Zu wenig Kontrolle bei elektronischen Medien Von Landesmedienanstalten zu wirtschaftlichem Pragmatismus

17.03.1995

BERLIN (vwd) - Die Konzentrationskontrolle beim privaten Fernsehen ist nach Ansicht des Berliner Bundeskartellamtes unzureichend. Gleiches gilt auch fuer den Bereich neuer elektronischer Medien. Die diesbezueglichen Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag und in den Landesmediengesetzen sind, wie Kartellamts-Praesident Dieter Wolf und der Leiter der zustaendigen Beschlussabteilung des Amtes, Kurt Stockmann, in einem vwd-Gespraech erklaerten, unzweckmaessig und unbefriedigend.

Generell lasse sich, wie die Berliner Wettbewerbshueter betonten, die Problematik neuer elektronischer Medien mit kartellrechtlichen Mitteln alleine nicht loesen, da dies weit ueber das rein Wirtschafliche hinausgehe und man dabei schnell an die Kompetenz der Laender sowie Artikel 5 des Grundgesetzes stosse. Gleichzeitig haetten die Landesgesetzgeber bei der Konzentrationskontrolle die jeweiligen Landesmedienanstalten "im Regen stehen lassen", ihre Instrumente zur Durchsetzung des materiellen Rechts gelten als unbefriedigend. Zudem seien die bestehenden rechtlichen Moeglichkeiten gerichtlich noch nicht ausgetestet, die Rechtssicherheit folglich relativ gering.

Wolf verwies darauf, dass zum Beispiel die Pressefusionskontrolle des Bundes, ausgeuebt durch das Bundeskartellamt, bei den Printmedien relativ wettbewerbsorientierte Strukturen erhalten und gesichert habe. Im Falle elektronischer und kuenftig obendrein interaktiver Medien sei dies anders, weil die Wachsamkeit beziehungsweise Sensibilitaet der einzelnen Laender bezueglich ihrer Gesetzgebungskompetenz sehr hoch sei. Fuer eine bessere Konzentrationskontrolle in diesem Bereich haelt man in Berlin daher eine Kompetenzverlagerung auf eine gemeinsame Laendermedienanstalt fuer denkbar, die aber mit vergleichbaren Rechten wie das Bundeskartellamt (Auskunfts- und Durchsuchungsrecht sowie die Moeglichkeit, Sanktionen in Form von Bussgeldern zu verhaengen) ausgestattet sein muesste.

Marktbeherrschung im Bereich elektronischer Medien zu definieren, sehen sowohl Wolf als auch Stockmann als schwierig an, halten aber den Ansatz der Zugrundelegung von Einschalt- und Teilnehmerquoten fuer den geeigneteren Weg als den einer Quantifizierung der Werbeeinnahmen. Generell seien in der Medienpolitik gewisse Denkprozesse in Gang gekommen, die "Romantik der Medienpolitiker" werde beiseite geschoben, betonte Wolf.

Dass man bei der Zulassung des privaten Fernsehens die Veranstalter durch die Beteiligungsvorschriften geradezu zusammengezwungen hat, haelt Stockmann fuer die "Erbsuende der Medienpolitik". Eine praktikable Regelung zur Konzentrationskontrolle benoetige indes einen wirtschaftsnahen Ansatz: "Wer wirklich etwas fuer die Medien tun will, darf nicht vom Wirtschaftlichen abheben."