Worin CIOs ihre Mitarbeiter qualifizieren

21.02.2007
Von  und
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Alexandra Mesmer war bis Juli 2021 Redakteurin der Computerwoche, danach wechselte sie zu dem IT-Dienstleister MaibornWolff, wo sie derzeit als Head of Communications arbeitet.
Sie sollen kommunizieren, beraten und dann ihre Leistung entsprechend verkaufen so stellen sich viele CIOs ihre idealen Mitarbeiter vor. Technisches Detailwissen rückt in den Hintergrund und wird weniger gefördert.

Seit sich die IT-Abteilungen in Anwenderunternehmen als interne Dienstleister verstehen, wandelt sich auch das Bild der dort beschäftigten Mitarbeiter. Zwar wird erwartet, dass sie über ein solides technisches Wissen verfügen. Mit tiefem Detailwissen können IT-Profis ihre Chefs aber in den seltensten Fällen noch beeindrucken, wie eine Umfrage der COMPUTERWOCHE unter CIOs zum Thema Weiterbildung 2007 ergab. Die befragten IT-Manager wollen kommunikative Allrounder, die mit der eigenen Abteilung, mit den Kunden, sprich den Fachabteilungen, sowie externen Dienstleistern gut zusammenarbeiten. Fortbildung in sozialer Kompetenz und Projekt-Management hat darum für viele in diesem Jahr einen hohen Stellenwert.

Hier lesen Sie...

  • auf welche Fähigkeiten IT-Manager bei IT-Profis Wert legen;

  • auf welchen Gebieten IT-Proifs gefördert werden sollen;

  • warum technisches Detailwissen zunehmend an Bedeutung verliert.

Ingo Bachmann, Zott: Kommunikative Allrounder statt Spezialisten

Wer Geschäftsprozesse erfolgreich abbilden will, muss sie nicht nur verstehen, sondern sollte dazu bereit sein, mit anderen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Das ist die Erfahrung von Ingo Bachmann. Darum erwartet der DV-Leiter der Zott GmbH & Co. KG mit Sitz im schwäbischen Mertingen von seinen Mitarbeitern in erster Linie Teamgeist und Kommunikationsstärke. "Wenn IT-Systeme entstört oder weiterentwickelt werden sollen, treten immer wieder Missverständnisse auf, die den Erfolg verzögern und die im Grunde genommen vermeidbar sind", sagt Bachmann. Eine hohe Kundenzufriedenheit lasse sich dagegen nur gemeinsam mit den Fachabteilungen erreichen.

Ingo Bachmann: "Ich kann von meinen Mitarbeitern nicht verlangen, dass sie immer auf dem neuesten Stand sind."
Ingo Bachmann: "Ich kann von meinen Mitarbeitern nicht verlangen, dass sie immer auf dem neuesten Stand sind."

Diese Erkenntnis gibt auch den Weg in Sachen Weiterbildung der IT-Mitarbeiter beim Joghurtproduzenten vor: Sie sollen weniger fachliches Wissen anhäufen oder vertiefen, sondern in kommenden Jahren vor allem Teamtrainings und Projekt-Management-Kurse besuchen. "Eine Hochspezialisierung hat nur noch Bedeutung, wenn es um Systeme geht, bei denen jeden Tag Entwicklungen anstehen, als zum Beispiel Business-Intelligence-Systeme", sagt der IT-Chef. Da die Palette der eingesetzten Programme, Dienste, Protokolle, Programmiersprachen und Betriebssysteme im Unternehmen immer breiter wird, kann Bachmann von seiner Mannschaft nicht verlangen, ständig auf dem neuesten Stand zu sein. Darum setzt er gezielt spezialisierte Freiberufler ein, die das nötige technische Know-how mitbringen. "Für einen Mittelständler ist es nicht sinnvoll, solche Experten dauerhaft zu beschäftigen." Die fest angestellten IT-Mitarbeiter haben dann vor allem die Aufgabe, den Einsatz der externen Profis zu koordinieren.

Werner Scherer, Döhler: Prozesse sind wichtiger als Software

Auch bei der Darmstädter Döhler-Gruppe, die Grundstoffe und Ingredienzien für die Getränkeindustrie produziert, haben sich die Anforderungen an IT-Professionals gewandelt: Wie in vielen anderen Anwenderunternehmen kommt es darauf an, die Geschäftsprozesse zu verbessern, das tiefe technische Wissen rückt in den Hintergrund. "Unsere IT-Profis brauchen eine hohe Kommunikations-, Integrations- und Überzeugungsgabe, eine ausgesprägte Kenntnis der Leistungsfähigkeit von IT-Standardkomponenten sowie ein unternehmensübergreifendes Networking", sagt Werner Scherer, Leiter IT und Organisation der Döhler-Gruppe. Als unverzichtbar nennt er zudem Kenntnisse im Projekt-Management.

Werner Scherer: "Erfahrene interne Berater geben ihr Wissen an die Kollegen weiter."
Werner Scherer: "Erfahrene interne Berater geben ihr Wissen an die Kollegen weiter."

Scherer ist froh, heute mit den Fachbereichen nicht mehr über Software und Hardware diskutieren zu müssen, sondern über Geschäftsprozesse. Das schlägt sich auch in der Weiterbildung seiner IT-Mitarbeiter nieder. Technische Detailtiefe müsse auf vielen Gebieten, besonders im Bereich der Infrastruktur, nicht mehr vermittelt werden, da man dieses Wissen beziehungsweise die integrierbaren fertigen Komponenten zu vernünftigen Preisen kaufen könne. "Die Integration spielt sich heute auf einer technisch höheren Ebene ab, bei uns nicht mehr in SAP Abap, sondern im SAP-Portal", erklärt der IT-Leiter. Technisches Grundwissen etwa zu SAP, erhalten seine Mitarbeiter immer durch Schulungen beim Anbieter. Ein persönlicher Einarbeitungsplan zeigt ihnen auf, welche Kenntnisse sie brauchen beziehungsweise in welchen Fachbereichen ihre Mitarbeit nötig ist.

Geht es darum, Experten Sozial- und Methodenwissen zu vermitteln, hält Scherer nichts von externen Kursen. Stattdessen setzt er auf Training-on-the-job. Zum einen geben erfahrene interne Berater ihr aktuelles Wissen an die Kollegen weiter, zum anderen qualifizieren externe Berater die Döhler-Mitarbeiter innerhalb eines Projekts weiter, wofür Scherer mitunter bereit ist entsprechend auch die Zahl der Beratertage zu erhöhen.

Rainer Ostermeyer, GfK: IT-Manager werden zu Verkäufern

IT verkauft sich nicht mehr von selbst, zumal sich auch Mitarbeiter in vielen Fachabteilungen technisches Grundwissen angeeignet haben und mitreden wollen. Wenn Applikationen im Prozesszusammenhang entstehen und gemeinsam mit dem Kunden konzipiert werden, müssen die IT-Profis das Geschäft der Kunden gut kennen und sie entsprechend beraten. Darum legt Rainer Ostermeyer, CIO der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Wert darauf, insbesondere neuen Mitarbeitern Wissen über die Marktforschung und deren Methoden zu vermitteln. Als Chef des internen IT-Dienstleisters GfK Data Services sieht er in diesem "Insiderwissen" einen wichtigen Trumpf, um sich gegen externe Dienstleister abzuheben. Von seinen Führungskräften erwartet er, dass sie sich als "Key Accounter" verstehen und die erbrachte Leistung angemessen "verkaufen".

Rainer Ostermeyer: "Service-Management wird ein wichtiger Schwerpunkt in der diesjährigen Weiterbildung."
Rainer Ostermeyer: "Service-Management wird ein wichtiger Schwerpunkt in der diesjährigen Weiterbildung."
Foto: Rainer Ostermeyer

Neben Branchenwissen sieht Ostermeyer im IT-Service-Management einen zweiten wichtigen Schwerpunkt in der diesjährigen Weiterbildung. Bereits im vergangenen Jahr haben alle Manager, Teamleiter und so genannte interne Multiplikatoren das Itil (IT Infrastructure Library)-Foundation Zertifikat erworben. 2007 werden sämtliche Führungskräfte die Zertifizierungsprüfung zum "IT-Service-Manager"absolvieren und das restliche Personal über Multiplikatoren schulen. Derzeit lässt Ostermeyer die kompletten IT-Service-Prozesse wie Incident- oder Configuration-Management überprüfen, inwieweit sie dem Best-Practice-Ansatz des Itil-Standards entsprechen. Ziel ist es, diese Prozesse und die damit verbundenen Workflows zu verbessern und die Erbringung der Services transparenter zu machen", sagt der CIO.

Was das technische Know-how seiner Mitarbeiter angeht, unterscheidet Ostermeyer zwischen der fachlichen Fortbildung im eigenen Themenumfeld und neuen Technologien. Erstere ist für ihn selbstverständlich, er überlässt sie der Eigeninitiative des Einzelnen: Reines "Codieren" in der Softwareentwicklung oder Wissen über Speichersysteme müssen "weitgehend im Selbststudium erlernt werden, zumal die Softwareentwicklungs-Werkzeuge heute wesentlich verbessert sind." Dagegen unterstützt er es, wenn sich die Mitarbeiter mit neuen Technologien vertraut machen, um ihre Relevanz für das Unternehmen beurteilen zu können und sich nicht von einem Hype beirren zu lassen. Die IT sei hier gefordert, die Anwender bei Entscheidungen über geeignete Softwarelösungen und deren Integration ins Gesamtanwendungsportfolio zu unterstützen.

Martin Urban, BSR: Den Kunden verstehen lernen

Kundennähe hat für Martin Urban viel mit Verstehen zu tun. Der IT-Leiter der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) legt vor allem auf die kommunikativen Fähigkeiten seiner Mitarbeiter großen Wert. "Ziel ist es, die Kräfte und Einflussfaktoren, die auf unsere Kunden einwirken, zu verstehen. Gut ist, die vom Kunden geäußerten Wünsche zu verstehen. Besser ist es, auch das Umfeld zu kennen, das diese Wünsche treibt oder zumindest beeinflusst", so Urbans Vorgabe.

Martin Urban: "Gut ist es, die Kundenwünsche zu verstehen. Besser ist es, auch das Umfeld zu kennen."
Martin Urban: "Gut ist es, die Kundenwünsche zu verstehen. Besser ist es, auch das Umfeld zu kennen."

Insofern will auch er die kommunikativen Fähigkeiten seiner Mitarbeiter mit entsprechenden Trainings stärken, so dass diese eher als Berater denn als Technikexperten agieren können. Fachlich setzt Urban den Schwerpunkt der Fortbildung auf Portale. Infrastrukturnahe Themen verlören nach seiner Aussage dagegen nach und nach an Bedeutung, da die Berliner Stadtreinigungsbetriebe Aufgaben in diesem Bereich "vorsichtig und langsam" an externe Dienstleister auslagern.

Urban will, dass sich seine Mitarbeiter ein modulübergreifendes, zunehmend prozessorientiertes Wissen aneignen. "Silo-Skills", wie Urban das auf ein Modul oder System begrenzte Know-how nennt, sollen der Vergangenheit angehören.

Günter Weinrauch, Premiere: Neue Aufgaben nach Outsourcing

Günter Weinrauch: "Die Mitarbeiter müssen heute mehrere Projekte gleichzeitig bearbeiten."
Günter Weinrauch: "Die Mitarbeiter müssen heute mehrere Projekte gleichzeitig bearbeiten."

Da der Bezahlsender Premiere den operativen IT-Betrieb in den vergangenen zwei Jahren komplett ausgelagert hat, muss sich Günter Weinrauch um die technische Weiterbildung seiner verbleibenden 20 Mitarbeiter wenig Sorgen machen. Für technische Details sind mittlerweile die drei beauftragten Dienstleister zuständig. Dafür investiert der Vice President Information Management in die Weiterentwicklung der viel beschworenen Soft Skills: Wie verhalte ich mich in schwierigen Situationen? Was kennzeichnet eine analytische Vorgehensweise? Wie kann ich meine Kommunikation und Beratungskompetenz verbessern? Diese und andere Fragen stehen für Weinrauch und seine Mannschaft im Mittelpunkt, deren Hauptaufgabe es ist, die Anforderungen der Fachbereiche in technische Konzepte umzusetzen.

Einen weiteren Schwerpunkt sieht Weinrauch in der IT-Strategie. Durch das Outsourcing haben sich die Anforderungen an die IT-Mitarbeiter beim Fernsehsender grundlegend gewandelt: Die Fähigkeit, mehrere Projekte oder Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten, wurde ebenso wichtig wie Management-Skills.

Gernot Nolte, Fiducia IT: Es lebe die Veränderung

Als Dienstleister betreut die Fiducia IT 850 Volks- und Raiffeisenbanken in ganz Deutschland. Da die Kunden schnell auf Marktveränderungen reagieren müssen, sind auch die Fiducia-Mitarbeiter in ihrer Flexibilität gefordert. Gernot Nolte, Bereichsleiter Anwendungsentwicklung, ist überzeugt, "dass die Mitarbeiter nicht mehr über viele Jahre hinweg an ein und demselben Thema mit der stets gleichen Technologie arbeiten". Ein Beispiel sind die Mainframe-Entwickler, die sich auf ein Softwaredesign nach den Prinzipien der Serviceorientierung und auf Basis einer Java-basierenden Entwicklungsplattform hin orientieren müssen und entsprechend geschult werden.

Gernot Nolte: "Entwickler sind eher Handwerker als Künstler."
Gernot Nolte: "Entwickler sind eher Handwerker als Künstler."
Foto: Gernot Nolte

Entwickler begreift Nolte nicht mehr als Künstler, sondern eher als "Handwerker" oder Ingenieure, die in einem Team ihre Aufgaben erledigen. Dahinter steht der Anspruch des Dienstleisters, Software industriell zu entwickeln. In internen Seminaren werden den Mitarbeitern grundsätzliche Architektur- und Designmuster sowie neue vereinheitlichte Entwicklungs-Tools vermittelt. Einmal im Jahr veranstaltet die Fiducia eine IT-Konferenz, die über Neuerungen auf der Standardplattform JBF (Java-basierendes Banking Framework) informiert. Um die interne standortübergreifende Vernetzung zu fördern, befassen sich Arbeitsgruppen mit Themen wie Projektleitung, Tests oder Datenbanken und geben die Ergebnisse dann in Form von Trainings oder Newslettern allen Mitarbeitern weiter. Zusätzlich führen Softwarearchitekten die Anwendungsentwickler in neue Themen rund um die Standardplattform ein.

Reine Technologie-Themen haben für Nolte in der Weiterbildung dagegen an Bedeutung verloren: "Hier folgen wir dem Grundsatz, dass Technologie von einigen wenigen Experten ausgewählt und für die Projekte im Rahmen unserer industriellen Softwareentwicklung vorkonfektioniert und möglichst gekapselt zur Verfügung gestellt wird."