Es ist kurz nach 21.00 Uhr, eine Versicherte hat eine Frage zur Auszahlung des Kinderkrankengeldes. Sie nimmt ihr iPad zur Hand und geht auf die Webseite ihrer Krankenkasse. Leider beantworten die dort verfügbaren Informationen nicht ihre Frage. Obwohl die Beratungsstelle längst geschlossen ist, kann die Versicherte per Klick auf den Videobutton direkten Kontakt mit ihrer Versicherung aufnehmen. Bevor der Anruf von einem Mitarbeiter im Contact Center entgegengenommen wird, hört sie eine nette Willkommensansage.
Weil die Mitarbeiter im Contact Center sehen können, von welchem Bereich der Webseite der Anrufer kommt, nimmt ein geeigneter Ansprechpartner das Telefonat an. Nachdem die Versicherte mit einem Klick der Übertragung ihres Bildes zugestimmt hat, sitzt sie ihrem Berater quasi persönlich gegenüber. Sie können die offenen Fragen im Handumdrehen klären und füllen auch gemeinsam das digitale Formular aus, das die Krankenkasse von der Versicherten noch benötigt. So sind alle offenen Punkte innerhalb kürzester Zeit erledigt.
Moderner Online-Kundenkontakt ist persönlich
Soweit die Ideallösung. Bislang versteht der Markt unter virtueller Beratung in erster Linie Chat-Funktionen, Infoportale mit Videoinhalten auf Unternehmenswebsites, Rückrufservices (Callback) oder Avatare. Die neue Generation der virtuellen Beratung geht einen Schritt weiter: Unter ihr versteht man eine persönliche Beratung, die flexibel von zuhause oder von unterwegs mit einem PC oder mobilen Endgerät in Anspruch genommen werden kann. Die Kommunikation erfolgt dabei über eine gesicherte Verbindung über das Internet.
Die Kontaktaufnahme ist für den Kunden dabei so einfach wie möglich: ein Internetzugang und gängiger Browser reichen aus, zusätzliche Software muss nicht installiert werden. Darüber hinaus wird der Kunde nicht von Avataren beraten, sondern per Video in Echtzeitkommunikation von einem persönlichen Berater, der auf jede Frage eine individuelle Auskunft geben kann.
Erste Schritte zur virtuellen Beratung
Im Bankensektor gibt es bereits einige Institute, die ihren Kunden eine virtuelle Beratung per Video anbieten. Eine Schweizer Bank nutzt beispielsweise schon seit einigen Jahren die Videoberatung - allerdings mit einem kleinen Manko: Der Kunde muss zunächst die kostenlose Videoanwendung Cisco Jabber Video for TelePresence Client oder den ClearSea Client auf seinem Endgerät installieren. Über das geschützte Onlineportal vereinbart er einen Termin mit der Bank und wird von seinem Bankberater zum definierten Zeitpunkt auf seiner installierten Videoanwendung angerufen.
Eine andere Bank bietet ihre Videoberatung basierend auf dem Citrix-Produkt "GoToMeeting" an. Auch hier muss der Kunde einmalig ein Videoprogramm installieren und sich registrieren. Danach kann er die Videoberatung sofort und ohne Terminvereinbarung in Anspruch nehmen.
- Citrix GoToMeeting
Die Vollversion von Citrix GoToMeeting kann man 30 Tage lang kostenlos testen, auch ohne Kreditkarte. Citrix wirbt mit drei Hauptfunktionen, in dieser Reihenfolge: Bildschirmfreigabe, Telefonkonferenzen und Videokonferenzen in HD-Qualität. - Citrix GoToMeeting
Bei der Erstanmeldung verlangte Citrix den Namen, die Email-Adresse und ein möglichst kompliziertes Passwort des neuen Users. Die Anmeldung verlief erfreulich interaktiv: Name: Schön Sie zu treffen! Email: Sieht gut aus. Kompliziertes Passwort: Das funktioniert. Schwache Passwörter wurden in roter Schrift bemängelt und abgelehnt. - Citrix GoToMeeting
Kurz nach der Registrierung auf der Citrix GoToMeeting Website kam eine Email und bestätigte die kostenlose Einladung für unbegrenzte Online-Meetings mit jeweils bis zu 25 Teilnehmern… - Citrix GoToMeeting
…Mit der gleichen Email kam auch der Button: GoToMeeting herunterladen. Zugleich wurde das Ende des Testzeitraumes zum 17. Juni 2014 angekündigt. Danach würde ein reguläres Abo „nur“ 46,80 Euro pro Monat kosten. - Citrix GoToMeeting
Der Download der „Citrix Online Launcher.exe“ Datei hat 224 KiloByte auf der Festplatte des Laptops belegt. - Citrix GoToMeeting
Per Mausklick auf „Teilnehmer einladen” kopierte Citrix GoToMeeting alle Einladungsdaten in die Zwischenablage. Wahlweise wurde vom UCC-Programm auch eine komplette Einladungsmail erstellt. In Letzterer mussten wir nur noch die Mailadresse des gewünschten Empfängers eingeben. - Citrix GoToMeeting
So kam die Einladungsmail des Testers im Googlemail-Account der Gesprächspartnerin an. - Citrix GoToMeeting
Per Mausklick kann man zusätzlich zum Audio-Video-Stream den kompletten Bildschirminhalt des eigenen Rechners an den oder die Meeting-Partner übertragen. Doch man sollte aufpassen, dass sich keine wichtigen Passwörter und Dokumnte mehr auf dem Deskop zu sehen sind. - Citrix GoToMeeting
Der Video-Proc-Verstärker konnte das vorher schon gut gewesene Videobild der C930e Webcam in einer Citrix GoToMeeting Konferenz nochmals verbessern. Zieht man den Hintergrund-Regler nach rechts, so wird der Raum hinter dem Sprecher stark abgedunkelt und die Kamera überträgt fast nur noch das Gesicht. Mit diesem Schieber konnte der Autor die Hintergrundumgebung weitgehend ausblenden - Citrix GoToMeeting
Nach Abschaltung der Automatik konnten wir mit dem Fokus-Schieberegler selbst bestimmen, ob nun das blaue Käppi, das blasse Gesicht, oder der schwarze DIN-A3-Scanner im Regal scharf gestellt wird. Solche Raffinessen sind mit fest eingebauten Laptop-Webcams in der Regel nicht möglich. - Citrix GoToMeeting
Zu guter Letzt konnten die User auch selber bestimmen, ob ihre Videobilder im Breitformat 16:9 oder im Standardformat 4:3 mit Citrix GoToMeeting gesendet werden.
Diese Lösungen sind ein erster Schritt auf dem Weg zur "echten" virtuellen Beratung. Die Hürden sind allerdings noch groß, denn solange Kunden immer erst eine zusätzliche Software installieren müssen, bleibt die Akzeptanz bei den Anwendern eher gering.
Anwenderfreundlichkeit ist der Schlüssel
Im Mittelpunkt einer virtuellen Beratung steht daher die "Barrierefreiheit". Denn ein Videoanruf muss für Kunden so einfach wie möglich sein - ohne zusätzliche Software zu installieren und unabhängig vom Endgerät. Der Anruf soll durch einen einfachen Klick auf der Webseite des Unternehmens initiiert werden. Dadurch haben Kunden neben dem Besuch einer Filiale die Möglichkeit, rund um die Uhr Kontakt mit einem Mitarbeiter aufzunehmen.
Diese Beratungsform richtet sich insbesondere an berufstätige Personen, aber auch an Menschen, die aufgrund ihres Alters oder einer Behinderung eine Geschäftsstelle nicht aufsuchen können. Zudem eignet sich diese Beratung, um junge Leute anzusprechen, die Geschäftsbeziehungen gerne schnell und flexibel über das Internet oder via Smartphone pflegen. Denn gerade dieser Trend hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen.