Supercomputer '99 in Mannheim

Workstation-Cluster liefern bald Petaflops-Leistung

09.07.1999
Von Uwe Harms* MANNHEIM - Bei der alljährlichen Präsentation der Top-500-Liste mit den schnellsten Supercomputern wurde die zunehmende Bedeutung von Workstation-Clustern ("Clusters of Workstations") deutlich. Durch solche Computerverbünde lassen sich künftig Rechenleistungen im Petaflops-Bereich (Trillionen Fließkommaoperationen pro Sekunde) realisieren.

Knapp 250 Teilnehmer konnte Professor Hans Meuer von der Universität Mannheim zur alljährlichen Präsentation der leistungsstärksten Supercomputer begrüßen. Zunächst diskutierte er die aktuelle Top-500-Liste der schnellsten Rechner der Welt. Wiederum lag der "Asci-Red" von Intel mit 9472 neuen Pentium-Prozessoren und einer Leistung von 2,1 Teraflops (2,1 Billionen Rechenoperationen pro Sekunde) beim Linpack-Benchmark auf Platz eins.

Bei der Accelerated Strategic Computing Initiative (Asci) handelt es sich um ein Forschungsprogramm des US-Energieministeriums zur Simulation von Atomwaffen. Die weltweit installierten Asci-Supercomputer von vier verschiedenen Herstellern vereinigen insgesamt zehn Prozent der gesamten Rechenleistung der Top 500 von 39,1 Teraflops auf sich. SGI liegt dabei mit 182 Rechnern und fast 50 Prozent der installierten Leistung an der Spitze, gefolgt von IBM und Sun. Detaillierte Informationen findet man unter www.top500.org.

Zu den augenfälligen Trends im Supercomputing zählt die wachsende Zahl massiv-paralleler Systeme mit Risc-Prozessoren. Die Bedeutung von Vektorrechnern mit speziell für technisch-wissenschaftliche Zwecke ausgelegten proprietären Prozessoren sinkt dagegen. Erstmals sind fünf installierte Clusters of Workstations zu verzeichnen.

Hinsichtlich der installierten und hergestellten Systeme dominieren die USA, Japan fällt zurück. In Europa hält Deutschland klar Platz eins mit 47 Rechnern. Hans Meuer erwartet, daß die Nummer eins der Top 500 im Jahr 2005 zwischen 50 und 100 Teraflops schaffen wird, die Nummer 500 erreiche immerhin noch 1 Teraflops.

In seiner Keynote am ersten Konferenztag präsentierte Gordon Bell, Entwickler der PDP 6 - inzwischen bei Microsoft -, seine Sicht der nächsten zehn Jahre Supercomputing. Die Zukunft liege im Cluster. Große Unternehmen verfügen oft über insgesamt 10000 Prozessoren in allen installierten Workstations. Im Jahr 2010 soll sich diese Zahl verzehnfachen. Würde man alle diese Rechner zusammenschalten, ergäbe sich eine Leistung auf Supercomputerniveau. Bell spricht von Spitzenwerten bis hin zum Petaflops (eine Trillion Fließkommaoperationen pro Sekunde).

Hindernisse auf diesem Weg sind aber die fehlenden Standardisierungen, die Probleme bei der Programmierung und die Kommunikation über schnelle Switches. Im Rahmen des Asci-Programms soll ein 100-Teraflops-Rechner im Jahr 2004 und ein Petaflops-System im Jahr 2010 verfügbar sein. Bell sieht am Hochleistungscomputermarkt für das technisch-wissenschaftliche Segment Tendenzen hin zu SMP-Clustern (symmetrische Multiprozessorsysteme). Die nichtamerikanische Welt kaufe aus Kapazitätsgründen für alte Programme noch so lange SMP-Vektorrechner, bis die Cluster eine vergleichbare Leistung bieten könnten.

In der Sitzung der Chefentwickler von neun Rechnerherstellern prallten die Architekturmeinungen aufeinander. Nachdem Steve Wallach, Mitgründer der von Hewlett-Packard aufgekauften Firma Convex und heute beim Beratungsunternehmen Center Point, die Vektorrechner als Wale in einem Nationalpark bezeichnet hatte, hielten die japanischen Hersteller dagegen. Sie haben gerade neue Systeme installiert oder angekündigt, beispielsweise "Hitachi SR8000", "NEC SX-5" mit 8 Gflops und Fujitsu-Siemens den "VPP5000" mit 9,6 Gflops Leistung. Diese Anbieter sehen gute Chancen im technisch-wissenschaftlichen Markt, wenn hohe erzielbare Leistung gefragt ist. Arithmetik-Pipelines, große Register, hohe Speicherbandbreiten und die ausgereifte Compiler-Technologie beschleunigten die eingesetzten Programme. NEC sieht gar eine Kombination von Standard-Mikroprozessoren und mehreren Vektorprozessoren in einem System als optimale Wahl.

Die Risc-Anbieter erhoffen sich hingegen einen erheblich größeren Markt, da die Rechner kostengünstiger und auch im kommerziellen Umfeld - mit wesentlich mehr Umsatz - einsetzbar sind. Hier ist Unix immer noch das Betriebssystem der Wahl, da in Windows NT wichtige Eigenschaften wie Accounting und Job-Scheduling fehlen.

Nach den Firmenpräsentationen der Hersteller war den Clusters of Workstations (COWs) ein Vormittag gewidmet. COWs bestehen vereinfacht ausgedrückt aus Intel- oder Risc-Prozessoren, die über ein Hochgeschwindigkeitsnetz unter Unix oder Windows NT, in jüngster Zeit auch Linux, gekoppelt sind. Solche Workstation-Verbünde gewinnen als kostengünstige Alternative zu den teuren Supercomputern an Bedeutung. Viele Hochschulrechenzentren in Deutschland forschen auf diesem Gebiet.

*Uwe Harms arbeitet als freier Journalist und Berater in München.