Jubiläum für den Musikplayer

Zehn Jahre iPod - Eine neue Welt der Musik

24.10.2011
Von 
Peter Müller ist der Ansicht, dass ein Apple täglich den Arzt erspart. Sei es iMac, Macbook, iPhone oder iPad, was anderes kommt nicht auf den Tisch oder in die Tasche. Seit 1998 beobachtet er die Szene rund um den Hersteller von hochwertigen IT-Produkten in Cupertino genau. Weil er schon so lange dabei ist, kennt er die Apple-Geschichte genau genug, um auch die Gegenwart des Mac-Herstellers kritisch und fair einordnen zu können. Ausgeschlafene Zeitgenossen kennen und schätzen seine Beiträge im Macwelt-Morgenmagazin, die die Leser werktags pünktlich um acht Uhr morgens in den nächsten Tag mit Apfel und ohne Doktor begleiten. Privat schlägt sein Herz für die Familie, den FC Bayern, sechs Saiten, Blues-Skalen und Triolen im Shuffle-Rhythmus.

iPod kommt langsam, aber gewaltig

Nach heutigen Maßstäben war der iPod lange Zeit ein Flop, Apple benötigte fast zwei Jahre, um die erste Million Geräte zu verkaufen. Die Gründe waren vielfältig: Die von 9/11 ausgelöste Wirtschaftskrise war nur eine Ursache. Vor allem war der iPod mit einem Preis von rund 1000 Mark nur ein Nischenprodukt für Anwender eines Nischenproduktes - Firewire war auf Windows-Seite völlig unbekannt. Doch schon mit der zweiten Generation aus dem Jahr 2002, die bereits auf ein berührungsempfindliches und nicht mehr auf ein mechanisches Scrollrad setzte, bahnte sich der Durchbruch an, denn Apple verkaufte den iPod auch in einer USB-Version. Ab der dritten Generation von 2003 entfiel der Unterschied, der neu eingeführte Dock-Connector kam sowohl mit einem USB- als auch mit einem Firewirekabel zurecht. Im Jahr 2004 brachen aber alle Dämme: Hatte der iPod vor allen Dingen an Speicherkapazität zugelegt, war aber nicht günstiger geworden, kam mit dem iPod Mini der erste iPod für die Masse. In fünf bunten Farben und mit einem Micro-Drive im 1-Zoll-Format anstatt der bisher verwendeten 1,8-Zoll-Festplatten war der Mini der erste wirklich mobile iPod. Die Festplattengeräte waren in den Jahren seit 2001 zwar wegen der weißen Ohrhörer immer öfter auffällige Begleitung in der Stadt, für den Sport aber nur bedingt geeignet: Die Festplatte schaltet sich bei Erschütterung vernünftigerweise ab und der Pufferspeicher ist irgendwann leer, der Jogger zum Halt gezwungen.

Musikindustrie sträubt sich lange

Die Verkaufszahlen des iPod gingen aber nicht zuletzt wegen einer Innovation durch die Decke, die Apple lange mit der Musikindustrie aushandeln musste: Der iTunes Store sollte zur marktbeherrschenden Quelle für digitale Musik werden. Apples defensive Haltung in Sachen digitaler Kopie - iTunes konnte ab Werk keine Musik vom iPod zurück auf die Festplatte spielen und konterkarierte so die Unterstellung, ein trojanisches Pferd der Raubkopierer zu sein - warf Früchte ab. Eine komplette Industrie ließ sich auf ein völlig neues Geschäftsmodell ein, das sämtlichen bisherigen Vorstellungen Hohn sprach. Im iTunes Store muss keiner ein Album kaufen, wenn er nur einen oder zwei Songs haben will, genau das war einer der gründe für die Popularität der Tauschbörsen. Genau die sah Apple als Hauptkonkurrenten für den iTunes Store an, als dieser 2003 an den Start ging, und nicht die bald folgenden Angebote von Real Networks oder Bertelsmann, das die Überreste von Napster aufgekauft hatte.

Die ängstliche Musikindustrie hatte jedoch einen Kopierschutz durchgesetzt, das war der Preis dafür, Musik so einfach wie möglich anbieten zu können: Jeder Song kostet nur 99 Cent, ein Album 9,99 Dollar. Nur auf fünf Rechnern darf man die mit Fair Play geschützten Stücke abspielen, aber auf beliebig vielen mobilen Geräten, also iPods. Wiedergabelisten darf man nicht öfter als zehn Mal brennen, das "Recht auf Privatkopie" goss Apple in eine technische Lösung.

Auch heute schätzt nicht jeder Künstler den iTunes Store aus den beschriebenen Gründen. Wer lieber Alben verkauft - aus künstlerischen oder kommerziellen Gründen, sei dahingestellt - schätzt den Einzeldownload natürlich gar nicht. Und dass der iTunes Store nur eine gut getarnte Tauschbörse sei, vermuteten einige Plattenfirmen und Bands selbst dann noch, als Apple zehn Millionen iPods pro Quartal verkaufte und in jedem Jahr ein Milliarde Musikdownloads. Bis zum Sommer 2011 hatte Apple insgesamt 15 Milliarden Musikdownloads verkauft. Songs können mittlerweile zwar auch 79 Cent kosten und auf Alben gar weniger, doch rechnen wir einfach mal mit bis heute generierten 15 Milliarden US-Dollar, von denen die Labels 70 Prozent einbehalten durften. Kein schlechtes Geschäft.