Zukunftsgerichtete DV braucht mehr Unabhängigkeit:Den User von DB-Technologien loslösen

31.01.1986

FRANKFURT (CW) - Bei gestiegenem DV-Budget ist die Zufriedenheit mit der Datenverarbeitung gesunken. Diese Ansicht vertrat Thomas Nies, Gründer und Vorstandsvorsitzender von Cincom Systems, jüngst bei einem Executive-Seminar in Frankfurt.

Dauerte in den 60er Jahren die Entwicklungszeit von Programmen einige Monate, so sind es heute einige Jahre, argumentierte Nies. Nach seiner Meinung ist ein "Bermuda-Dreieck" in der Softwareentwicklung entstanden: Das Verhältnis der

Anwendererfordernisse zur Datensammlung und die zur Entwicklung aufgewendete Zeit klafft immer mehr auseinander.

Obgleich in den vergangenen 20 Jahren das Verhältnis Software zur Hardware von fünf auf 50 Prozent angewachsen ist, finden immer noch viele alte Programme Verwendung.

Mehr als 85 Prozent wird laut Nies nach wie vor in Cobol programmiert; in einer Sprache, die älter ist als die meisten Programmierer, die sie benutzen.

Noch 1980 hat der Anteil an nichtprozeduraler gegenüber prozeduraler Programmierlogik zehn Prozent betragen. Für 1990 sagte der Chairman einen Anstieg auf 40 Prozent und für das Jahr 2000 einen Anteil von 90 Prozent nicht-prozeduraler Programmierlogik voraus. Heute gebe es in der Datenverarbeitung 20 Prozent Endanwender und 80 Prozent professionelle Programmierer; noch vor 25 Jahren habe dieses Verhältnis fünf zu 95 betragen. Für das Jahr 2000 prognostizierte Nies einen Anstieg des Anteils der Endanwender auf 80 Prozent gegenüber 20 Prozent professioneller Weichwerker.

Es müßten - so sagte der Vorstandsvorsitzende in Frankfurt - also eher Anwendungen entwickelt werden, die den Benutzer von der Datenbanktechnologie loslösen. Voraussetzung einer zukunftsgerichteten Datenverarbeitung sei eine Softwarearchitektur, die die Unabhängigkeit vom Betriebssystem, Datenbankmanager und TP-Monitor gewährleiste.

Der Wandel der heutigen Industriegesellschaft zu einer weltweiter Informationsgesellschaft war das Thema von Ron Weeks, Senior-Business-Manager für Softwarearchitektur bei Cincom, der ebenfalls in Frankfurt referierte. Der Faktor Information wird laut Weeks zunehmend wichtiger als Rohstoffe oder Kapital. Ein optimaler Umgang mit der Information bringe unweigerlich eine verteilte Datenverarbeitung mit sich, die sich stark auf die gegenwärtige Managementstruktur und das Berichtswesen auswirken werde. Mit dem Aufkommen besserer Kommunikationswerkzeuge hätten auch Führungskrafte leichter Zugriff auf gewünschte Informationen.

Gebraucht werde ein Informations netzwerk. Viele der benötigten Technologien existierten zwar heute bereits, seien aber noch nicht integriert. Dabei komme der Software die entscheidende Bedeutung zu, nicht der Hardware.