Wosa: Alle Macht den Windows-PCs

14.08.1992

Unter diesem Motto versucht Bill Gates derzeit, die DV-Technik bis hinauf zum Mainframe aufzurollen. Geht sein Windows-Open-Services-Architecture-Konzept (Wosa) auf, laufen demnächst fast alle Anwendungen unter Windows, während der Rest der DV Welt die dazu nötigen Daten sowie System- und Netzwerkdienste liefert.

Ist Softwarekrösus Bill Gates, vom Erfolg berauscht wie einst Big Blue, dem Wahn verfallen, die DV-Welt solle an seinen Produkten genesen? Träumt er davon, Windows als "universales Front-end" auf den Thron zu heben, den früher die Mainframes als zentrales Back-end innehatten?

Aber rechtfertigt Wosa solche Ambitionen überhaupt? Nüchtern gesehen, ist eigentlich wenig mehr geschehen, als daß ein Hersteller ankündigt, eine Reihe von Anwendungsprogrammier-lnterfaces (APls) offenzulegen. Nun hofft Microsoft allerdings darauf daß sich die Entwickler auf diese Schnittstellen stürzen und massenhaft Windows-Applikationen schreiben.

Um die Attraktivität des Schnittstellen-Konzepts und damit von Windows zu erhöhen, hat der Hersteller zweierlei unternommen. Zum einen dachte er sich das Konzept der Gruppen-APIs aus, so daß ein Entwickler für mehrere Datenbanksysteme nur eine Anwendung zu schreiben braucht.

Zum anderen haben die Microsoft-Marketiers diese Idee zum "Wosa"-Konzept aufgeblasen. Darin wird den Inhouse-Programmierern wie den Software-Anbietern die Herrschaft der DV-Szene vom Windows-Front-end aus versprochen - vorausgesetzt sie entwickeln für Wosa.

Derart hochgesteckte Ambitionen aber, das sollte Bill Gates eigentlich von Ex-Partner IBM und dessen proprietärem SAA-Flop gelernt haben, lösen bei den Kunden folgenreiche Enttäuschungen aus, wenn sie nicht eingehalten werden können. Deshalb ist er schlecht beraten, wenn er ein an sich sinnvolles Konzept für die Integration heterogener Systeme wie Wosa zu hoch aufhängt.

Damit konnte er der DV-Integration bei den Anwendern ebenso schaden wie seinem eigenen Unternehmen.

gfh