Kolumne

"Zumutung Bundesregierung"

30.04.1999

Der "Fortschrittsbericht der Bundesregierung" zum Stand der Vorbereitungen auf das Jahr-2000-Problem ist eine Zumutung. Verfaßt im Bundeswirtschaftsministerium, sollte er den laut eigenem Bekenntnis aus der Bonner Behörde dünn geratenen ersten Report vom Sommer 1998 vergessen machen. Dies ist auf spektakuläre Art gelungen. Die Anhäufung nur vager Formulierungen zum Stand der Jahr-2000-Umstellungen in Deutschland; die mangelhafte Lust zur Detailgenauigkeit und dazu, Bezugsgrößen und Methoden von Untersuchungen darzulegen, verstärken den Ärger über eine (bewußt?) diffus gehaltene Informationspolitik der Bundesregierung und dürften deshalb unvergeßlich bleiben.

Natürlich ist es richtig, daß eine Diskussion zu den vielfältig möglichen Problemen der Datumsumstellung unaufgeregt und verantwortungsvoll zu führen ist. Sensationalistisch aufgebauschte Endzeitszenarien helfen in der Sache nicht weiter. Dies stellt die Bundesregierung zurecht fest. Hier weiß sie sich einig mit dem im Februar 1999 veröffentlichten Bericht "Investigating the Impact of the Year 2000 Problem" des US-Senats-Komitees.

Jeder mag die beiden Berichte aus dem Internet herunterladen. Wegen der ähnlichen thematischen Struktur lassen sich direkte Vergleiche anstellen. Und welch ein Unterschied! Hier die Bundesregierung: Sie benennt immer nur das Ungefähre, wenn sie mögliche Gefährdungen durch das Jahr-2000-Problem in verschiedenen Bereichen wie Energieversorgung, soziale Sicherheit, Gesundheitswesen oder Landesverteidigung/Militär erörtert. Das umfassende Protokoll des US-Senats zeigt demgegenüber zunächst generell die dem jeweiligen Wirtschaftssektor innewohnende Umstellungsproblematik auf. Dann folgt eine Darstellung der bisherigen Untersuchungen, die mit Angaben zur Erhebungsmenge und vor allem mit detailgenauen Ergebnissen glänzen. Der Report nennt die möglichen Perspektiven, auch wenn sie besorgniserregend sind. Er beruhigt, wo es angebracht ist. So können sich US-Bürger ein vergleichsweise genaues Bild machen über mögliche und unmögliche Gefährdungen am Silvesterabend 1999 oder danach.

Der Rapport der Bundesregierung glänzt hingegen durch seine Auslassungen. Er zeigt damit vor allem, wie ernst Bonner Politiker die Interessen und Sorgen der Bevölkerung nehmen.