Zukunft der Motorola-RISC-CPU ungewiss Data General erweitert Angebot der Aviion-Server unter DG-Unix

09.07.1993

LONDON (jm) - Die Data General Corp. (DG) aus Westboro im US- Bundesstaat Massachusetts stellte neue Aviion-Server und eine verbesserte Version ihres Multiprozessor-Architekturen unterstuetzenden Unix-Betriebssystems vor. Im Zentrum der Diskussion stand allerdings, auf welche Prozessortechnologie sich DG in Zukunft ausrichten wird.

Mit dem Ausbau der Unix-Rechner-Familie will die DG Corp. ihr Engagement im Unix-Segment unterstreichen. Das Hardware-Angebot der Firma aus Neuengland umfasst die PCs der "Dasher"-Familie, die proprietaere "Eclipse"-Linie (also die MV-Modelle) sowie die Unix- Systeme der Aviion-Palette.

Neben DOS fuer PCs und dem Unix-Betriebssystem DG/UX in der 5.4.3 fuer die Aviion-Systeme bietet DG fuer die Eclipse-Rechner AOS/VS an.

Wie Wolfgang Slaby vom Rechenzentrum der Katholischen Universitaet Eichstaett und ehemaliger Vorsitzender der Data-General-User-Group sowie sein Nachfolger Bernd Duenwald von der Hoechst AG aus Hattersheim/Main angaben, rekrutiert sich das Gros der DG- Installationen noch aus MV-Maschinen: "Ueber 90 Prozent unserer Mitglieder arbeiten noch mit der proprietaeren Architektur." Weltweit hat die DG nach eigenen Angaben 20 000 dieser Aviion- Systeme installiert.

DG praesentierte zum einen neue Mehrprozessor-Modelle der "AV- 9500"-Serie. Das Topsystem ist ein 16-Prozessor-Server, der nach Unternehmensangaben bis zu 1000 Transaktionen pro Sekunde (Tps) erzielen und im Fruehjahr 1994 verfuegbar sein soll. Neu ist auch das Acht-Prozessor-Modell aus der 9500-Reihe. Auch dieser Rechner ist im naechsten Fruehling erhaeltlich.

Zum anderen stellte das Unternehmen von CEO und President Ronald Skates Zwei-, Vier-, Sechs- und Zwoelf-Prozessor-Versionen der AV- 9500-Rechner sowie Zwei- und Vier-CPU-Maschinen aus der Midrange- Linie "AV 8500" und eine AV-500-Workstation vor. Bis auf die Sechs- beziehungsweise Acht-Prozessor-Server (Spaetherbst 1993) sind diese Modelle alle ab sofort verfuegbar.

Data Generals Unix-Derivat DG/UX 5.4, Release 3.0, erhielt eine Politur, die es besser als bisher als unternehmensweit einzusetzendes Betriebssystem geeignet erscheinen laesst. Hierzu gehoert beispielsweise eine Routine, die gegen Software- Endlosschleifen schuetzt; die Unterstuetzung von mehrfach redundanten I/O-Kanaelen; sowie eine Funktion zur I/P- Adressenumleitung, die beim Ausfall eines Servers automatisch alle Netzwerk-Adressen sowie laufende Anwendungen "innerhalb Minutenfrist" auf ein Backup-System uebertraegt.

"Ueberhaupt kein Problem,

auf andere CPU zu portieren"

Vor allem der "Distributed Lock Manager" duerfte von Interesse sein: Er ermoeglicht naemlich die gemeinsame Nutzung grosser Datenbestaende von mehreren geclusterten Systemen aus. Fuer solche Rechnerumgebungen kommt etwa Oracles Parallel-Server zum Einsatz. Die "Clariion"-Disk- und Tape-Arrays unterstuetzt die neue DG/UX- Version ebenfalls. Zudem wurde die symmetrische Multiprocessing- Funktion durch die Einbindung der Posix-Norm 1003.4a fuer Threads verbessert.

Das groesste Interesse richtete sich jedoch auf die zu erwartende Ausrichtung der DG Corp. auf zukuenftige Prozessor-Architekturen: Bekanntlich wird Motorolas anerkanntermassen mit guten Referenzen versehene RISC-Technologie der 88K-Familie ausser von Data General von keinem weiteren Hersteller unterstuetzt, der Motorola signifikante Umsaetze bescheren wuerde. Encore Computer ist bereits vor laengerem abgesprungen, andere 88-Open-Mitglieder sind eher kleinere Hersteller wie Harris Computer, Dolphin Server Technology oder die Tadpole Technology Inc.

Zwar wollte sich Joel Schwartz, Vice-President der Aviion- Geschaeftseinheit, hierzu nicht direkt aeussern. Indirekt bestaetigte er aber Vermutungen von Insidern, dass die DG Corp. ihre Unix- Rechner auf den Gemeinschafts-Chip von der IBM und Motorola, den Power-PC-Chip, umruesten koennte. Zumindest wurde seine Aeusserung: "Es ist fuer uns ueberhaupt kein Problem, DG/UX auf einen anderen RISC-Prozessor zu portieren", als inoffizielle Bestaetigung der kursierenden Vermutung verstanden, dass in zukuenftigen Aviion- Systemen die Power-PC-CPU eingesetzt wird.