Mails und Meetings bestimmen den Tag

Zum Arbeiten bleibt keine Zeit

12.11.2009
Von 
ist freie Wirtschaftsjournalistin in London.
Sie sind mal wieder vor lauter Meetings und Mails zu nichts gekommen? Dann ist es höchste Zeit, Ihr Arbeitsverhalten zu überdenken.

"Zeitmanagement-Kurse sind immer schön", sagt Andreas Pohlke, Director Corporate IT beim Klingeltonanbieter Fox Mobile Distribution in Berlin. "Aber im Tagesgeschäft sieht die Sache doch anders aus." Da gehen für ihn die Kunden immer vor. Zum ungestörten Arbeiten kommt er zwischen Mail-Verkehr und Meetings eher selten. Geschätzt 15 bis 20 Prozent seiner Arbeitszeit - immerhin. Aber Pohlke findet, es müsste mehr sein.

So ungestört können IT-profis selten arbeiten.(Foto: endostock/Fotolia.com)
So ungestört können IT-profis selten arbeiten.(Foto: endostock/Fotolia.com)
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Zehnstundentage, aber keine Zeit zum Arbeiten? Viele IT-Kräfte nicken übereinstimmend - und stöhnen. Der Druck im Tagesgeschäft nimmt zu, viele Projekte laufen parallel, die Ansprüche der Kunden steigen - besonders in hektischen Krisenzeiten wie diesen. Hinzu kommen Mitarbeitergespräche, Telefonate und Konferenzen, Außentermine, Verwaltungskram und nicht zuletzt die immer neuen Kommunikationsmöglichkeiten, die ungestörtes Arbeiten vereiteln. "Unterbrechungen gehören heute zum Tagesgeschäft. Es bringt nichts, sich über sie aufzuregen, man muss mit ihnen leben", sagt Gert Faustmann, Organisations- und Karrierecoach in der IT-Branche sowie Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin. Besonders Softwareentwickler und Administratoren hätten sich oft noch nicht auf die neuen Anforderungen eingestellt, so Faustmann. "Viele von ihnen versuchen noch, einen Kundenauftrag ungestört abzuarbeiten und erst dann dem Kunden die Ergebnisse zu liefern. Doch so läuft es heute nicht mehr", so der Coach.

In der IT herrscht eine Hektikkultur

Dabei ist Zeit für ruhige Konzeptarbeit extrem wichtig. Bleibt sie auf der Strecke, ist das keine Bagatelle. Visionen fehlen, wichtige Weiterentwicklungen bleiben aus, Konzepte werden übers Knie gebrochen. Und nicht nur das Geschäft leidet, sondern auch die Mitarbeiter selber. Das schlechte Gewissen wird zum Wegbegleiter. Man müsste sich schleunigst mal an die neue Strategie setzen, aber wann bitteschön lassen sich denn vier Stunden am Stück blocken? In der IT herrscht eine Hektikkultur, die schnellste Reaktionszeiten erfordert. Dem kann man sich schlecht entziehen. Das Dringliche geht vor, das Wichtige bleibt liegen.

Hinzu setzen sich die Beschäftigten selbst unter Druck, weil sie sich als Macher sehen - und nicht als Reflektierer. Um diesem hohen Leistungsanspruch gerecht zu werden, überfrachten sie sich bewusst oder unbewusst mit Terminen, Meetings, Aktionen. Da besteht schnell die Gefahr, sich im Kleinklein des Tages zu verlieren.

Was Wissensarbeiter am meisten von der Arbeit ablenkt, ist schnell ausgemacht: E-Mails, ineffektive Besprechungen, unnötige Telefonate. Das gaben zumindest die 450 befragten Führungskräfte der Telekom Austria in ihrer firmeninternen Kommunikationseffizienz-Analyse an. In anderen Firmen dürfte es ähnlich aussehen.