Karriere machen

Zum Coaching - aber zu welchem?

26.03.2013
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

"Werden Sie doch Pilot"

Nicht alles, was als Coaching angeboten wird, ist seriös. Die Münchner Karriereberaterin Madeleine Leitner empfiehlt beharrliches Fragen.

CW: Frau Leitner, Sie beraten Menschen, die ihr Berufsleben ändern wollen. Warum sehen Sie sich nicht als Coach?

Madeleine Leitner: "Viele selbst ernannte Coachs haben zu große eigene Probleme, um anderen helfen zu können."
Madeleine Leitner: "Viele selbst ernannte Coachs haben zu große eigene Probleme, um anderen helfen zu können."
Foto: Madeleine Leitner

LEITNER: Ein Beispiel: Einer meiner Klienten hatte sich vorher an eine Dame gewandt, die in der Coaching-Szene bekannt ist. Er hatte hochkarätige Ausbildungen abgeschlossen, zu denen es aber kein klares Berufsbild gab. Zudem litt er, familiär bedingt, an einer schweren Depression. Die Dame sagte ihm: Werden Sie doch Pilot. Das hat ihn 800 Euro gekostet.

CW: Aber es gibt doch auch gute Coachs?

LEITNER: Ja, manche Coachs beraten seriös. Viele selbst ernannte Coachs haben aber zu große Probleme, um anderen helfen zu können.

CW: Probleme hat jeder.

LEITNER: Wenn man die eigenen nicht verstanden hat, verwechselt man sie mit denen des Klienten. Wer Psychotherapeut werden will, wird vor der Zulassung zu einer langwierigen Ausbildung geprüft, ob er sich überhaupt dafür eignet und nicht eher selbst in die Rolle des Patienten gehört. Die Leute, die Coaching-Ausbildungen anbieten, lehnen dagegen niemanden ab. Diese Ausbildungen sind ja ein Geschäft.

CW: Ist auch Coaching ein Geschäft?

LEITNER: Nur für wenige. Auch das sagen die Ausbildungsanbieter ihren Schülern nicht. Vom Coaching oder von Einzelberatung können nur wenige leben. Für die meisten ist es bestenfalls ein Nebenverdienst.

CW: Wenn ich mir trotzdem einen Coach suchen möchte, worauf soll ich achten?

LEITNER: Erstens auf eine beraterische Ausbildung, in der der Coach so viel professionelle Selbsterfahrung gesammelt hat, dass er anderen helfen kann. Fragen Sie immer weiter, Coachs, die hier nichts zu bieten haben, winden sich wie die Aale. Das gilt auch für das zweite Kriterium: berufliche Erfahrung, die für Ihr Thema hilfreich ist. Ein bestimmter, medial sehr präsenter Coach hat nach seinem Studium nie in abhängiger Position gearbeitet. Wie will er jemandem helfen, der sich in den Machtstrukturen eines Unternehmens aufreibt? Drittens: Ob der Coach zu Ihnen passt. Da können Sie sich auf Ihr Gefühl verlassen.

Coaching-Varianten

  1. Coaching für Wechselwillige: Stellensuche, Bewerbungshilfe, Strategiefindung in schwierigen Situationen (Umstrukturierung, Mobbing, Kündigung), Standortbestimmung, Suche nach neuen Ideen. Klienten vom Mitarbeiter bis zum hohen Manager, auch Gründer und Selbständige. Der Klient kommt oft aus eigenem Antrieb und bezahlt selbst. Das Coaching kann aber auch zu einem vom Unternehmen bezahlten Outplacement gehören.

  2. Coaching im Unternehmensauftrag: Führungskräfte-Themen für Manager aus den obersten Ebenen (Das erste Mal ganz oben, Mitarbeiter richtig platzieren) oder mittlere Manager (Delegieren, Projekt-Management). Meist vom Unternehmen bezahlt.

  3. Systemisches Coaching: Leitsatz: Immer mehrere sind schuld. Vorgesetzter und Mitarbeiter treiben sich gegenseitig in ungute Rollen. Der Klient soll seine Lage verbessern, indem er auch die anderen besser versteht. Auch das außerberufliche Umfeld kann als Teil des Systems analysiert werden.

  4. Sparringspartnerschaft: Der Klient, meist unter starkem beruflichem Druck, wünscht sich dauerhaft einen unabhängigen Gesprächspartner. Für Topmanager nicht selten vom Unternehmen bezahlt.