Fehlende Integrationsstrategien verhindern noch den offenen Desktop

Yankee Group: Workstations und PCs wachsen zusammen

13.09.1991

BOSTON (CW) - Die Grenzen zwischen PC und Workstation verschwimmen, Technologien aus beiden Bereichen gleichen sich immer mehr - eine neue Anwendungsumgebung für den Desktop entsteht. Der Durchsetzung in den DV-Abteilungen der Anwenderunternehmen stehen jedoch noch Hürden entgegen. Zu diesem Schluß kommt eine Studie des US-Marktforschungs-Unternehmens Yankee Group.

Zu den Technologien, die in einer so entstehenden "Personal Workstation", wie das Konstrukt bei Yankee heißt, zum Einsatz kommen, zählen eine 32-Bit-CPU, ein verbessertes Arbeitsspeicher-Management, ein interner Hochgeschwindigkeits-Bus, hochauflösende Farb- oder Graubildschirme mit erhöhter Bildwiederhol-Frequenz sowie eingebaute Netzfähigkeit - nach Ansicht der Marktforscher mit zunehmend günstigerem Preis-Leistungsverhältnis. Eine Personal Workstation, wie sie die Yankee Group für eine Marktprognose definiert hat, kostet weniger als 10 000 Dollar, hat einen Arbeitsspeicher von mindestens vier MB und wird vorwiegend als Desktop-Gerät für Business-Anwendungen eingesetzt, weniger als Fileserver.

"Personal Workstations" könnten die Arbeit von teuren Minis und Mainframes übernehmen, meinen die Autoren der Studie. Sie wären die Antwort auf die drängendsten DV-Probleme der neunziger Jahre: die Ausnutzung der gewaltigen Informationsmengen, die in den DV-Landschaften großer Anwenderunternehmen schlummerten, ohne daß dezentrale Zugriffe darauf möglich seien. Es würden jedoch bisher kaum Lösungen zur Nutzungsoptimierung und Integration der Rechner in Netzumgebungen angeboten. Ohne strategische Orientierungen, heißt es in der Studie, gebe es keinen ausreichenden Kaufanreiz für derartige Maschinen.

Das könnte gleichzeitig eine Erklärung für die Zurückhaltung der Hardware-Hersteller sein.

In den nächsten fünf Jahren wird der Markt voraussichtlich relativ eng begrenzt bleiben. Die Yankee-Researcher meinen, die Komplexität verteilter und vollständig vernetzter Anwendungen schrecke noch zu viele Anwender ab. Das Unternehmen geht von 2,5 Millionen verkaufter Einheiten in 1993 aus; in diesem Jahr sollen 1,7 Millionen Geräte abgesetzt werden, die die Yankee-Kriterien für eine Personal Workstation erfüllen.

Keine verbindliche Aussage trifft die Studie darüber, welches Betriebssystem sich auf Desktop-Ebene durchsetzen wird. Die laufenden Standardisierungsbemühungen in den Herstellergremien OSF, Unix International und ACE, so die Autoren optimistisch, würden indes den Weg zu Integrationslösungen ebnen. Zum Schutz ihrer Investitionen in bestehende Installationen gebe es für die Anwender nur den Weg, sämtliche existierenden Desktop-Umgebungen zusammenzuführen. Die Studie geht davon aus, daß Unix, OS/2, DOS und Macintosh-OS in Zukunft transparent in einer integrierten DV-Landschaft zusammenwirken können.