Die Zukunft der IT-Organisationen

Yes we can - Oder doch Dr. No?

05.02.2013
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Big Data ist mehr als nur BI

Wichtig für das Verständnis von Big Data ist dabei, dass es sich hierbei nicht nur um eine verbesserte Form von Business Intelligence (BI) handelt. Volker Rieger von Detecon International weist darauf hin, dass "viele aktuelle Big-Data-Anwendungen darauf abzielen, Informationen direkt für Kunden und Nutzer bereitzustellen." Unternehmen könnten, so das Fazit Riegers, "enorme Vorteile aus der Datenanalyse ziehen".

Jeder kann profitieren

Carlo Velten, Senior Advisor bei der Experton Group: "Die Herausforderungen des Datenwachstums müssen zuerst auf der Infrastrukturseite gemeistert werden."
Carlo Velten, Senior Advisor bei der Experton Group: "Die Herausforderungen des Datenwachstums müssen zuerst auf der Infrastrukturseite gemeistert werden."

Carlo Velten, Senior Advisor bei der Experton Group, hat mit Kollegen im Auftrag von BT eine Big-Data-Studie durchgeführt. Eine Erkenntnis der Untersuchung: Big Data ist ein Phänomen, das praktisch alle Firmen betrifft. Karsten Lereuth, CEO von BT Germany, fügt hinzu: "Die IT-Verantwortlichen sollten sich rechtzeitig damit auseinandersetzen und prüfen, ob ihre IT-Infrastruktur dieser Entwicklung gewachsen ist."

Hier klingt die Aussage von Gartner durch, dass existierende IT-Architekturen hinterfragt werden müssen. Auch Experton-Mann Velten weist darauf hin, dass Big-Data-Analysen erst nach der Überwindung technischer Hürden möglich seien: "Es zeigt sich, dass die Herausforderungen des Datenwachstums zuerst auf der Infrastrukturseite gemeistert werden müssen, um danach im Rahmen der Analyse- und Reportingprozesse von Nutzen sein zu können." Das ist nur eines der Probleme, die in Big-Data-Konzepten lauern.

Foto: alphaspirit, Shutterstock.com

Neben solchen technischen Überlegungen muss aber auch klar sein: Eine Big-Data-Strategie berührt auch Fragestellungen, die weit über die Türschwelle der IT-Organisation hinausreichen. Alexander Duisberg von der Rechtsanwaltskanzlei Bird & Bird LLP weist auf der Tagung des Münchner Kreises auf die rechtlichen Probleme im Umgang mit den riesigen Datenmengen hin. Jede Firma stehe sofort vor der unbedingt zu klärenden Frage: Wessen Eigentum sind einzelne Datensätze und Datensammlungen und wie ist es um deren Verkehrsfähigkeit bestellt - vulgo, was darf man mit den Daten anstellen?

Es zeigt sich an diesem Beispiel, dass IT-Organisationen künftig Hand in Hand mit den Fachabteilungen, den Governance-Verantwortlichen und dem Topmanagement Strategien, Geschäftsmodelle und Vertriebs-, Marketing- sowie Produktkonzepte entwickeln müssen.

Nur gemeinsam sind wir erfolgreich

Fazit: Heutige Technikoptionen und deren Nutzung dürfen beileibe kein exklusives Thema von IT-Organisationen bleiben. Wenn Unternehmen heute Ernst machen wollen mit dem Anspruch alle Möglichkeiten von Daten-Management und -analyse ausloten zu wollen, müssen sich nolens volens IT- und Fachabteilungen sowie Querschnittsorganisationen wie Personalwesen und Rechtsabteilung aufeinander zu bewegen und gemeinsam individuelle, auf das eigene Unternehmen zugeschnittene Antworten finden.

ByoD - Stoff für Kontroversen

Doch der Weg vom Anfänger zum Avantgardisten ist steinig. Das zeigt sich beispielsweise auch am ambivalenten Verhalten der Unternehmen, wenn es um das momentane Modethema schlechthin der IT-Branche geht: Bring your own Device (ByoD). Das ist zwar nur ein Aspekt des übergeordneten Themas Mobility. Aber mit ByoD stellen sich alle Fragen, die eine übergeordnete Mobility-Strategie auch aufwerfen würde. Und damit birgt es Stoff für jede Menge Kontroversen in Unternehmen.

Die BT-Studie zu Beweggründen, eine ByoD-Strategie zu verfolgen, ergibt deutliche Ergebnisse: Firmen versprechen sich u.a. Wettbewerbsvorteile, eine höhere Produktivität und eine verbesserte Flexibilität.
Die BT-Studie zu Beweggründen, eine ByoD-Strategie zu verfolgen, ergibt deutliche Ergebnisse: Firmen versprechen sich u.a. Wettbewerbsvorteile, eine höhere Produktivität und eine verbesserte Flexibilität.

Nur ein Beispiel: Laut einer Studie von Varonis, Anbieter von Data-Governance-Software, verbieten vier von fünf der befragten Unternehmen ihren Mitarbeitern die Nutzung Cloud-basierender Dateisynchronisierungs-Dienste. Das ist eine schlechte Nachricht.

Denn der Austausch und Abgleich von Daten über einen Synchronisations-Dienst aus der Wolke ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass das Mantra der ubiquitär und jederzeitig verfügbaren Firmeninformationen überhaupt realisiert werden kann. Erst wenn das funktioniert, ist ortsunabhängiges Zusammenarbeiten wirklich möglich.

Das sieht die überwiegende Mehrzahl der von Varonis befragten Unternehmen übrigens durchaus genauso. Weswegen fast ebenso viele Antwortenden, nämlich 70 Prozent, meinten, sie würden diese Dienste sehr gerne einsetzen. Dazu müsse aber eine Bedingung erfüllt sein: Sie müssten ebenso robust und sicher sein wie interne Systeme.

Angst essen Fortschritt auf

Die Angst vor dem Verlust wichtiger Firmendaten und der Folge, als IT-Verantwortlicher dafür verantwortlich gemacht zu werden, bremst den Fortschritt. Und so wird mit Richtlinien und Verboten verhindert, was das Unternehmen wirklich voranbringen könnte. Angesichts der Compliance- und Datenschutzauflagen ist das auch durchaus nachvollziehbar.

Und so erlaubt eben nur jedes fünfte Unternehmen die Datensynchronisation in der Public Cloud. Und 59 Prozent der Organisationen ziehen gemäß der Varonis-Studie herkömmliche Methoden vor, um des Themas Herr zu werden. Sie verlassen sich auf eine Kombination "aus Richtlinien und Blockademethoden".

Man mag solche vermeintliche Bremsklotzmentalität kritisieren. Doch so richtig überzeugt die Haltung der großzügigen 20 Prozent, die keinerlei Maßnahmen ergriffen haben, um die Nutzung der Datensynchronisation in der Wolke zu unterbinden, auch nicht. Deren Mitarbeiter können quasi im Blindflug "vertrauliche Informationen jederzeit außerhalb des Unternehmens speichern".