Web

Dachzeile

Zeitungsverlage mit neuen Strategien für die digitale Zukunft

20.06.2007
Die Zeitungsverlage sehen in einer multimedialen Ausweitung ihrer Aktivitäten eine gute Chance für die digitale Zukunft.

Auf einem Internationalen Printkongress diskutierten am Dienstag Verleger, Manager und Journalisten im Rahmen des Medienforums NRW in Köln über den "Aufbruch in neue Zeitungswelten". Dabei erinnerte der Vorsitzende des Zeitungsverlegerverbandes Nordrhein-Westfalen, Clemens Bauer, an die Situation vor einigen Jahren, als etwa ein Drittel der Anzeigenerlöse wegbrach. Inzwischen hätten die Verlage diese zunächst negative Entwicklung als Chance begriffen und neue Geschäftsmodelle und Medienstrategien entwickelt.

Als besonderen Erfolg nannte er das von Verlagen im Rheinland getragene Online-Rubrikenportal kalaydo.de, das innerhalb von 14 Monaten zum regionalen Marktführer auf dem Stellenmarkt und bundesweit zur Nummer 5 unter den E-Commerce-Portalen geworden sei.

Von internationalen Erfolgen dieser Art berichtete Robert Steen, Manager beim norwegischen Medienhaus Schibsted. Von einem reinen Zeitungsverlag hat sich Schibsted seit 1995 schrittweise zu einem internationalen Konzern entwickelt, der heute 53 Prozent seines Gewinns mit Online-Angeboten macht. Indem sich der Verlag auf seine Stärken konzentrierte, machte er Anzeigen- und Leserverluste der Printausgaben durch Zugewinne im Online-Bereich mehr als wett. Heute gehört Schibsted unter anderem das führende Online-Telefonverzeichnis sowie eine führende Online-Finanzzeitung.

Inzwischen zahlen Anzeigenkunden für eine Bannerwerbung im Internet für einen Tag so viel wie für zwei ganzseitige Zeitungsanzeigen. Als eine weitere Auswirkung der Schibsted-Erfolge sieht Steen, dass die Zahl der Fernsehzuschauer in Norwegen innerhalb eines Jahres (Januar/Februar 2006 auf 2007) um 10,2 Prozent zurückgegangen ist. Beim technisch interessierten und kaufkräftigen Personenkreis der 30- bis 39-Jährigen betrug der Rückgang sogar 19 Prozent.

Für die WAZ Gruppe wandte sich Stephan Holthoff-Pförtner, der die Gesellschaftergruppe Funke vertritt, gegen das von einigen Verlagen propagierte Motto "Online first", mit dem alle Inhalte zuerst ins Netz gestellt werden. Das Motto müsse vielmehr lauten: "Journalismus first".

Die Verlagsvertreter beklagten, dass bei neuen Geschäftsfeldern wie der Briefzustellung ein erheblicher Wettbewerbsnachteil gegenüber der Deutschen Post AG durch deren Befreiung von der Mehrwertsteuer bestehe. Außerdem entgingen dem Staat jährlich 500 Millionen Euro an Mehrwertsteuer durch das Post-Privileg, hieß es.

Als großes Kapital der Zeitungen betrachten die Verleger deren Glaubwürdigkeit. Hier liege das Medium Zeitung nach Umfragen weit an der Spitze, mit 78 Prozent Zustimmung vor den öffentlich-rechtlichen Sendern mit 70 Prozent und den Privatsendern mit 60 Prozent, berichtete Bauer vom Zeitungsverlegerverband NRW. Zu den Initiativen der Zeitungsverleger im Werben um neue Leser gehören auch Projekte für Kinder sowie Podcasts und Videocasts. (dpa/tc)