Ziel der Expansion ist ein Platz unter den fuehrenden fuenf PC- Herstellern HP stellt die Vectra-VL-Linie gegen Compaqs Prolinea-Systeme

23.07.1993

MUENCHEN (CW) - Hewlett-Packard (HP) wirft eine neue PC-Baureihe mit niedrigen Preisen auf den Markt. Sollten die Vectra-VL-Modelle tatsaechlich ein Kassenschlager werden, haette HP damit die Lieferschwierigkeiten der Konkurrenten wie Compaq oder IBM zum eigenen Vorteil ausgenutzt und koennte sich fest unter den zehn groessten PC-Herstellern etablieren.

Lange Zeit rangierte HP bei PC-Marktanalysen unter ferner liefen, doch verkaufte das Unternehmen in der ersten Haelfte dieses Jahres ueber 100 Prozent mehr PCs als im gleichen Zeitraum 1992. Obwohl HP ueber die Jahre immer weit weniger Geraete absetzte als zum Beispiel IBM, tragen heute etwa 1,2 Prozent der weltweit verkauften 30,3 Millionen PCs das braune Hewlett-Packard-Schild, wenn man den Zahlen der Marktforscher von Computer Intelligence oder Infocorp Glauben schenken darf. Bis Jahresende erhoeht sich nach den Schaetzungen dieser Institute die Zahl der verkauften PCs auf etwa 40 Millionen, wovon HP einen Anteil von 1,6 Prozent haben koennte und so deutlich ueber der Ein-Prozent-Marke laege.

HPs Umsatz erhoehte sich vor allem nach mehreren Preisreduktionen, die die traditionell ueberteuerten PCs auf ein normales Niveau brachten. Ausserdem konnte HP schnell und mit ein bisschen Glueck die Lieferschwierigkeiten ueberwinden, die IBM oder Compaq plagten.

Bei den neuen Vectra-VL-Modellen koennte HP endgueltig von der kurzen Lieferzeit profitieren, da Marktbeobachter HPs Rechnern schon lange gute Verarbeitung und Ausstattung bescheinigen und jetzt auch der Preis der Geraete akzeptabel ist. HP bietet die VL- Systeme in drei Leistungsklassen an: Mit 486SX-Prozessor und einer Taktfrequenz von 25 Megahertz, mit 486DX-Prozessor (Taktfrequenz 33 Megahertz) und mit Intels leistungsstaerkstem Modell mit doppelter interner Taktfrequenz, dem 486DX2.

Die Grafikkarte ist ueber einen VESA-Local-Bus mit dem Prozessor verbunden. In der Grundausstattung enthaelt der Rechner 4 MB Arbeitsspeicher und eine Festplatte mit 120 oder 240 MB Kapazitaet. Der Stromverbrauch aller Modelle liegt unter der Grenze von 30 Watt, die die amerikanische Umweltschutzbehoerde EPA festgelegt hat. Das kleinste Modell Vectra 486/25VL traegt auch bereits das EPA-Pruefsiegel und kostet etwa 2800 Mark. Der leistungsstaerkste PC 486/66VL ist mit einer 240-MB-Festplatte fuer etwa 5300 Mark zu haben.

Robert Frankenberg, Vice-President und General Manager der PC- Abteilung bei HP, bereitet sich schon jetzt auf zukuenftige Preiskaempfe vor. Kostensenkend war nach seinen Aussagen vor allem die Entlassung von einem Drittel der Beschaeftigten in seiner Abteilung, ausserdem habe man den Lieferanten voellig neue Bedingungen gesetzt und guenstigere Konditionen ausgehandelt.

Obwohl Tom Buiocchi, Marketing Manager bei HP in

Grenoble, als direkte Konkurrenz Compaq mit den Prolinea-Systemen nennt, glauben Analysten noch nicht, dass HPs neues Produkt erfolgreich wird. Randel Giusto von der Firma Workgroup Technologies in den USA, vermisst bei HP vor allem Compaqs grosses Netz an Verkaufsstellen, zu denen zum Beispiel zuletzt Vobis hinzugefuegt wurde. Wenn HP den gleichen Erfolg haben wolle wie Compaq mit den Prolinea-Rechnern, dann muesse man viele neue Distributoren suchen und koenne nicht mehr so loyal zu den alteingesessenen Haendlern sein.

Andere Marktbeobachter vermuten, dass HP ohne ein Notebook den Platz unter den grossen fuenf PC-Herstellern nicht erreichen werde, weil auch Dell durch seine schlechte Notebook-Strategie heftige Umsatzeinbussen hinnehmen muss.