Benutzerorientierte Kriterien für den Vergleich von Datenbanksystemen:

Zielsystem als firmenindividuelle Meßlatte

06.02.1981

Benutzerfreundlich sind nach den Angaben der Hersteller beziehungsweise Vertreiber alle Datenbanksysteme. Häufig wird dabei eine der drei Benutzergruppen - Fachabteilung und Organisation, Anwendungsentwicklung, Rechenzentrum und Systemprogrammierung - in den Vordergrund gestellt. Für den Einsatz von DB-Systemen haben diese drei Benutzergruppen aber durchaus unterschiedliche Zielrichtungen.

Diese Zielrichtungen können zum Beispiel sein: Einmalerfassung und Einmalspeicherung von Daten, rationellere Programmerstellung, Reduktion und Vereinheitlichung der Datensicherungsprozedur.

Im Normalfall ist es ein ganzes Geflecht aus Haupt-, Unter- und Teilzielen, das mit dem Einsatz einer Datenbank-Software erreicht werden soll.

Dieses Zielsystem und der Grad der Zielerreichung ist die eigentliche, firmenindividuelle Meßlatte für einen Vergleich von Datenbanksystemen.

Hohe Know-how Voraussetzungen

Die Frage, ob die angebotenen Datenbanksysteme die im Zielsystem niedergelegten Benutzerwünsche erfüllen, läßt sich nur in mehreren Arbeitsschritten beantworten. Zusammengefaßt kann man dabei zwei Gebiete unterscheiden: die technische und die aufwands- und kostenmäßige Überprüfung der Zielerreichung. Der technische Vergleich der Datenbank-Softwaresysteme erfordert dabei den größten Aufwand bei gleichzeitig hohen Know-how-Voraussetzungen. Im Grunde sind nur folgende Fragen zu beantworten:

- Kann das Datenbanksystem die logische Datenstruktur des Unternehmens abbilden?

- Kann auf die gespeicherten Daten bedarfs- und zeitgerecht zugegriffen werden?

- Ist des Datenbanksystem vertraglich zu den bisher eingesetzten softwaretechnologischen Methoden der Programmerstellung?

- Bleibt das bestehende Programm-Investment voll oder nur teilweise erhalten?

- Läßt sich die Datenbank-Software in die bestehende System-Umgebung einfügen?

Die Vorleistungen, die zur Beantwortung dieser Fragen seitens der Benutzer zu erbringen sind, liegen in der Erarbeitung der logischen Datenstruktur und der Zugriffe, abgeleitet von den Informationsbedürfnissen.

Ohne dieses Grundgerüst ist jeder Datenbankvergleich fragwürdig.

Die Aufwands- und Kostenseite des Datenbankvergleichs kann wesentlich einfacher mit der hergebrachten Form des Fragenkataloges ermittelt werden. In der Hauptsache sind dazu die Aufwandsgrößen für Design, Implementierung und Betreibung des Datenbanksystems zu ermitteln. Auf direktem Wege ist dies in den wenigsten Fällen möglich. Doch es gibt einige Hilfsgrößen, die begründete Rückschlüsse erlauben.

Schulungsaufwand und Hardwarebedarf als Hilfsgrößen

Die erste ist der Schulungsaufwand. Je nach Anzahl der Ausbildungswochen für Organisatoren, System-Speziaisten, Programmierer und Datenbank-Administratoren kann der Personalaufwand für Design, Implementierung und Betreibung in ein aussagefähiges Verhältnis gesetzt werden. Werden dazu noch maschinelle Design- und Programmierungshilfen angeboten, ist der Aufwand ohne diese, meist kostenpflichtigen Hilfsmittel, überproportional hoch.

Die absolute Höhe des Personalaufwandes läßt sich, darauf aufbauend, anhand einer Vergleichsinstallation eines der angebotenen Datenbanksysteme mit gleichem Lastprofil hinreichend genau errechnen.

Die Mindestangaben der Hersteller für den Hardware-Bedarf sind eine weitere Schlüsselgröße, die, im Regelfall verdoppelt, die späteren tatsächlichen Betriebsverhältnisse widerspiegelt. Dies gilt insbesondere für den Bedarf an Arbeitsspeicher und Systemdateien.

Für den Durchsatz gilt im Normalfall, daß bei einer im Schnitt zu achtzig Prozent ausgelasteten Anlage die Zykluszeit halbiert werden muß, um beim Datenbank-Einsatz das gleiche Zeitverhalten zu zeigen. Genauer läßt sich dieses in den Griff bekommen wenn man die unter einem Datenbanksystem nötigen Platten-Zugriffe ins Verhältnis setzt zu den bisherigen Zugriffszahlen. Daraus folgt im Regelfall eine Umkonfigurierung in Peripherie, Kanälen und CPU.

Diese Folgekosten im Personal- und Hardware-Bereich sind beim Vergleich der Datenbanksysteme den Einmalkosten für Beschaffung, Schulung und Einführung hinzuzurechnen.

Als letztes und meist übersehenes Kriterium bleibt dann noch die Flexibilität des Systems. Sie ist in der Frage zu fassen, mit welchem Aufwand das Datenbanksystem den ständig sich verlagernden Anforderungen eines Unternehmens angepaßt werden kann. Die Variationsbreite geht hier vom Neudesign mit Neuimplementierung und dem damit verbundenen hohen Aufwand bis zu Service-Routinen, die dies in einem zeitlich tragbaren Rahmen bewältigen.

Aussagefähigkeit und Überzeugungskraft des Datenbank-Vergleichs sind am höchsten, wenn die Benutzergruppen alle technischen Fragestellungen eindeutig mit "ja" für mindestens zwei Datenbanksysteme beantworten und diese dann nach den Aufwandsgrößen eingereiht werden.

*Ulrich Christian Füting ist Mitarbeiter der Diebold Deutschland GmbH