse-Apps in Planung.

Auch aus dem Debakel mit den oft langsamen, schlecht ausgestatteten Endgeräten hat Microsoft seine Lehren gezogen: Um einen Rückfall in Windows-Mobile-Zeiten zu vermeiden, stellt der Softwareriese bei Windows Phone 7 klare Mindestanforderungen an die Hardware. Unter anderem sehen die Vorgaben mindestens 256 MB Arbeitsspeicher, einen 1-Gigahertz-Prozessor, 4 GB Speicher, eine Fünf-Megapixel-Kamera, GPS, Beschleunigungssensor, Kompass und ein Multitouch-fähiges kapazitives Display mit 800 mal 480 Pixel vor.

Some same, but different

Diese Maßgabe hat zur Folge, dass sich die beim weltweiten Launch-Event vorgestellten neun Windows Phones auch äußerlich fast nicht unterscheiden. Ausnahmen sind die mit einer physischen Tastatur ausgestatteten Modelle "HTC 7 Pro", "Dell Venue Pro" und "LG Optimus 7Q". Hierzulande ist allerdings keines von diesen zum Start am 21. Oktober erhältlich. Die Auswahl beschränkt sich auf fünf nahezu identische Geräte, davon stammen drei von HTC, LG und Samsung bieten je ein Device hier an.