Zahl der Messebesucher auf der "Qualifikation" geht zurueck Aussteller warten vergeblich auf die versprochenen Entscheider

29.09.1995

HANNOVER (hk) - Rundum zufrieden zeigten sich der Verband fuer berufliche Qualifizierung und die Deutsche Messe AG als Veranstalter der "Qualifikation '95". Weniger positiv dagegen beurteilten einige Aussteller die Messe und sind am Ueberlegen, ob sie naechstes Jahr wiederkommen werden.

"In den Messehallen sieht es so aus wie auf der Computermesse CeBIT am Morgen", beschrieb ein Besucher seinen Eindruck von der "Qualifikation", die in diesem Jahr zum zweiten Mal in Hannover stattfand. Damit meinte er die gaehnende Leere in den Gaengen, die stundenlang zu beobachten war. In ihrem Abschlussbericht gibt die Messe AG auch zu, dass an den vier Tagen, vom 19. bis 22. September 15000 Besucher durch die zwei mit Austellern besetzten Hallen gingen, was einem Minus von 1000 Gaesten gegenueber dem Vorjahr entspricht. Erwartet hatte Projektleiter Ralf Wiegmann 18000 Interessierte.

Stolz sind die Organisatoren allerdings darauf, dass sie ihre Kernzielgruppe sogar besser erreicht haetten als letztes Jahr. So sollen laut Messe AG 91,7 Prozent Fachinteressierte gewesen sein gegenueber 83,5 Prozent 1994. Auch die Zahl der Teilnehmer, die sich als selbstaendige Unternehmer, Vorstaende und Geschaeftsfuehrer einordneten, ist nach Messeangaben von 29,5 auf 33,5 Prozent gestiegen.

In einer kleinen Umfrage bei einigen Ausstellern bemaengelten diese gegenueber der CW das Wegbleiben der Fuehrungskraefte. Gekommen seien - wenn ueberhaupt - nur die unteren Chargen aus den Weiterbildungs- und Personalabteilungen. Oswald Zimmermann, Geschaeftsfuehrer der Kobit GmbH jedenfalls, hat kaum Entscheider gesehen. Und wenn doch, dann die von den Nachbarstaenden. "Die Messe ist ein Marktplatz fuer Insider" behauptet er.

Sein Terminkalender sei zwar voll, aber nur mit Gespraechen mit Ausstellern. Er beabsichtigt nicht, naechstes Jahr wiederzukommen: Fuer ihn sei die "Learntec" Anfang November in Karlsruhe die bessere Alternative.

Auch der DV-Schulungsanbieter Integrata aus Tuebingen ist nach der diesjaehrigen Vorstellung schwer ins Gruebeln geraten. Dem norddeutschen Geschaeftsstellenleiter Hans-Peter Haase ist die Messe zu teuer dafuer, dass es "nur ein Szenetreff ist", und dass freiberufliche Trainer an seinem Stand nach Arbeit nachfragen:

"Das koennen sie das ganze Jahr ueber bei uns machen." Am ersten und letzten Tag sei fast nichts los gewesen, und "fuer zwei Tage ist die Anwesenheit zu teuer".

Er habe auf Kontakte mit Weiterbildungsexperten aus Grossunternehmen gehofft - allerdings vergeblich. Auch mit der Plazierung seines Standes am Hallenrand ist Haase nicht gluecklich gewesen. Er habe sich einen zentralen Platz gewuenscht, was seiner Meinung nach haette moeglich sein muessen. In der Hallenmitte existierten naemlich noch Leerraeume, die allerdings mit Blumentoepfen und Stuehlen aufgefuellt waren.

Zufrieden aeusserten sich die Anbieter von interaktiven Medien. Wolfram Peters, Geschaeftsfuehrer des Koelner Multimedia-Herstellers Prokoda, behauptet gar, dass er von seinen Multimedia-Kollegen nur positive Stimmen vernommen habe. Peters zeigte zum Beispiel Lernprogramme fuer Windows 95, die auf grosses Interesse stiessen. Auch bei Siemens-Nixdorf herrschte vor einem Bildschirm Gedraenge. Die Muenchner zeigten, wie die Zukunft des Lernens aussehen koennte. Als Ergaenzung zu Computer Based Training bieten sie Telelearning an. Dabei kann der Lernende am Rechner einen speziell ausgebildeten Tutor anrufen. Dieser schaltet sich ueber eine ISDN- Leitung und seinen PC - mit Video- und Audioverbindung ausgestattet - in die laufende Anwendung des Schuelers ein und kann mit ihm den Stoff durchgehen.

Bei der Post Consult herrschte ebenfalls reger Betrieb. Interessierte konnten bei der Posttochter ein kurzes TV-Training mitmachen. Rainer Hartleb, zustaendig fuer das Multimedia-Geschaeft, ist ueberzeugt, dass sich die Veranstalter noch einiges einfallen lassen muessen, wenn es mit der "Qualifikation" nach oben gehen soll. Gefordert seien aber auch die Aussteller, die sich als zuwenig ideenreich erwiesen, um das Thema Training attraktiv auf einer Messe zu vermitteln.