Tips für eine erfolgreiche Bewerbung

Worauf Personalchefs achten

23.04.1999
Beim Berufsstart müssen Hochschulabsolventen vom hohen Roß herunter, fordern Personalchefs. Viele Einsteiger erlauben sich haarsträubende Bewerbungsfehler.

von Winfried Gertz*

"Ich werde das grosse Los schon ziehen", dachte sich Frieder Bierbichler, als er seinen Rundumschlag startete. Getreu dem Motto: "Abwarten und Tee trinken" heftete der BWL-Absolvent der Kölner Universität ein standardisiertes Anschreiben, einen formvollendeten Lebenslauf sowie Abitur- und Examenszeugnisse in die handelsübliche Bewerbungsmappe ein und schickte sie gleich zu Dutzenden auf die Reise. Vier Wochen lang hatte er die Stellen aus der FAZ gesammelt und die Adressen schließlich in seinen Serienbrief eingegeben. Daß diese Aktion zum Scheitern verurteilt war, hätte ihm klar sein müssen.

Was die Personalverantwortlichen täglich auf den Tisch bekommen, ist manchmal die freundliche Absage nicht wert. Statt pfiffiger Selbstvermarktung dominiert oft profanes Mittelmaß die schriftlichen Annäherungsversuche. Aber auch phantasievolle Offerten, so Allianz-Referentin Renate Braun, zielen daneben, wenn Bewerberprofil und Anforderungen des Arbeitsplatzes nicht übereinstimmen. "Viele Bewerber haben keine klaren Vorstellungen darüber, was sie eigentlich machen wollen, und haben sich noch nicht einmal über das Unternehmen informiert", kritisiert Pedro Schäffer.

Aus Handbüchern abgeschrieben

Was der Geschäftsführer der Berliner Softwareschmiede Condat moniert, würden viele Personalverantwortliche unterschreiben. Tanja Speiser von CompuNet in München: "Oft drängt sich der Eindruck auf, daß eine Bewerbung wortwörtlich aus Handbüchern abgeschrieben ist."

Dem geübten Blick der Rekrutierungsexperten entgeht nichts. Auch hier zählt der erste Eindruck. Ausufernde Anschreiben ohne Bezug auf konkrete Positionen, Fotos von unzureichender Qualität sowie fehlende Dokumente, und das alles in überdimensionierten Mappen, die noch das Preisschild tragen - solche Fehler verzeiht kein Personaler.

"Laberbriefe, in denen es vor Rechtschreibfehlern nur so wimmelt", so Anne Dorrhöfer von SAS Institute in Heidelberg, "sind ebenso schlechter Stil wie überorganisierte Lebensläufe oder komplizierte Unterlagen mit vielen Fächern, Foldern und Einsteckfo- lien." Drückt man aber hier noch ein Auge zu, hört spätestens bei der zur Schau getragenen Gleichgültigkeit der Spaß auf. Schlampige Kopien und lückenhafte Lebensläufe sind Joachim Kugoth, Personalleiter der Viag Interkom in München, ein Dorn im Auge. Ixos-Personalerin Nana Tennhardt ärgert sich, wenn schon der Firmenname nicht richtig geschrieben wird oder sich jemand als Crème de la crème seines Jahrgangs anpreist. Selbstbewußtes Understatement ist eher gefragt. Microsoft-Personalleiter Andreas Benkowitz: "Die Botschaft einer Bewerbung muß heißen: Ich weiß, warum ich für eine bestimmte Position geeignet bin."

Ein dicker Pluspunkt sind auch Online-Bewerbungen: Man unterstreicht seine Affinität zu moderner Technologie und hilft dem Unter-

nehmen, den Bearbeitungsaufwand zu verringern. Allerdings werden auch dabei erstaunlich viele Fehler gemacht. Laut Markus Kerber, Vorstand der GFT Technologie-Consulting in St. Georgen, sollten E-Mails nur gängige Datenformate im Anhang verwenden und eingescannte Fotos und Zeugnisse eine ausreichende Auflösung mitbringen. "Sind Dokumente nach dem Ausdruck nicht mehr lesbar, war alles für die Katz." Im Bewerbungsanschreiben sollte der Bewerber seine eigenen Ziele, Vorstellungen und Erwartungen klar und prägnant aufzeigen. Volker Jansen, Personalleiter von Softlab in München, spricht folgende Akzente an: "Warum favorisiere ich den Berufseinstieg bei einem Systemhaus und nicht beim Anwender?

"Laberbriefe" zeugen von schlechtem Stil

Welche Aufgabe reizt mich besonders? Welche Vision treibt mich voran?" Sind Mobilität und Projekteinsatz an wechselnden Orten klare Voraussetzungen für den Job, sollte man seinen Aktionsradius darauf ausrichten und nicht im Nebensatz erwähnen, daß die Frau bereits um fünf mit dem Essen wartet.

In die schriftliche Bewerbung gehören: ein überzeugendes Anschreiben sowie eine klare Gliederung und übersichtliche Darstellung der Erfahrungen und Kom- petenzen des Bewerbers. Hat man einen guten Eindruck hinterlassen und ist in die engere Auswahl aufgerückt, gilt es die zweite Hürde zu nehmen: das persönliche Einstellungsgespräch. Auch dabei werden viele vermeidbare Fehler begangen. Zwar ist ein neuer Anzug ebenso wenig Pflicht wie das Kostüm, beteuern die Personalverantwortlichen. Gepflegtes Auftreten sei aber notwendig, so viele Personaler.

Das A und O eines überzeugenden Auftritts ist aber die gute Vorbereitung, nicht nur für Microsoft-Mann Benkowitz. "Wir schauen uns an, wie versiert die Bewerber auf bestimmten Gebieten sind, ob sie neue Ansätze für ein Problem entwickelt haben und Kreativität und Flexibilität demonstrieren." "Unter dem Druck der außergewöhnlichen Situation", schildert Dorrhöfer ihre Erfahrungen, "wissen viele nicht, was sie eigentlich wollen oder können es nicht artikulieren." Ein großer Vorteil ist es, Stärken und Schwächen einschätzen und sich in Konfliktsituationen hineinversetzen zu können. "Sehr gut kommt an, wenn jemand offen und ehrlich ist", heißt es bei der Allianz. Oft hätten gerade Bewerber ohne Berufserfahrung Angst, etwas Falsches zu sagen. Je weniger ein Bewerber von sich selbst zeige, desto schwieriger ist die Entscheidung, ob er der Richtige sein kann. "Wenn die Beziehungsebene stimmt, kommt man auch auf der Sachebene

miteinander aus", so Viag-Interkom-Personalchef Kugoth.

Nach hinten geht der Schuß los, wenn Bewerber über frühere Arbeitgeber oder Kollegen herziehen, mahnt Ixos-Referentin Tennhardt. Daß Bewerbungsgespräche im "Handy-freien Raum" stattfinden, sollte jeder wissen, auch wenn man im Job kaum ohne Mobiltelefon zu Rande kommen dürfte. Daß Gehaltsfragen erst am Ende des Gesprächs zur Debatte stehen, sollten alle Bewerber berücksichtigen.

Am wichtigsten bleibt der persönliche Auftritt. Sich so natürlich zu geben wie möglich, hinterläßt bei allen Unternehmen einen guten Eindruck. Schauspieler dagegen werden von den kritischen Beobachtern schnell entlarvt.

*Winfried Gertz ist freier Journalist in München.