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"Moralische Pygmäen"

Yahoo! wegen chinesischer Dissidenten gegrillt

07.11.2007
Ungewohnt harte Worte gab es gestern für Yahoo! bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des US-Kongresses. Dabei ging es um die Rolle der Portalfirma bei der Verurteilung von mindestens zwei chinesischen Dissidenten.

"Sie sind zwar technisch und finanziell Giganten, moralisch aber Pygmäen", erboste sich der demokratische Abgeordnete Tom Lantos (Kalifornien), der die Anhörung einberufen hatte, gegenüber Yahoo!-Mitgründer und -CEO Jerry Yang und Yahoo!s wegen inkonsistenter Zeugenaussagen besonders umstrittene Generaljustiziar Michael Callahan. "Diese Aussage war ein fürchterliches Armutszeugnis."

Yang hatte sich laut "Wall Street Journal" zuvor bei der Mutter des chinesischen Journalisten Shi Tao entschuldigt, der im Jahr 2004 verhaftet worden war, nachdem die damalige Tochterfirma Yahoo China Informationen über ihn an chinesische Behörden übergeben hatte. "Ich möchte sagen, dass wir alles tun, um sie freizubekommen. Und ich möchte mich persönlich für das entschuldigen, was sie durchmachen", sagte Yang zur Mutter von Shi, die an der Anhörung teilnahm und direkt hinter Yang und Callahan saß.

Auch die Ehefrau des gleichfalls inhaftierten Internet-Autoren Wang Xiaoning nahm an der Anhörung teil. Wang war nach Angaben eines Ausschusssprechers im Jahr 2002 verhaftet worden, nachdem er einen Yahoo!-Account benutzt hatte, um für freie Wahlen in China zu werben. Auch hier soll Yahoo! Schützenhilfe geleistet haben.

Neben Yahoo! haben sich auch andere große Internet-Firmen wie Google schon blutige Publicity-Nasen geholt beim Versuch, sich einen Teil vom potenziell gigantischen chinesischen Markt zu sichern. Sie argumentier(t)en dabei durch die Bank, sie seien zwar unglücklich über die repressive chinesische Politik, müsste sich aber an die Gesetze halten, um ihr Geschäft in dem Land zu betreiben.

Yahoo! und andere Internet-Firmen arbeiten seit rund einem Jahr zusammen mit der Electronic Frontier Foundation (EFF) und anderen Bürgerrechtlern an einem Kodex von Internet-Grundsätzen, der zumindest einige der in China virulent gewordenen Probleme aus der Welt schaffen soll. Diese Bemühungen kommen aber nur langsam voran und sind noch nicht abgeschlossen.

Was Yahoo! widerfahren wäre, hätte es nicht mit den chinesischen Behörden kooperiert, weiß leider auch niemand. Die Firma gibt an, ihren Mitarbeitern hätte in diesem Fall ihrerseits Strafverfolgung drohen können. Die für die Geschäftstätigkeit einer ausländischen Firma nötigen Lizenzen liegen voll im Ermessen der Regulierungsbehörde der Staatsregierung.

Im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Beijing im kommenden Jahr geraten eine Menge Problemfelder - von Menschenrechten bis zum Umweltschutz - in China zunehmend ins Blickfeld und könnten sehr wohl die Möglichkeiten westlicher Firmen beeinträchtigen, in China Geschäfte zu machen. (tc)