Hierarchiedenken, Diskurs und Widerspruch

Zehn Indizien dafür, dass Sie zu viel für Consulting zahlen

26.12.2013
Von  und
Dr. Florian Meister ist Geschäftsführer der Strategic Service Consulting GmbH (SSC). Meister hat zum Thema Change-Management in komplexen Unternehmensstrukturen promoviert und sammelte Erfahrungen unter anderem bei IBM, Steria Mummert Consulting, CTG und A.T. Kearney.
Dr. Alexander Becker ist als Head of Corporate Strategy für die strategische Weiterentwicklung der PMCS Helpline Software Gruppe verantwortlich. Er promovierte über Wirtschaftlichkeitsfragen von IT-Architekturen und sammelte Erfahrungen unter anderem bei McKinsey & Company.
Guter Rat ist teuer, aber schlechte Prozess- und Strategieberatung kostet auf jeden Fall zuviel.

Wann ist IT-Beratung schlecht und damit zu teuer? Die Strategic Service Consulting GmbH hat zehn Anhaltspunkte zusammengetragen.

1. Die IT-Strategie geht an der Geschäftsstrategie vorbei.

Die IT-Strategie wird häufig aus technischer Sicht und von aktuellen Trends her definiert, also aus der Angebotsperspektive. Sie ist demnach nicht an den Geschäftszielen orientiert (Bedarfsperpektive).

Passt die IT-Strategie nicht zu den Geschäftszielen, wird das Business nicht optimal durch IT unterstützt. Das kostet Wettbewerbsfähigkeit, Geld und Zeit.

2. Die IT-Strategie ist zu abstrakt, um konkrete Anforderungen daraus ableiten zu können.

Idealerweise lassen sich aus der Strategie klare Handlungsnotwendigkeiten ableiten. Doch oft fehlt in den Strategiekonzepten eine konkrete Operationalisierung.

Das heißt: Die unkonkrete Strategie wird entweder überhaupt nicht oder aber falsch umgesetzt. Auf diese Weise lassen sich eingeplante Effizienzpotenziale aus der IT nicht umsetzen.

3. Hierarchiedenken führt zu einem suboptimalen Gesamtergebnis.

Der Strategieberater redet mit dem CIO. Der Prozessberater redet mit den Abteilungsleitern. Der Implementierungs-Consultant redet mit dem Projektleiter. So kann keine integrierte Lösung für alle Stakeholder entstehen.

Werden nicht alle Sichtweisen einbezogen, entsteht ein suboptimales Konzept. Und das muss später nachgebessert oder sogar nochmal neu erarbeitet werden.

4. In der Beratung fehlen Diskurs und Widerspruch.

Häufig ist "Beratung" nur das Strukturieren und Zusammenfassen von nicht vollständig durchdachten Kundenanforderungen. Zum Selbstverständnis eines Beraters muss es aber gehören, im Interesse des Kunden auch einmal unbequem zu sein und notfalls zu widersprechen.

Der wesentliche Mehrwert des Beraters ist sein unternehmensübergreifender Erfahrungsschatz. Wird auf den nicht zurückgegriffen, können Ergebnisse auch nicht optimal sein.

5. Getrennte Strategie- und Prozessberatung führen zu Reibungsverlusten.

Die Prozessberatung muss sich zunächst in die Strategie einarbeiten. Dabei ergeben sich häufig Fragen oder Gegenpositionen, die beantwortet beziehungsweise ausgeräumt werden müssen. Schlimmstenfalls werden komplette Elemente der Strategie erneut in Frage gestellt.

Deshalb ist es günstiger, Strategie- und Prozessberatung zusammenzufassen. Sonst zahlen Sie für die Klärung der unterschiedlichen Sichtweisen.

6. Die Prozessberatung "vergisst", die Umsetzbarkeit sicherzustellen.

Prozesse werden häufig am Reißbrett entworfen. Es wird nicht geprüft, ob beziehungsweise mit welchem Aufwand die Prozesse später implementiert werden können. ("Das wird dann im Projekt konkret ausgearbeitet", heißt es in diesem Fall meist).

Die Umsetzung bestimmter Details kann je nach technischer Lösung sehr aufwändig sein. Wird das im Prozessdesign nicht beachtet wird, fällt die Implementierung unerwartet teuer aus.

7. Lehrbuchgläubigkeit ersetzt den Bezug auf die Unternehmensanforderungen.

Gerade im ITIL-Kontext werden theoretische Lösungen nicht auf den Anwendungsfall des Kunden adaptiert, sondern "gemäß Lehrbuch" umgesetzt.

Theoretische Lösungen aus Rahmenwerken wie ITIL sind der kleinste gemeinsame Nenner der unterschiedlichsten Branchen- und Unternehmensanforderungen. Ohne die Berücksichtigung der Unternehmensspezifika sind sie nicht umsetzbar.

8. Erfolgskontrolle und Verantwortung der Prozessberater fehlen.

Die wesentliche Anforderung an die Beratungsergebnisse ist die Verankerung im Unternehmen verbunden mit den notwendigen IT-technischen Umsetzungen. Das erfordert tiefgehende Kenntnisse der Mechanismen, mit denen die Prozesse im Unternehmen etabliert werden.

Fehlt dieses Knowhow, lässt sich der Prozess nicht (richtig) implementieren. Und damit ist er wertlos.

9. Die Prozesse werden ausschließlich auf Standardlösungen angepasst.

IT bewegt sich immer im Spannungsfeld zwischen der Standardisierung und Individualisierung von geschäftskritischen Prozessen. Schlägt dieses Pendel einseitig in Richtung Standardisierung aus, gehen wesentliche Prozessbestandteile verloren.

Genau diese Prozesse sind es, die Unternehmen von anderen unterscheiden. Und werden solche geschäftskritischen Prozesse nicht optimal unterstützt, geht ein Teil der Wettbewerbsfähigkeit verloren.

10. Die Tool-Auswahl geht an den Prozessen und Business-Anforderungen vorbei.

Bei der Auswahl von IT-Lösungen sind die prozessualen Anforderungen (oder auch Business-Anforderungen) meist nicht eindeutig genug definiert. Die Folge sind IT-Auswahlprozesse, die Wert auf eine möglichst große Anzahl von Features legen, um "auf der sicheren Seite" zu stehen.

Im Regelfall erhöht IT die Prozesseffizienz dadurch, dass die richtigen Funktionen zur rechten Zeit angeboten werden. Eine reine Sammlung von Features erhöht nur die Komplexität. Sie ist nicht wertschöpfend und führt dadurch eher zur Ineffizienz. (qua)