Corel verschenkt Textverarbeitung

Wordperfect gratis - mit Werbebannern

21.04.2000
MÜNCHEN (CW) - Der kanadische Grafikspezialist Corel aus Ottawa geht bei der Vermarktung seines Textverarbeitungspakets "Wordperfect 8" neue Wege. Finanziert durch den Verkauf von "Werbebannern", soll das Programm für Anwender kostenlos erhältlich sein. Gleichzeitig forcieren die Kanadier ihr Linux-Engagement mit den Grafikpaketen "Corel Draw" und "Photopaint".

Mit einer aus dem Internet bekannten Methode startet Corel einen neuen Versuch, Microsoft im Bereich der Büroapplikationen Marktanteile streitig zu machen. In Zusammenarbeit mit Conducent Inc., Stirling, Virginia, entwickeln die Kanadier derzeit eine besondere Version des Word-Konkurrenten, die kostenlos auf neuen PCs ausgeliefert werden soll.

Im Rahmen der Partnerschaft wird Conducent freie Flächen für Werbebanner in Wordperfect 8 integrieren, mit denen finanzkräftige Dritthersteller oder Internet-Anbieter für ihre eigenen Produkte werben können. Anders als bei anderen Paketen mit Werbeinhalten, etwa dem E-Mail-Client "Eudora" von Qualcomm, soll die Reklame jedoch lediglich beim Start der Textverarbeitung erscheinen und den Anwender während der eigentlichen Arbeit nicht belästigen.

Gleichzeitig hat Corel sein Engagement für das Open-Source-Betriebssystem Linux verstärkt. Im Juni dieses Jahres - zwei Monate früher als ursprünglich vorgesehen - will Corel seine Grafikapplikationen Corel Draw und Photopaint für das Pinguin-System auf den Markt bringen.

Davon erhofft sich das Unternehmen um CEO Michael Cowpland mehr Akzeptanz für Linux und somit einen stärkeren Druck auf Windows: "Im Highend ist Linux eine perfekte Alternative für den Grafikbereich", bestätigt Michael Hammel, US-amerikanischer Spezialist für Internet-Grafik.

Der Erfolg Corels im Linux-basierten Grafikgeschäft bleibt - aufgrund der relativ eigenen Dynamik dieses Markts - dennoch fraglich. Ähnliche Erfahrung musste etwa auch Microsoft machen. Die Gates-Company hatte jahrelang mit geringem Erfolg versucht, Grafikspezialisten davon zu überzeugen, von der Macintosh- in die Windows-Welt zu wechseln. Geringe Erfolgsaussichten für Corel sieht naturgemäß auch der Grafikkonkurrent Adobe.

Nach Angaben einer Sprecherin der kalifornischen Softwareschmiede ist der Bedarf an Linux-Software für den Grafiksektor nicht gerade riesig. Bei Corel scheint das Management anderer Meinung zu sein, wie die jüngste Akquisition zeigt: Erst vor einigen Monaten hatte der Microsoft-Konkurrent die Grafikwerkzeuge "Kai''s Power Tools" von Metacreations übernommen.