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Yoani Sánchez veröffentlicht Online-Zeitung in Kuba

22.05.2014
Es soll ein Gegengewicht zur gleichgeschalteten Staatspresse sein: Kubas bekannteste Dissidentin ruft eine Online-Zeitung ins Leben. Die autoritären Behörden reagieren prompt - mit Zensur.

Die kubanische Bloggerin und Oppositionsaktivistin Yoani Sánchez fordert mit einer Online-Zeitung die Regierung des sozialistischen Karibikstaates heraus. Ihre Online-Zeitung "14ymedio" wurde am Mittwoch erstmals ins Netz gestellt. "Auf Kuba wird eine Zeitung geboren", schrieben die Macher auf der ersten Seite. Sánchez und ihre Mitstreiter stellen damit das Informationsmonopol der Regierung in Frage. Kurz danach war die Website nicht mehr von kubanischen Servern aus zu erreichen.

Die Zeitung verspricht ihren Lesern unabhängigen Journalismus. "Wir sind der Wahrheit, der Freiheit und der Verteidigung der Menschenrechte verpflichtet", hieß es in einem Leitartikel. Neben der 38-jährigen Sánchez als Publikationsleiterin arbeitet ihr Ehemann, der Journalist Reinaldo Escobar, an dem Projekt mit. 1988 musste der Regierungskritiker die Staatszeitung "Juventud Rebelde" verlassen, weil er nicht linientreu berichtete.

Kritisch gingen die Macher am Mittwoch auch ans Werk. Aufmacher der ersten Ausgabe war eine Reportage über gewöhnliche Kriminalität in der Hauptstadt Havanna - ein Thema, das in der Staatspresse üblicherweise tabuisiert wird. Aber auch die Wetterprognose oder die Kulturagenda waren Teil des Angebots.

Den Behörden ging die angekündigte Vielfalt zu weit. Kurz nach Veröffentlichung war die "14ymedio"-Seite auf Kuba nicht mehr zugänglich. Stattdessen leitete die Adresse automatisch auf ein regierungsnahes Portal weiter, auf dem Sánchez attackiert wird.

"Schlechte Strategie", urteilte sie beim Kurznachrichtendienst Twitter. "Nichts ist reizvoller als das Verbotene", gab sie sich sicher. Auf Kuba sind alle Medien in Staatshand.

Die studierte Philologin Sánchez wurde ab 2007 weltweit bekannt mit ihrem Blog "Generación Y". Dort kritisiert sie die Castro-Regierung mit offenem Visier. Der Anfangsbuchstabe ihres Vornamens sollte nun ihrem neuen Projekt erhalten bleiben. Der Name "14ymedio" (Vierzehneinhalb) enthält auch eine Anspielung auf ihre Wohnung in einem 14. Stockwerk - dem Ort, an dem vermutlich viele ihrer publizistischen Inhalte entstehen werden.

Nach rund 20 vergeblichen Ausreiseversuchen in fünf Jahren hatte sie Anfang 2013 infolge gelockerter Reisebestimmungen einen Pass erhalten. Danach reiste Sánchez durch zwölf Länder in Amerika und Europa. (dpa/tc)