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Lars Hinrichs im Interview

"Xing profitiert von der Krise"

17.10.2008
Von Jürgen Liebherr

Hinrichs: Das werden die Mitglieder entscheiden. Wir sind in Deutschland und Europa Marktführer. Wer hier in Zukunft geschäftlich netzwerken möchte, geht eher dahin, wo die Business-Community bereits aktiv ist.

CW: Immerhin hörte man im Sommer, dass LinkedIn mehrere Millionen Dollar von diversen Investoren gesammelt hat und ein Börsengang noch immer denkbar ist. Könnte LinkedIn Xing nicht einfach schlucken?

Hinrichs: Das ganz sicher nicht. Denn Xing ist nachweislich hochgradig profitabel, hat seinen Umsatz im Vergleich zum letzten Halbjahr verdoppelt und den Gewinn verdreifacht. Unsere wesentlichen Investoren sind eng mit uns verbunden und sehen in Xing ein nachhaltig attraktives Investment.

CW: Könnte es grundsätzlich nicht auch sein, dass der ganze Community- und Netzwerk-Hype bald zusammenbricht und die User abwandern?

Hinrichs: Nein. Ich sehe bei Business-Plattformen ein anderes Nutzerverhalten als bei privat genutzten Netzwerken. Bei Communities wie Facebook oder MySpace melden sich die User an und sind in der Anfangszeit sehr aktiv. Dann lässt das Interesse schnell nach. Aber prinzipiell und weltweit gesehen wachsen diese Plattformen immer noch gigantisch. Ein beruflich genutztes Netzwerk wie Xing wird ganz anders genutzt: Xing-Mitglieder haben im Netzwerk andere Nutzungsrhythmen. Berufliche Kontakte bieten einen echten Mehrwert, deshalb bleibt der Nutzer aktiv.

CW: Sie haben ja langjährige Erfahrung mit dem Internet-Business: Wohin geht die Entwicklung des Web im Moment?

Hinrichs: Das nächste was wir sehen werden, ist, dass noch nicht etablierte Startups Finanzierungsengpässe bekommen - genauso wie im Jahre 2001 (Anm. d. Red.: als die erste Dotcom-Blase platzte). Venture Capital steht nur bereit, wenn es auch einen "Exit" gibt, also eine Möglichkeit zum Verkauf oder zum Börsengang. In der aktuellen Situation wird es aber für viele Startups keine Anschlussfinanzierung geben. Dann sind die Unternehmen darauf angewiesen, ein Geschäftsmodell zu finden, das schnell profitabel wird. In Silicon Valley sind schon einige Firmen untergegangen. Das droht jetzt auch in Deutschland zu passieren.