Zeitarbeit - Impulse für den Arbeitsmarkt?

18.02.2003
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Die Euphorie über das Hartz-Konzept ist verflogen. Lobbyisten streiten um Kleingedrucktes, mehr als 4,62 Millionen Menschen sind ohne Job. Mehr Zeitarbeit soll den stagnierenden Arbeitsmarkt wieder in Schwung bringen.

Mit ihren Vorschlägen wollte die Hartz-Kommission die Arbeitslosenzahlen in den kommenden drei Jahren halbieren. Dieses Ziel ist in weite Ferne gerückt. Auf der Tagung „Erfolgsmodelle zur Arbeitsmarktbelebung“, die das Zeitarbeitsunternehmen Manpower in Frankfurt am Main veranstaltete, war vom ursprünglichen Optimismus nichts mehr zu spüren. „Die Lobbyisten haben Lücken entdeckt und besetzt“, kritisiert Heinz Fischer, Bereichsvorstand Personal der Deutschen Bank AG und Kommissionsmitglied. Gemeint sind die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Fischer zeigte sich wie der Namensgeber der Kommission, der VW-Personalvorstand Peter Hartz, enttäuscht darüber, dass die Vorschläge zur Reform des Arbeitsmarktes zerpflückt und zerredet werden.

Als kleinsten gemeinsamen Nenner favorisieren die verschiedenen Interessengruppen die Beschäftigung bei Zeitarbeitsfirmen als möglichen Lösungsweg aus der aktuellen Misere. Bisher fristet diese Beschäftigungsform in Deutschland ein Randdasein. Weniger als ein Prozent der Beschäftigten wählen diese Alternative. In einigen europäischen Ländern sieht es anders aus. In den Niederlanden beträgt der Anteil an Zeitarbeitskräften am gesamten Arbeitsmarkt zirka 4,2 Prozent, in Großbritannien 4,7 Prozent und in Frankreich 2,1 Prozent.

Auch in den Niederlanden gab es Vorbehalte seitens der Gewerkschaften gegenüber der flexibleren Beschäftigungsform. Mit der Zeitarbeitsorganisation „Start“ gründeten Arbeitsamt, Regierungsvertreter sowie Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände im Jahr 1977 Vermittlungsbüros. Das Arbeitsamt Utrecht unter seinem damaligen Direktor Aart van der Gaag nahm eine Vorreiterrolle ein. „Ich war der erste und einzige Direktor eines Arbeitsamtes, der beruflich nicht innerhalb der Arbeitsbeschaffungsorganisationen aufgewachsen war, und der gute Erfahrungen mit Zeitarbeitsfirmen gesammelt hatte“, erinnert sich van der Gaag, inzwischen Direktor der Algemene Bond Uitzendondernemingen (Allgemeiner Bund für Zeitarbeitsunternehmen = ABU).

Allerdings zeigt sich der ehemalige Arbeitsamtsdirektor heute kritisch gegenüber intensiven staatlichen Förderprogrammen. „In meiner Vision ist es sogar so, dass Arbeitsämter selbst überhaupt nicht mehr vermitteln, sondern Arbeitslose erfassen, nach Fertigkeiten differenzieren, eventuell weiterqualifizieren und die Vermittlung anderen Organisationen überlassen sollten. In den Niederlanden vermitteln heute in erster Linie private Dienstleister Arbeitskräfte.“

In Deutschland ist man vom niederländischen Modell weit entfernt. Seit Januar 2003 wurde die Zahl der staatlichen Arbeitsvermittler um 2069 erhöht. An eine Privatisierung ist derzeit nicht gedacht. Insgesamt stehen jetzt 12500 behördliche Berater zur Verfügung. Wie in den Niederlanden wird aber auch hierzulande die Zeitarbeit neuerdings groß geschrieben. „Die Zeitarbeit ist raus aus der Schmuddelecke“, konstatiert Fischer.